~ Highheels ~

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"Guten Morgen mein Sonnenschein, was machst du schon so früh...", kam eine gut gelaunte Cat den kurzen Weg von ihrem schnittigen kleinen roten Flitzer zur offenen Haustür elegant in ihren Highheels schwebend. 

Doch sie brach ihren Satz ab, denn nicht nur, das es ungewöhnlich war, Magnus so früh schon wach zu sehen, es war auch eindeutig, dass hier etwas passiert war. Sogar Maia wirkte besorgt, die nach Cats Meinung solche Gefühle eigentlich gar nicht hatte. 

Endlich kam Leben in ihren wie zu Stein erstarrten ältesten Freund. Magnus nahm seine Autoschlüssel und war dabei entschlossenen Schrittes und mit zielgerichtetem Blick zur Garage zu gehen. 

So hatte sie Magnus schon lange nicht mehr gesehen. Auch wenn er äußerlich ruhig wirkte, so konnte Cat sehen, wie seine Hand zitterte. Ganz davon abgesehen, dass ihr ältester Freund sicherlich normalerweise nicht auf die Idee kam, im indigofarbenen Samtmorgenmantel bekleidet irgendwo hin zu fahren. 

"Stop", sagte sie nur und Magnus drehte sich direkt zu ihr um. Es wurde immer deutlicher, wie schwer er sich gerade beherrschen musste. 

"Cat, wir sprechen später...", presste er nur hervor und wollte sich wieder umdrehen. Doch da war sie schon bei ihm und nahm ihm die Schlüssel ab.

"Ich fahre und du ziehst dir etwas über", sagte sie. Da war keine Härte in ihrer Stimme und doch duldeten ihre Worte keine Gegenrede. 

Magnus zögerte, Wut flackerte kurz in seinen Augen auf. Wut, Verzweiflung und noch so viel mehr. Unter anderem Dankbarkeit, als ihre Worte zum ihm durchsickerten.

"Durchtatmen. So kannst du ihm nicht helfen", sagte sie ruhig und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Natürlich hatte sie mal wieder Recht und so atmete er setzte sich dann in Bewegung, sich umzuziehen.

Keine fünf Minuten später saßen sie im Auto und Cat fuhr einfach los. Außer Richtungsangaben sagte Magnus kein Wort. Aber das musste er auch nicht. Cat konnte auch so fühlen, wie angespannt er war und wie viel Sorgen er sich machte. 

Und sie konnte es ihm auch nicht verdenken. Magnus kannte seinen Kleinen noch nicht so lange und doch fühlte er sich im vollen Umfang für ihn verantwortlich. 

Bereits als Magnus den jungen Mann bewusstlos in seinem Büro liegen hatte und auch später als Alec erneut das Bewusstsein verloren hatte und ins Krankenhaus gelandet war, musste sich Magnus beherrschen, den jungen Mann nicht aus Sorge zu bevormunden. 

Wenn man so drüber nachdachte, kannten sie sich wirklich noch nicht lange, auch wenn der Geschäftsmann schon seit vielen Wochen Interesse an dem süßen Nachtportier hegte. 

Wie froh Magnus doch gewesen war, als endlich klar war, dass das Begehren beidseitig war. Nie wieder wollte der Ältere ohne seinen Schützling sein. Die viel zu wenigen Tage im Strandhaus waren die schönsten seit langer Zeit. Und auch wenn Alec sich immer wieder dafür entschuldigte, anstrengend und launisch zu sein. So war es doch genau das, was Magnus liebte. 

Ja, er brauchte jemanden, um den er sich kümmern konnte. Den er führen und leiten konnte und der sich in allen Dingen an ihn wenden würde. Gerade deswegen liebte er ihn und nicht nur trotz allem. 

Ja, er liebte Alec. Auch wenn er dessen Liebeserklärung nicht genauso erwidert hatte. Warum eigentlich nicht? 

Magnus schüttelte mit dem Kopf. Er musste seinen Kleinen finden. Nach seinen bisherigen Erfahrungen mit ihm war es im Bereich des Möglichen, dass Alec irgendwo bewusstlos lag. Der Geschäftsmann mochte sich das gar nicht ausmalen. 

"Sag mir noch einmal, warum wir unseren Schützlingen keine Tracking-Implantate einsetzen lassen", fragte er knurrend und bekam nur ein kurzes Auflachen als Antwort. Auf welche Gedanken man kam, wenn man sich Sorgen machte... 

Gefühlt fuhren sie schon ein zweites Mal die anliegenden Straßen rund um das Anwesen ab. Doch Alec war nicht zu sehen. 

"Was hast du eigentlich vor, wenn wir ihn finden?" fragte Cat und bog auf den Parkplatz einer Tankstelle ein. 

"Was denkst du denn?" fragte Magnus mit hochgezogener Augenbraue. Unwillig zu glauben, dass seine älteste Freundin ihm unterstellte grob zu werden.

Nachdem sie das Auto mit noch laufendem Motor abgestellt hatte, drehte sie sich zum ihm um. 

"Das du es nicht weißt und das du es aber wissen solltest."

Mit diesen Worten ließ sie ihn allein im Auto und ging den Verkäufer nach Alec fragen, wie Magnus vom Auto aus beobachten konnte. Auch wenn er nicht wusste, warum sie ein Foto in ihrem Handy von seinem Schützling besaß. 

Ja, was würde er tun, wenn er Alec endlich wieder finden würde?

Frustriert fuhr sich der für seine Belange schlampig gekleidete, nicht geschminkte und gerade deutlich älter wirkende Mann mit der Hand über seine Augen. Manchmal war seine älteste Freundin wirklich lästig in ihrer Ruhe und Besserwisserei.

Und doch... hätte er schon aufgegeben, wenn Cat nicht da gewesen wäre? 

Vielleicht. 

Es war bedrückend, nicht zu wissen, wo Alec war. Bedrückend im Sinne des Wortes, denn Magnus hätte wohl kaum den Weg bis zu diesem Parkplatz laufen können, so schwer fühlte sich sein Körper an. 

Und doch war es nicht die richtige Zeit, um aufzugeben. Es ging nicht um ihn, sondern um Alec. Er musste und würde Alec wieder finden. Natürlich. 

Und dann?

Dann...

Weiter kam Magnus nicht in seinen Gedanken. 

Hey KleinerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt