~ Ruhe ~

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Noch immer standen die beiden Männer so dicht voreinander, dass es zwischen ihnen praktisch Funken schlug. Alec traute sich kaum Luft zu holen und Mr. Bane schien diese Anspannung zu genießen. Denn immer noch machte er keinerlei Anstalten, die letzten Millimeter zu überbrücken, um sich Alec zu nehmen. Zufrieden beobachtete der Ältere, dass sich ein Zittern über Alecs Körper ausbreitete. 

Doch dann wich ebenso die Farbe aus seinem Gesicht und seine Augen flatterten zu. Nein, dies war wohl keine Reaktion aus Erregung. Magnus Bane reagierte gerade noch rechtzeitig genug, damit der deutlich Jüngere nicht hart mit dem Kopf aufschlug. 

Hatte er die Erschöpfung des Brötchenjungen, Hundesitters und Nachtportiers unterschätzt? Wie er nun so in seinen Armen lag, mit dem Kopf auf seinem Schoß, hatte Mr. Bane fast den Eindruck, dass dieser in den letzten Wochen kaum noch etwas gegessen haben musste. Laut rief er seine Sekretärin um Hilfe. 

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"Hey Kleiner...", hörte Alec eine sanfte bekannte Stimme leise an sein Ohr dringen. Er bekam die Augen noch nicht geöffnet, aber es war anscheinend immer noch hell. Und er konnte spüren, dass er nun auf einem weichen Bett mit unglaublich feiner Bettwäsche lag. Erschrocken öffnete er die Augen. Er war halb nackt, nur noch in seiner Unterhose, wie ihm plötzlich klar geworden war. 

Erst nach einigen Lidschlägen realisierte er, dass Mr. Bane bei ihm war. Doch der Raum war neu für ihn; es war weder das sündhaft teuer eingerichtete Büro, noch das Appartement. Mit schweren Vorhängen, dunklem Holz und vielen verschiedenen Kleinigkeiten war dieser Raum gefüllt und sah damit so ganz anders aus, als das topmoderne Büro oder das Penthouse. 

Mit wenigen Schritten, kam Mr. Bane - noch immer im Anzug von gestern - von einem recht unbequem aber teuer aussehenden Sessel zu ihm rüber und setzte sich auf die Kante des Bettes. Sanft strich er ihm mit dem Handrücken über die zarte Wange. 

Anscheinend war ihr gestriger Zusammenstoß kein seltsamer Traum gewesen? Hatte er sich wirklich dazu bereiterklärt, Mr. Banes neues 'Kitten' zu werden? Dabei hatte er doch gar keine Ahnung, was das bedeutete...

"Wo bin ich?" stellte Alec mit brüchiger Stimme zunächst die einfachste Frage, die ihm einfiel. 

"In meinem Haus. Es wäre dir sicherlich nicht Recht, an deinem Arbeitsplatz in meinem Bett angetroffen zu werden", erklärte der Ältere ruhig. So besaß der Geschäftsmann also nicht nur das Penthouse, sondern auch noch ein Haus? Warum auch nicht. Und ja, es beruhigte Alec, dass er nicht direkt seinen Job verlieren würde. Wobei...

"Schhtt, alles ok. Du hast in den nächsten Tagen frei, Kleiner", hörte er den Geschäftsmann sagen. Doch das beruhigte ihn keineswegs. 

"Nein, ich kann mir das nicht leisten", protestierte Alec und machte sich daran, aus dem Bett aufzustehen. Doch dies war erwartungsgemäß eine schlechte Idee, denn kaum hatte er auch nur das eine Bein auf den Boden gesetzt, musste er sich auch schon wieder in die Kissen fallen lassen. Warum drehte sich alles nur plötzlich?

Mr. Bane schob ihn schweigend wieder in sein Bett und deckte ihn fürsorglich zu. Dann schaute er ihn mit einem Blick an, der keinen Widerspruch duldete. Seine Stimme war nun kühler und streng: "Alexander, wie lange wolltest du dein Arbeitspensum fast ohne Schlaf und Essen noch durchhalten?" Es war eine rhetorische Frage und Alec konnte dem Blick nicht stand halten. Doch Magnus schob sein Kinn wieder hinauf, dass er ihn anschauen musste. 

"Nein, Kleiner. Du hast mir einen riesen Schreck eingejagt.  Das lasse ich nicht noch einmal zu. Du sagtest gestern, dass du bei mir bleiben willst. Also werde ich mich nun um dich kümmern. Dazu gehört auch, dass ich dafür sorgen werde, dass du wieder zu Kräften kommst...", erklärte der Ältere sachlich. Es war deutlich zu spüren, dass dies keine Bitte war. 

Und noch etwas anderes wurde dem Jüngeren deutlich. Ganz offensichtlich hatte die Fürsorge, von der der Geschäftsmann sprach mehr Dimensionen, als er geahnt hatte. Hatte Clary nicht von BDSM, also von Sex gesprochen? Dies fühlte sich nach weit mehr als nur Sex an.

Doch nun lag Alec hier und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er selbst so schlecht für sich gesorgt hatte, dass sich der Ältere nun hatte Sorgen machen müssen. Das sorgenvolle und enttäuschte Gesicht sehen zu müssen, sorgte für Stiche in Alecs Herzen. Er wollte diesen Mann nicht enttäuschen, stellte er plötzlich fest.Nein, das wollte er nie wieder spüren. 

Und so nickte Alec und murmelte: "Es tut mir leid, Mr. Bane."

Dieser seufzte und strich dem jungen erschöpften Mann im Bett durch seine schwarzen strubbeligen Haare. "Es ist schon gut. Das war Lektion Nummer eins", sagte dieser schon deutlich liebevoller. 

Einen Moment verharrte der Ältere, doch dann besann er sich und sagte: "Du brauchst deine Ruhe und ich werde mich um ein paar Dinge kümmern müssen. Ich bleibe ihm Haus. Du kannst mich jederzeit anrufen, ich habe dir meine Nummer eingespeichert und Maia wird dir gleich Frühstück bringen."

Alec griff nach der Hand des Älteren und dieser streichelte ihn noch einmal mit einem leichten Lächeln, bevor er ging.

Erschöpft legte sich der Schwarzhaarige in die weichen Kissen zurück und seufzte. Erst jetzt spürte er die bleierne Müdigkeit. Doch die wirren Gedanken in seinem Körper waren so laut, dass er nicht würde schlafen können. 

Doch er fand auch nicht lange Ruhe, da kam tatsächlich eine junge Frau mit einem Tablett herein und brachte ihm Frühstück. Doch es gab kein Toast oder Brötchen oder etwas in der Art. Vor Alec stand eine Schüssel mit einem Art Brei darin. Fragend schaute er die vielleicht nur wenig ältere Frau mit den zusammengebundenen krausen Haaren an. 

"Porridge. Auf Anweisung des Arztes", erklärte sie. 

Neugierig aber mit einer gehörigen Portion Skepsis ließ Alec den Löffel durch den Brei fahren, während die Angestellte die bodenhohen Fenster öffnete und etwas mehr Licht herein ließ. 

"Ein Arzt war hier?" fragte Alec gedankenverloren. 

"Ja, Master Bane war sehr in Sorge um Sie. Er hat weder gegessen noch geschlafen", berichtete Maia. "Sie waren so schwach, dass der Arzt Sie sogar an einen Tropf mit Nährlösung angeschlossen hatte", sagte sie und Alec schaute auf seine Armbeuge, in der er tatsächlich noch ein Pflaster finden konnte.  

Als er hoch schaute, blickte er in ihre dunklen strengen Augen und erklärend sagte sie: "Ich darf erst wieder gehen, wenn die Schüssel leer ist..."

Hey KleinerWhere stories live. Discover now