~ Rauch ~

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Alec wachte in einem dunklen Raum auf. Es war kalt und er war alleine. Warum war er alleine? Ach ja, Magnus hatte sich von ihm getrennt? Warum? Alec hatte es vergessen, wollte nicht mehr daran denken müssen. Und so ging er jeden Tag wieder zu seinen Jobs. Jeden Tag. Erst die Brötchen verteilen, dann die Hunde Gassi führen und dann den Nachtportier spielen. Magnus gab es nicht in seinem Leben. Er war wie wegradiert.

Und doch gab es ein tiefes Loch, dass Alec tief in sich spürte. Irgendwie fühlte es sich vertraut an und doch ... vielleicht war es sogar schlimmer als das Loch, dass der Verlust seiner Eltern in seine Seele gerissen hatte. Aber er wusste, dass er damit leben konnte. Musste. Sagen wir besser, er existierte.

Seine Arbeitskollegen nahm er nur noch schemenhaft war. Alec vertraute sich niemandem an. Das hatte er vorher auch nicht getan. Sie konnten ihm doch nicht helfen. Er war verlassen worden, so wie er es doch schon vorher geahnt hatte. Aber das war ja nicht schlimm... es war nur das was eben immer kam.

Und so vergingen die Tage und Wochen. Bis ein Geruch ihn lockte. Ein vertrauter und geliebter Geruch. Er führte ihn durch die endlosen Korridore und Räume des Appartementhauses. Lockte ihn immer weiter. Dann hatte er die Spur verloren und wollte schon wieder an seinen Arbeitsplatz gehen. Doch dann war da diese Stimme. Männlich und voller Wärme, doch auch streng und ernst.

"Magnus?" Alec dachte nicht darüber nach. Er lief und folgte dieser Stimme Flure entlang und über die verschiedenen Etagen? Warum fand er seinen Daddy nicht? Wo war er? Da! War da nicht sein Schatten? Da! Ja! Da stand er... Mr. Bane... Magnus... sein Daddy.

Alec rannte auf ihn zu. Plötzlich war wieder all die Sehnsucht, das Verlangen und all die Gefühle da, die nur dieser Mann in der Lage war in ihm auszulösen. Vergessen war, dass Magnus ihn verlassen und im Stich gelassen hatte.

Gleich würde er wieder bei ihm sein und sein Daddy würde ihn in den Armen halten und ihm sagen, dass alles wieder gut war. Alec war kein schwacher Mensch. Er kämpfte jeden Tag hart, um nicht aufzugeben. Doch bei Magnus - und nur bei ihm - durfte er sich fallen lassen und sich geborgen fühlen.

Gleich würde es wieder so sein, wie es sein sollte. Magnus - sein Anker - wäre wieder bei ihm und Alec würde sich endlich wieder heile und komplett fühlen.

Gleich... war er endlich bei ihm. Aber es war nicht Magnus. Die Umrisse des Mannes lösten sich in Rauch auf und noch während Alec verwundert den verschwindenden glitzernden Rauchschlieren nach sah, dröhnte es in seinen Ohren. Wahrscheinlich war es nur sein Herz, das nun vor Liebeskummer seinen Dienst einstellte.

Doch so war es nicht. Eine riesige Welle schlug über Alec zusammen und riss ihn und alles andere mit sich in einen stillen Ozean.

***

Magnus lag noch lange wach. In seinem Arm, wie ein kleiner Kater an seine Seite geschmiegt, lag Alec. Es hatte eine Weile gedauert, bis er endlich hatte schlafen können. Doch unter Magnus' Fingern, die Alecs Kopf sanft kraulten, war dieser dann schnell eingeschlummert.

'Es wäre besser, wenn...', hatte Magnus gedacht, als sich die beiden Männer gegenüber saßen und sich in die Augen sahen. 'Vielleicht sollten wir...' Doch er konnte diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Nicht jetzt! Nein. Er entschied sich dagegen und hatte Alec einfach nur fest in seinen Arm gezogen.

Sie hatten noch eine Weile geredet und aneinandergekuschelt vor dem Kamin gesessen. Das hatten sie beide gebraucht. Dieser Tag war wirklich sehr anstrengend gewesen.

Alec hatte ihm von seinen Eltern und dem Unfall erzählt und ein wenig darüber, was seit dem passiert war. Er hatte sich Magnus anvertraut und der Ältere hatte gesehen und gespürt, dass es ihm sichtlich schwer fiel. Und auch, wie sehr es seinen Schützling erleichtert hatte.

Schließlich hatte Magnus beschlossen, dass es besser wäre ins Bett zu gehen. Heute würden sie keine guten Entscheidungen mehr treffen und sie beide brauchten Ruhe und etwas Schlaf.

Und nun lag Magnus in seinem Bett, neben ihm der junge Mann, der ihm schon vom ersten Moment an den Atem und das Herz gestohlen hatte. Er kannte ihn doch gar nicht, aber Magnus war so übervoll von Gefühlen für ihn, wollte ihn beschützen und alles in seiner Macht stehende für ihn tun, damit er glücklich wäre. Wie konnte das sein? Sie kannten sich doch gar nicht?

Hatte der gesetzte, erfahrene Mann nun doch Angst?

Ja, er hatte eine verdammte Angst. Zum vielleicht ersten Mal in seinem Leben, hatte Magnus Bane richtig Angst. So sehr, dass er gerade fast mit Absicht dieses zarte Konstrukt einer beginnenden Beziehung zerstört hätte. Das war es doch gewesen, richtig?

Zumindest fiel Magnus kein anderer Grund ein, wie er so unverantwortlich hatte sein können. Ja, er hatte Angst. Alec hatte mit seiner Geste - diese einfach schlichte Geste, Magnus seinen Hals zu präsentieren - ihm eine unendliche Angst eingejagt.

Und ja, Magnus hatte lange darüber nachgedacht, das es klüger und weiser wäre, sich jetzt von Alec zu trennen. Aber er würde es nicht tun. Nicht tun können. Denn er war egoistisch und wusste, dass er schon jetzt nicht ohne seinen Kleinen leben wollte. Und natürlich wollte er auch Alec nicht im Stich lassen. Nicht erneut. Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. Er würde Alec beschützen. Und das konnte er nicht, wenn er verschwand.

Nein, sie würden irgendwie gemeinsam einen Weg finden müssen. Für die guten und wichtigen Dinge im Leben musste man kämpfen und für sie lohnt sich jedes Risiko. Und Alec hatte mehr als einmal bewiesen, dass er bereit war jedes Risiko einzugehen. Warum sollte dann ein alter Mann das nicht tun, hatte sich Magnus also gedacht, während er seinen wirklich nicht kleinen Schatz im dämmrigen Licht betrachtet hatte.

Sanft strich Magnus mit den Fingerspitzen über die wunderbar dunklen Augenbrauen, die die großen sanften Augen seines Liebsten einrahmten, fuhr über die zarte Haut der Wange und die markante Kinnlinie entlang, die mittlerweile mit feinen dunklen Bartstoppeln überzogen war.

Er liebte diesen Mann.

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