~ Diagnose ~

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Quietschend schabte der Stuhl über den Boden, den sich Magnus heranzog, um sich neben Alecs Bett zu setzen. Er konnte sich noch immer keinen Reim darauf machen, was in 24 Stunden hatte passieren können, das Alec nun vor ihm in einem Krankenhausbett lag. Eine psychische Krise hatte der Arzt gesagt. Aber was hatte diese ausgelöst?

Grübelnd beobachtete Magnus seinen jungen Freund. Ja, er hatte Nachforschungen über ihn eingeholt, wusste, dass er Waise war, aber er wusste sicher längst nicht alles über ihn. Es konnten viele verschiedene Dinge passiert sein. 

Unmerklich hatte sich sein Herzschlag beruhigt, endlich wusste er, was mit seinem Kleinen war und nun konnte er auch wieder auf ihn Acht geben. Und das würde er auch tun, auch wenn es Alec vielleicht nicht gefallen würde. Denn noch einmal durfte so etwas nicht passieren. Warum war er denn nicht zu ihm gekommen?

Überhaupt hatte Magnus dieser Punkt sehr verwirrt, immerhin hatte er doch Clary eine ganz klare Aufgabe aufgetragen. Sie hatte Alec sagen sollen, dass dieser bei Dienstbeginn etwas bei ihm abzuholen habe. Doch Alec war die ganze Nacht nicht in seinem Appartement aufgetaucht. Und so war Magnus traurig eingeschlafen und hatte sich schon da unterschwellig Sorgen gemacht. Doch er hatte sich eingeredet, dass sein Kleiner eben arbeiten musste und wollte und danach zu erschöpft gewesen war. 

Warum war dieser aber auch nur so verdammt stur und stolz. Warum erlaubte Alec es ihm nicht einfach, ihm ein neues Handy zu schenken oder für ihn zu sorgen, damit er nicht mehr rund um die Uhr arbeiten müsste?

Unbewusst hatten sich Magnus' Hände zu Fäusten zusammengeballt. Er hasste das Gefühl machtlos zu sein. Und besonders dann, wenn es dazu führte, dass sein Liebster darunter so dermaßen litt.

"Mr. Bane", hörte er plötzlich eine Stimme hinter sich. Schnell wischte er sich unauffällig eine Träne aus dem Augenwinkel und sah Dr. Hastings hinter ihm stehen. 

"Wir werden nun Mr. Lightwood in ein Privatzimmer bringen und dann werden wir ihn aufwecken. Unser Psychiater hat ihm etwas beruhigendes gegeben, also wundern sie sich nicht, wenn er etwas anders reagiert. Ich bitte Sie dennoch, eventuell emotional aufregende Themen auf später zu verschieben. Weiterhin empfehle ich, dass er noch drei Tage bleibt, damit wir sicher sein können, dass die Entzündung sicher abgeheilt ist", berichtete dieser knapp und doch konnte Magnus spüren, dass Anteilnahme unter der Professionalität steckte.

"Bitte lassen sie für mich ein Gästebett bereitstellen. Ich denke nicht, dass dies Umstände bereiten sollte, oder?", sagte Magnus in befehlsgewohnter Art aber mit deutlich weniger Charisma dahinter. Die ganze Situation hatte ihn mitgenommen und er fühlte sich plötzlich selbst sehr müde.

Nun wurde es hektisch. Pfleger kamen herein und verbreiteten Hektik, während sie alle Dinge zusammen sammelten, um Alec in ein anderes Zimmer zu bringen. Dr. Hastings verabschiedete sich mit einer freundlichen Berührung von Magnus' Schulter und gab ihm dann auch noch seine Visitenkarte. Magnus nickte nur und blieb die ganze Zeit an Alecs Seite. 

Man sagte ihm, dass es noch ein paar Stunden dauern würde, bis Alec ansprechbar wäre, also legte sich Magnus auf das bereitgestellte Bett und war über seinen Grübeleien schnell eingeschlafen. 

***

Etwas kitzelte Magnus an der Nase und ihm war unglaublich warm. Ein Lächeln erschien sogleich auf seinen Lippen, als er wahrnahm, wer das so unschuldig in seinen Armen gekuschelt lag. Offenbar schlummerte sein Kleiner tief und fest und so gab Magnus ihm einen Kuss auf die schrecklich kitzligen Haare und zog die Decke richtig um ihn. 

Auch wenn Magnus vorher sehr wütend auf ihn gewesen war, so spürte er nun nichts mehr davon. Der Ältere war einfach nur glücklich, dass er seinen Kleinen in seinen Armen halten konnte und nichts irreversibles Schlimmes passiert war. Automatisch begann seine Hand den Nacken des Jüngeren zu Kraulen. Gedankenverloren schaute Magnus an die dezent gestrichene Decke und ließ seine genoss die Nähe.

"Ich habe dich vermisst...", hörte er irgendwann eine müde vertraute Stimme flüstern. Alec regte sich etwas und schaute mit großen Augen zu Magnus hoch. 

Ein kleines Nicken war von Magnus zu sehen und ein Kuss, der auf Alecs Stirn gehaucht wurde. "Ich bin hier und werde auf dich aufpassen, mein Kleiner..."

Es muss schon Abend geworden sein, denn ein Tablett mit Essen stand für Alec bereit. Offenbar hatten sie die Essensausgabe verpasst. Skeptisch schaute Magnus auf den Teller. Zwei Scheiben Brot, etwas Butter und ein wenig Aufschnitt. Das war deutlich zu wenig. Wie sollte der Jüngere so wieder zu Kräften kommen? 

Ohne weiter darüber nachzudenken, zückte Magnus sein Smartphone. Um Alec nicht zu stören, wollte er aufstehen, doch dieser lag schlummernd halb auf ihm. Also blieb Magnus liegen und teilte seiner Sekretärin schriftlich per Mail seine Anweisungen mit. Er orderte zwei gesunde Abendessen und eine Tasche mit seinen persönlichen Übernachtungsutensilien. Kurz überlegte er, ob er über Alecs Kopf hinweg seine Assistentin in dessen Wohnung schicken sollte, damit er auch seine Sachen bekommen konnte. Doch dies würde noch etwas Zeit haben. 

"Was machst du, Daddy?", fragte Alec müde und kuschelte sich gleich noch enger an den Älteren, wenn dies überhaupt noch ging ohne Sex zu haben. 

"Ich sorge dafür, dass meine Assistentin etwas zu tun hat", sagte Magnus und lächelte Alec an. "Hast du dich gut ausgeruht?", fragte der Ältere fürsorglich nach und Alec nickte mit verschlafenen Augen. 

"Darf meine Assistentin Wolf und ein paar Sachen aus deiner Wohnung holen oder ist es ok, wenn ich für eine Stunde weg bin, um das zu erledigen?", fragte Magnus. Das eben noch entspannte Gesicht des Kleinen verzog sich in Sorge und gleich wurde der Ältere wieder fester gehalten. "Du musst hier bleiben", sagte er entschieden. 

"Gut. Meiner Assistentin können wir vertrauen, mein Kleiner. Ich würde sie nicht schicken, wenn ich das nicht tun würde... Okay?", sagte er sanft und liebevoll zu seinem Schatz in seinem Arm. Immer noch etwas schläfrig wirkend nickte Alec dann und murrte: "Okay. Aber sie muss versprechen, dass Wolf ganz oben in der Tasche liegt." "Natürlich", bestätigte Magnus und gab seiner Assistentin dann genaue Anweisungen. 

Eine Stunde später klopfte es an der Zimmertür des wirklich deutlich gemütlicher eingerichteten Privatzimmers und eine freundlich wirkende Frau mit braunen Haare, die zu winzigen Zöpfen geflochten waren und dunkler Haut betrat den Raum. 

Hey KleinerМесто, где живут истории. Откройте их для себя