~ Kitten ~

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Am nächsten Abend

"Hey Kleiner!" Ein nettes Lächeln lag auf dem fast noch jugendlichen Gesicht des Hausmeisters - neudeutsch: Facility Managers - der sich an die Theke lehnte und den Nachtportier angesprochen hatte.

"Hey Simon!" begrüßte Alec den Sonnenschein von einem Mann, der tatsächlich ein wenig kleiner war als er selbst. Simon war wohl der Schwiegersohn schlecht hin und war auch ein Kandidat dafür, ständig ausgenutzt zu werden.

"Wo steckt Heidi?" fragte Simon mit hochgezogener Augenbraue und zog seine Dienstkarte durch den Scanner, um sich damit im System anzumelden. Doch Alec zuckte nur mit den Schultern. Der junge Hausmeister kannte den Nachtportier schon eine Weile und wusste, dass dieser einfach ein ruhiger Kerl war.

"Vermisst du sie etwa?" fragte Alec dann doch und schob noch schnell hinterher: "Ich dachte mehr, dass dir Clary fehlen würde... Sie musste heute eine Stunde früher gehen, du hast sie leider verpasst..."

Alec beobachtete, wie Simon direkt rot wurde bei der Erwähnung der netten Tageskraft für die Rezeption und wie dieser sich verlegen am Kopf kratzte. Doch das war ihm eigentlich ziemlich egal. Alec mochte keinen Klatsch, er mochte auch keine Romantik und eigentlich gab es nichts weiter als seine Jobs in seinem Leben.

Um sein kleines miefiges Zimmer, seine Rechnungen, Essen und Kleidung zu bezahlen, hatte er mittlerweile drei Jobs. Diesen hier als Nachtportier, dann am Morgen belieferte er ein Bürohaus mit Snacks und Getränken als Brötchenjunge und am Nachmittag führte er Hunde Gassi. Und es war auch gut so, denn wäre es anders, würde er wohl die Einsamkeit spüren, die sich in seinem Herzen breit gemacht hatte. Einsam... wie konnte ein junger gut aussehender Mann so einsam sein in einer großen Stadt? Dazu brauchte es nicht viel.

Er war Waise, hatte die letzten zwei Jahre bis zur Volljährigkeit in einer Pflegefamilie leben müssen, die sich nicht um ihn kümmerte und er machte eben auch keine Anstalten, Freundschaften zu knüpfen. Doch mit all den Aufgaben kam er nicht dazu, darüber nachzudenken und das war auch gut so.

"Alec? Hörst du mir überhaupt zu?" Simon hatte wohl schon eine Weile geplappert, bis er Alec dann sanft an der Schulter berührt hatte. Der Angesprochene sah irritiert auf und versuchte sich an einem Lächeln.

"Ja... klar, hab ich zugehört..." stotterte Alec leise vor sich hin.

Was Simon nicht sehen konnte, war, dass hinter ihm gerade Mr. Bane und seine Freundin durch das Foyer gegangen waren. Alec hatte den Blick nicht von dem einschüchternden Mann, der ihn jedoch keines Blickes würdigte, wenden können und war in Gedanken wieder beim gestrigen Abend. Natürlich hatte sich Alec dann Mr. Banes Befehl folgend zu ihm an den Couchtisch gesetzt und hatte vorsichtig etwas von den Brateiern gegessen.

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Gestern Abend:

Der ältere Mann ihm gegenüber aß still und konzentrierte sich auf etwas, das er auf seinem Handy las. So traute sich Alec schließlich auch mehr als nur winzige Happen zu essen und hob den Blick etwas. Dabei erkannte er, dass die Schiebetür zum Schlafzimmer offen stand und dort die Begleitung lag, nur halb von einer Decke vor Blicken und Kälte geschützt. Irritiert stellte Alec fest, dass sie ein Halsband trug und Katzenohren, während sie anscheinend tief und fest schlummerte. Als er seinen Blick schnell wieder senken wollte, traf ihn der strenge Blick von Mr. Bane.

"Ich gehe davon aus, dass dir dein Chef empfohlen hat, verschwiegen zu sein...", hörte er die strenge aber ruhige Stimme.

Schnell nickte er und zu seiner Überraschung hörte er dann: "Gut... Und du weißt wirklich, was man mit Eiern anstellen muss. Das hast du gut gemacht."

Irritiert und errötend sah Alec auf und schaute in ein leicht lächelndes Gesicht, dessen Augen so noch viel mehr Wärme ausstrahlten. Doch ganz plötzlich war das Lächeln und die Wärme wieder weg und Alec saß noch immer auf einem Sessel mit klopfendem Herzen und schaute zu, wie Mr. Bane sich erhoben hatte und in sein Schlafzimmer ging.

"Nimm das Geschirr mit, wenn du rausgehst", sagte dieser nur noch knapp, bevor er die Schiebetür hinter sich schloss.

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Einen Tag später.

"Hey Kleiner!" begrüßte die fast zwei Köpfe kleinere rothaarige Rezeptionistin Alec, als dieser pünktlich zu seiner Arbeit angetreten war. Dieser stöhnte nur und rollte mit den Augen. Es machte einfach keinen Sinn, dass ihn alle Welt so nannte und er hasste es. Er konnte wirklich nicht verstehen, warum selbst vermeintlich nette Menschen ihn damit immer wieder aufziehen wollten...

So gab es nur ein Gemurre zur Antwort. Dann atmete Alec tief durch, als er sah, dass sich das Lächeln seiner süßen Kollegin eigentlich nur noch vertiefte. Sie ließ sich einfach nicht durch sein mürrisches Verhalten abschrecken...

"Gibt es irgendwas Neues", fragte Alec also ergeben und dienstbeflissen. Doch plötzlich stand eine aufgebrachte Frau vor ihnen. Ihr Kajal war verschmiert, ihre Haare etwas durcheinander.

"Besorgen sie mir sofort ein Taxi", sagte sie aufgebracht und lief wie angestochen wild im Foyer auf und ab. Clary war so geistesgegenwärtig und hatte Alec das Telefon in die Hand gedrückt, um sich um die Dame zu kümmern und sie freundlicherweise in das Bereitschaftszimmer zu bringen, damit sie an der Rezeption keine Szene machen würde.

Es dauerte nicht lange, bis das Taxi da war. Clary brachte die immer noch sehr aufgebrachte Frau mit Alecs Hilfe in das wartende Gefährt, doch bevor sie endlich die Tür schließen konnten, hielt sie die beiden noch einmal auf und drückte ihnen etwas in die Hand.

"Das Ding könnt ihr wegschmeißen, mit schönem Gruß an Mr. Bane... diesen Psycho!" schimpfte sie dazu und spuckte den Namen des Älteren fast schon aus. Alec hatte die Hand aufgehalten und hielt nun eine Art Halsreif mit kleinem Schloss in den Händen.

Clary blieb noch etwas und zu dritt, Simon hatte die Szene auch mitbekommen, tranken sie noch einen Tee zusammen. Die Rothaarige schaute auf den Schmuck, den Alec gedankenverloren in den Händen drehte und wendete. Er hatte nur eine kleine Aufschrift auf dem Schloss gefunden. 'Kitten' stand darauf. Doch das sagte ihm gar nichts.

Simon plapperte ununterbrochen, doch Alec hatte sehr wohl bemerkt, dass Clary ruhiger als sonst war und den Blick nicht von dem Schmuckstück abwenden konnte. Abwartend sah er sie an und sah dadurch auch, dass sie kurz verlegen wurde.

"Das ist nicht nur Schmuck, was du da in den Händen hälst, Alec... Wenn ich mich nicht täusche, dann wollte Mr. Bane ...", Clary brach ab und suchte nach neuen Worten. Jetzt wurde sie noch roter. Kurz sah sie verzweifelt zu Simon, der jedoch gar nichts verstand oder mitbekam.

Kurzentschlossen tat Alec so, als würde ihm etwas einfallen und sagte dann: "Simon, 2c wartet doch dringend auf deine Hilfe. Das hatte ich ganz vergessen..." Das war noch nicht einmal gelogen, doch es hätte auch noch zehn Minuten warten können.

Nachdem Simon dann weg war, erzählte Clary ihrem Kollegen davon, dass sie vermutete, es würde sich um ein besonderes Halsband für sogenannte 'Kitten' handeln. Ein besonderer Titel aus dem BDSM-Bereich. Das 'Kitten' oder Prinzessin, die Kleine oder wie man sie auch nennen wollte, entspricht dabei dem devoten Part einer BDSM-Beziehung, wie Alec erfuhr.

"Unser Mr. Bane ist also gerne ein sogenannter 'Daddy', sagte Clary und Alec wunderte sich doch sehr über die Verurteilung, die in ihrer Stimme mitschwang.

Wer hätte gedacht, dass diese scheinbar so unschuldige Kollegin sich überhaupt mit diesem Thema auskannte. Doch warum dies so war, durfte ihr Geheimnis bleiben... Vielleicht war sie ja auch nur einfach gut informiert?

"Gut, Alec. Ich werde dann endlich Feierabend machen und du solltest dieses Ding wohl lieber für Mr. Bane zurücklegen. Es sieht sehr wertvoll aus und mit ihm will wohl niemand Ärger haben...", sagte Clary noch, bevor sie dann schließlich nach Hause ging.

"Dann wurde Mr. Bane gerade verlassen....", sagte Alec leise mehr zu sich selbst, nachdem Clary sich verabschiedet hatte.

Hey KleinerWhere stories live. Discover now