~ Brateier ~

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"Ich weiß nicht mehr genau, wie ich in diese Lage gekommen bin, aber... ich würde es wohl vor allen Menschen, die ich sonst noch kenne abstreiten... aber das, was hier gerade passiert, gefällt mir so unglaublich gut..."

Tagebucheintrag von Alexander Lightwood

"Alec!" Jemand schüttelte den jungen Mann, der an der Rezeption des schweineteuren Apartmenthauses, mit dem Kopf auf der modernen Theke mit hochwertiger Mamorplatte eingenickt war. Der so angesprochenen Schwarzhaarige schreckte hoch und schaute leicht irritiert in die Augen der jungen Frau, die sich frech hinter die Theke geschlichen hatte und nun auf dem schmalen Tisch dahinter saß. Also direkt neben dem bis vor kurzem noch friedlich schlummernden großen Mann auf seinem Drehstuhl.

Grinsend schaute sie ihn an und stellte einen ihrer mit hochhackigen Schuhen geschmückten Füße auf seinem Oberschenkel ab, der von einer schrecklichen Dienstkleidung in einem schrecklichen Tannengrün bekleidet war.

"Alec! Was soll ich nur mit dir machen...", sagte die vielleicht etwas jüngere, aber definitiv zu stark geschminkte Frau vor ihm, mit einem eindeutig zweideutigen Unterton.

"Du darfst doch nicht in deinem Dienst schlafen...tztztz....", sagte sie mit einer Stimme, die wohl verführerisch klingen sollte, während ihr Highheel gefährlich nahe an seinen Schritt kam.

"Heidi!" kam es plötzlich scharf vom Hauseingang. Zwar zuckte die angesprochene Barbie kurz zusammen bei dem strengen Tonfall des Neuankömmlings, doch dann tat sie unschuldig und lieb, als sie sich umdrehte. Schnell hatte sie ihren Fuß von Alec entfernt, sich hinter die Theke gestellt und ihre Dienstuniform glatt gestrichen. Dann sprach sie den vielleicht fast 40jährigen Mann mit einem aufgesetzten Lächeln an: "Mr. Bane! Guten Abend, wie geht es Ihnen?"

"Fraternisieren zwischen Angestellten ist streng untersagt. Haben wir dieses Gespräch noch einmal, sehe ich mich gezwungen, sie zu melden. Das wäre sehr ärgerlich für mich. Sie wollen mir doch keine Umstände machen, oder?" sagte der gut gekleidete und charismatische Mann mit strenger Stimme und eiskalter Miene, der nun mittlerweile mit einer wunderschönen weiblichen Begleitung in seinem Arm vor der Theke der Rezeption stand.

Dann wendete er sich dem jungen Mann namens Alec zu und sagte: "Ich wünsche noch eine Kleinigkeit zu essen. Ich denke, das macht keine Umstände. Sie haben eine halbe Stunde."

Alec nickte nur höflich und wartete zusammen mit der nun nicht mehr grinsenden Heidi, bis der Mieter mit seinem Gast im Fahrstuhl verschwunden war. "So ein arroganter...", zischte die Blondine und sparte sich den Rest.

Bevor ihr noch einfallen konnte, dass sie sich an ihrem jungen Kollegen vergreifen wollte, machte sich dieser lieber auf, um sich um das Essen zu kümmern. Es war kurz vor Mitternacht. Natürlich war es in einer Stadt wie New York nicht schwer, um diese Zeit noch etwas zu Essen zu bekommen, doch die Zeit war wirklich ein Problem. Außerdem wusste er nicht, was der Mieter Mr. Bane oder seine Begleitung gerne aßen. 'Indonesisch? Wäre das rassistisch?' rasten seine Gedanken durch seinen Kopf. Fakt war, Mr. Bane würde sauer sein, wenn Alec nicht tat, was er wollte...

Mitten in seinen Gedanken gefangen, hatte er nicht mitbekommen, wie Heidi sich ihm genähert hatte und sich von hinten an ihn anschmiegte. Ihre Hände glitten über den Polyesterstoff seiner schrecklichen Uniform von seiner Brust weiter hinab zu seinem Schritt. "Oh Alec", schnurrte sie, "bist du auch so geil wie ich?"

Stress machte sich in Alec breit. Er hasste es, wenn sie das tat. Und sie tat es ständig. Was unter anderem daran liegen könnte, dass er zwar jedes Mal nein sagte, aber sein Charisma eben lange nicht hoch war wie das von Mr. Bane.

Er schüttelte sie ab, indem er schlicht auf die Toilette flüchtete und die Kabine abschloss. 'Fuck!' ärgerte er sich. 'Wie soll ich jetzt noch etwas zu essen besorgen?' Angstschweiß bildete sich auf seinen Handinnenflächen und sein Herzschlag raste förmlich. Mr. Bane würde sehr wütend werden und vielleicht auch mit dem Besitzer sprechen. Doch Alec brauchte diesen Job dringend.

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"Herein...", hörte Alec die wunderbar tiefe Stimme von Mr. Bane sagen, nachdem er an seinem Apartment angeklopft hatte.

Alec hatte keines dieser seltsamen Wägelchen, immerhin waren sie ja nicht in einem Hotel, sondern in einem luxuriösen Apartmenthaus, und so war Essen zu liefern auch eigentlich nicht seine Aufgabe. Also hatte er nur ein Tablett, auf dem er das Essen trug, welches er auf dem Couchtisch abstellte, da dieser einfach am nächsten zum Eingang war. Denn Alec wollte nicht länger bleiben als notwendig. Immerhin stand der leicht asiatisch aussehende ältere und sehr charismatische Mann nur noch in einer schwarzen Seidenhose bekleidet an einem kleinen Tischchen und schenkte sich gerade einen Drink ein und würdigte dem Dienstboten keines Blickes. Dies war gut, denn Alec war direkt rot geworden bei diesem Anblick und hatte den Blick gesenkt.

"Ich hoffe, es ist noch warm", sagte der Mieter streng, als Alec schon fast aus der Tür hinaus war. Am liebsten hätte der junge Bedienstete so getan, als hätte er ihn nicht gehört. Nur noch zwei weitere Schritte hätten ihn gerettet.

Doch natürlich drehte sich Alec dienstbeflissen um und sagte leise: "Natürlich, Sir. Bitte ent.. entschuldigen Sie...." Warum zum Teufel fing er denn nun auch noch an zu stottern? Lag es vielleicht an dem strengen kajahlumrandeten Blick, der ihn nun traf?

Langsamen Schrittes ging Mr. Bane auf das Tablett zu und schaute, was sich unter den beiden Abdeckungen verbarg. "Brateier...", sagte dieser konsterniert und fast hatte Alec das Gefühl, dass ihn sein Blick töten könnte.

"Sprich", hörte Alec den Mieter mit noch kälterer Stimme als ohnehin schon sagen. Alec hatte nur noch auf den Fußboden vor sich gestarrt.

"Es tut mir leid... es war zu wenig Zeit...", stotterte der junge Mann vor sich hin. Bis er plötzlich eine Hand an seinem Kinn spürte und dieses nach oben gedrückt wurde. Ein strenger Blick aus warmen haselnussfarbenen Augen mit goldenen Sprenkeln darin trafen ihn und ein heißkalter Schauer durchfuhr den fast schon zitternden jungen Dienstboten.

"In klaren Sätzen ohne Entschuldigungen", kam nun ein erneuter Befehl und Alec konnte nicht anders, als Folge zu leisten.

"Ich habe mich auf der Toilette vor Heidi versteckt. Sie hat mich erneut bedrängt. Dann blieb nur noch Zeit dafür."

Prüfend sah Mr. Bane ihm in die Augen und Alec musste dabei hart schlucken. Ihm war, als könnte der Mann vor ihm jede Lüge und jeden Gedanken in ihm lesen.

"Also war das dein Abendessen...", stellte der Ältere fest und ließ nun auch das Kinn wieder los. Alec nickte schnell und schaute wieder zu Boden. Zum Glück gab es in seinem Bereitschaftsräumen eine Herdplatte in der kleinen Teeküche, so dass er sich selbst jede Nacht kostengünstig verpflegen konnte.

"Setzdich und iss", kam dann der nächste Befehl.

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