~ Einsam ~

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Bis kurz vor Ende seiner Schicht und dem Beginn seiner Nachtbereitschaft hatte Alec noch so viel zu tun, dass er gar keine Zeit hatte zu bemerken, dass Magnus nicht in sein Appartement zurück gekehrt war. Oder etwa doch? Vielleicht war es ihm nur nicht aufgefallen und der Ältere hatte vielleicht nicht stören wollen und sich professionell verhalten?

Vielleicht hatte er ja eine Nachricht oder einen Anruf auf seinem Handy? Nein, er hatte ja gar keins mehr. Denn er hatte seins ja vor Wut gegen die Wand in Magnus' Schlafzimmer gedonnert.

Wo eben noch Zufriedenheit war, schlich sich nun wieder die Einsamkeit ein. Natürlich hatte Alec auch seinen Wolf nicht mit in den Dienst genommen. So war er gleich zweifach einsam und in Anbetracht des fehlende Handys fehlten ihm auch die Möglichkeiten, sich abzulenken. 

Doch wahrscheinlich hätte keine Ablenkung der Welt ihm jetzt noch geholfen. Die Erkenntnis und das Ausmaß seiner Sehnsucht nach Magnus traf ihn hart und unvorbereitet. Er hatte noch sein Tagebuch rausgesucht, um sich wenigstens etwas seine wirren Gedanken von der Seele schreiben zu können. Doch dann war das Bild des Älteren herausgefallen und direkt waren ihm die Tränen in die Augen gestiegen. 

Er verstand sich selbst nicht mehr und doch konnte er es nicht ändern. Er vermisste seinen Daddy so unglaublich, dass es einfach nur weh tat. Verkrochen unter seiner Bettdecke und zusammengekauert hockte er dort weinend und fast schien es ihm, als würde er gar nicht mehr damit aufhören können. Wie sehr sehnte er sich nach dem Älteren. Hatte er denn etwas falsch gemacht, dass dieser ihn den ganzen Tag alleine ließ? Hatte er ihn schon so schnell vergessen?

Leicht schaukelnd und mit dem Bild seines Daddys an die Brust gedrückt, war Alec wohl irgendwann eingeschlafen. 

Am nächsten Morgen fühlte sich Alec nicht besser, wie es eigentlich nach dem Schlafen sein sollte. Der Schmerz in seiner Brust war noch immer da und nichts würde ihn heilen. Nichts außer seinem Daddy, der ihn wohl schon vergessen hatte...

Und doch musste er seinen Jobs nachkommen. Er durfte nicht in Selbstmitleid verfallen. Es würde ohnehin niemanden interessieren. Und so übergab er an den Frühdienst und machte sich dann auf ins Bürohaus, um die Brötchen zu verteilen. 

Die Routine beruhigte ihn und so schaffte er es tatsächlich ohne einen weiteren Weinkrampf seine Runde zu beenden. Bis er im Aufzug die Augen schloss...

***

Ein Piepen, seltsame schleifende Geräusche, Schritte, grelles Licht, beißender Geruch, kratzende Laken und eine harte Matratze. Noch konnte Alec seine Augen nicht öffnen. Wo war er nur? Er war wohl nicht mehr im Aufzug, soviel war klar. Und er war auch nicht erneut bei Magnus. Das Piepen wurde schneller. Schritte kamen zu seinem Bett und dann wurde er wieder so unglaublich müde...

***

Wie gerne hätte Magnus mit todbringender Magie alle Menschen aus seinem Weg befördert, die ihn von seinem Kleinen fernhalten wollten. Doch er musste sein letztes bisschen Beherrschung zu Tage fördern, um mit einem freundlichen Lächeln und genügend Geld entgegen aller Vorschriften Zutritt zu Alecs Zimmer zu bekommen. 

Durch bloßen Zufall hatte er erst am nächsten Tag davon gehört, dass der Brötchenjunge im Fahrstuhl erneut zusammen gebrochen war. Sie hatten ihn mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. 

Magnus hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, seine Termine zu canceln. So schnell er konnte, hatte er sich auf den Weg zum genannten Krankenhaus gemacht, um seinen Kleinen zu suchen. Wie hatte das passieren können?

Mit den Zähnen knirschend hatte er die Taxifahrt überstanden. Doch würde die dürre Oberschwester nicht gleich aus seinem Weg gehen, so würde sich hier eventuell doch noch ein berichtenswertes Ereignis entfalten. 

"Kann ich helfen?", unterbrach ein Mann in Magnus Alter das hitzige Gespräch. Seufzend holte Magnus Luft. Die Oberschwester verzog sich schnell. 

"Magnus Bane", begrüßte der besorgte Geschäftsmann mit vor Sorgen und auch Wut gerunzelter Stirn den Mann im weißen Kittel. "Lassen sie mich endlich zu meinem Partner. Er hat sonst niemanden", erklärte Magnus nun zum wiederholten Male. 

Der Handschlag des Oberarztes war kräftig und seine Ausstrahlung ruhig. "Mr. Bane, mein Name ist Dr. Matt Hastings. Zu wem wollen Sie denn?", fragte der dunkelhaarige Mann mit den schönen großen Augen. 

"Alexander Lightwood", antwortete Magnus knapp. Dieser Arzt kam ihm irgendwie bekannt vor, doch jetzt war etwas anderes wichtiger. 

"Kommen Sie, Mr. Bane", sagte der Oberarzt und führte den Geschäftsmann einen Gang entlang. "Habe ich das richtig verstanden, dass sie der Partner von Mr. Lightwood sind? Es tut mir leid, ich hoffe dass diese Regelungen endlich einmal neu formuliert werden", erklärte der Mann mit einem leichten Seufzer. Viel zu häufig hatte er selbst in seiner Anfangszeit Partner wegen der Vorschriften wegschicken müssen, obwohl dessen Geliebter vielleicht im Sterben lag. Nie wieder würde der Oberarzt das zulassen.

Magnus hatte gehofft, dass sie schnell zu Alecs Zimmer gehen würden, doch auf dem Weg bat ihn der Arzt, sich in eine etwas ruhigeren Bereich in einem Gang auf eine Besucherbank zu setzen. 

Ohne Umschweife kam Dr. Hastings zum Punkt: "Mr. Bane, ihrem Partner geht er weder physisch noch psychisch gut. Nimmt er irgendwelche Medikamente? Hatte er viel Stress?"

Magnus schüttelte den Kopf: "Ich weiß es nicht. Er hat mir nicht erzählt, dass er Medikamente benötigt. Ja, er hat drei Jobs, schläft wenig, isst kaum. In der letzten Woche ist er bereits einmal im Fahrstuhl zusammengebrochen. Ich habe meinen Hausarzt hinzugezogen. Er sagte nur, Alexander bräuchte Ruhe. Also sind wir für ein paar Tage weggefahren..."

Magnus fiel erst auf, dass ihm einzelne Tränen die Wange hinunterliefen, als ihm Dr. Hastings ein Stofftaschentuch reichte. Stumm nickte er dankend. 

"Mr. Lightwood hatte, so scheint es mir nach ersten Untersuchungen, eine verschleppte Grippe, die eine Herzmuskelentzündung ausgelöst hat", erklärte der Doktor ruhig. 

Mit der Gesicht durch sein Gesicht fahrend, stand Magnus auf. Es hielt ihn nichts mehr auf dem Stuhl. "Sie sagte, dass Alexander auch psychisch angeschlagen sei...", hakte er nach.

"Wir mussten ihn sedieren und einen Psychologen hinzuziehen. Wir gehen davon aus, dass diese psychische Krise das ohnehin schwache Herz soweit belastet hat, dass es zum Zusammenbruch kam. Haben Sie noch weitere Fragen, Mr. Bane?", fragte der Arzt noch immer ruhig und freundlich. 

Magnus schüttelte nur mit dem Kopf und gab dem Arzt eine Visitenkarte. "Bitte informieren Sie mich über alles, was passiert. Die Rechnung schicken Sie bitte mir und da ich davon ausgehe, dass er in einem der einfachen Zimmer liegt, möchte ich, dass er eines der Privatzimmer bekommt." 

Nickend nahm Dr. Hastings die Karte und die Wünsche auf. Dann führte er den Geschäftsmann weiter zu dem Zimmer in dem Alec zusammen mit fünf weiteren Patienten lag. Hinter einem Vorhang lag sein Kleiner an einem Schlauch und diversen Messgeräten. Schlafend sah er noch immer so wunderschön aus. 

Hey KleinerWhere stories live. Discover now