~ Frost ~

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Doch Alec drehte plötzlich entschieden seinen Kopf weg. Er wollte nicht auf diese Weise berührt werden. Auch wenn er normalerweise wohl nichts dagegen gehabt hätte, aber Mr. Bane erschien ihm in diesem Moment nicht zurechnungsfähig und nein, er wollte das nicht. Er wollte nicht auf diese Weise Sex mit ihm. Mr. Bane sollte aufhören.

"Stop. Hören sie auf! Ich will das nicht!" brachte er schließlich leise aber deutlich heraus und begann sich mehr und mehr unter dem Älteren zu wehren. Dieser hielt es wohl erst noch für ein Spiel. Doch dann stoppte er seine Liebkosungen und sah Alec an.

Etwas hatte sich in seinem Blick verändert. Kurz war etwas Verletzliches in seinem Gesichtsausdruck getreten. Oder hatte sich Alec das nur eingebildet?

Schnellen Schrittes und ohne sich noch einmal umzudrehen, zog sich Mr. Bane in sein Schlafzimmer zurück und ließ Alec alleine auf dem Sofa zurück.

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In den nächsten Tagen konnte der junge Nachtportier in Ruhe durchschlafen. Er hörte und sah nichts mehr vom Bewohner aus dem Penthouse. Dafür berichtete seine Kollegin Clary jeden Tag aufs Neue, welche Gemeinheiten sich dieser hatte einfallen lassen. Vielleicht hätte sie ihm nicht mit ihrem vorwurfsvollen Blick das Halsband zurückgeben sollen.

Alec hatte nicht davon erzählt, was in der Nacht passiert war und würde dies auch nicht tun. Denn immerhin war ja auch nicht wirklich etwas passiert, oder? Doch es war etwas passiert und sicherheitshalber hatte Alec dies auch mit zitternder Hand direkt danach in seinem Tagebuch festgehalten. Aber er wollte Mr. Bane nicht anzeigen...

Natürlich fürchtete er um seinen Job und er befürchtete auch, dass ihm niemand glauben würde oder man ihm sogar selbst die Schuld dafür geben würde. Immerhin hatte er es doch anfangs auch genossen... Und Mr. Bane hatte ja schließlich aufgehört, als er darum gebeten hatte, oder? Trotzdem hatte dieser ihn in diese unangebrachte Situation gebracht und vielleicht.... Sollte Mr. Bane noch einmal übergriffig werden, so würde er dies melden, nahm er sich vor.

In den nächsten Tagen erfuhr er, dass seine Miete, inklusiver aller Nebenkosten für sein kleines Zimmer bereits für drei Monate bezahlt worden war. Auch wurden ihm jeden Tag Päckchen geliefert. Das erste hatte er noch geöffnet und einen wahrscheinlich ziemlich teuren Gürtel darin gefunden.

Auch wenn weder der Absender erkennbar war und er auch nicht in Erfahrung bekommen konnte, wer die Miete bezahlt hatte, so waren die Zeichen eindeutig, das Mr. Bane dies arrangiert hatte. Es gab einfach niemand anderes, der so etwas für ihn getan hätte. Doch damit war dieser nun deutlich zu weit gegangen. Dementsprechend hatte er die anderen beiden Pakete direkt an den Absender zurücksenden lassen.

Alec hatte es sich gefallen lassen, Nächte lange als Sklave behandelt zu werden. Er hatte es sich sogar gefallen lassen, sexuell von ihm belästigt zu werden... doch dies ging dem jungen Mann einfach zu weit. Er war wütend und selbst wenn er heute Nacht seinen Job verlieren würde; er würde Mr. Bane zur Rede stellen und verlangen, dass dieser seine Geschenke und die Zahlung seiner Rechnungen zurück nehmen würde.

Und so stand er auch nun vor der Tür des Penthouses und sah auf seine Faust hinab, die unfreiwillig zitterte. Es kostete ihn wirklich große Überwindung, jetzt nicht wieder nach unten zu gehen. Doch niemand anderes würde diesen Kampf für ihn führen können und er ließ sich nicht kaufen. Und er würde nicht zulassen, dass sich dieser Mann für sein schlimmes Verhalten so einfach rauskaufen konnte. Das war es doch nur, richtig? Der einflussreiche Mr. Bane wollte nicht, dass Alec an die Presse oder zur Polizei ging... Oder?

Mr. Bane öffnete die Tür und ließ ihn hinein.

Mr. Bane ließ ihn sprechen und sagte kein Ton.

Mr. Bane sagte auch keinen Ton, als Alec fertig war und gehen wollte.

Doch Mr. Bane hatte aufmerksam zugehört. Aber selbst in dem schummrigen Licht, das im Wohnzimmer herrschte, konnte Alec die tiefen Augenringe und die traurigen Augen des Älteren sehen.

Der junge Nachtportier erkannte den eigentlich sonst so charismatischen und dominanten Mann kaum noch wieder. Und als wäre sie niemals da gewesen, war Alecs Wut schon längst verraucht.

Wie konnte er auf einen Mann wütend sein, der kaum noch ein Häufchen Elend war? Doch anstatt zufrieden und erleichtert zu sein, war es ihm bei diesem Anblick, als läge plötzlich ein schwerer Stein auf seiner Seele. Die Traurigkeit, die von Mr. Bane ausging, hatte auch den jungen Mann erfasst und wollte ihn auch nicht wieder loslassen. Sie war so stark, dass sie für ihn körperlich spürbar war.

Und wieder zog der Ältere sich ins Schlafzimmer zurück und ließ Alec, ohne ein weiteres Wort zu sagen, stehen.

Warum fühlte sich Alec nun, als hätte ihn der Ältere geohrfeigt? Warum fühlte er sich so, als wenn er sich übergeben müsste? Er hatte seinen Standpunkt verteidigt und nun...?

Nun ging er wieder an seine Theke in der Lobby und erledigte seinen Dienst, wie in jeder Nacht. Doch er sollte keinen Schlaf finden.

Der nächste Tag verlief wie auf Schienen. Zwar erledigte Alec seine beiden Jobs, doch tat er dies eher wie ein Zombie.

Ständig drehten sich seine Gedanken um Mr. Bane und sein seltsames Verhalten. Gerne hätte er Clary dazu weiter befragt, doch diese hatte ja deutlich gemacht, was sie von Mr. Bane und seinen sexuellen Vorlieben so hielt. Wobei Alec nicht verstanden hatte, was so verwerflich und abartig daran sein sollte, bei dem was zwei Erwachsene Menschen einvernehmlich und bei gesundem Verstand miteinander taten, solange es niemand anderen störte oder beeinträchtigte.

Schließlich hatte er es nicht mehr ausgehalten und hatte begonnen, um Internet zu recherchieren. Seine anfänglichen Suchergebnisse waren eher abschreckender Natur gewesen, doch er wollte unbedingt wieder seinen gewohnten Frieden zurück und dazu musste er nun endlich wissen, warum sich der Bewohner des Penthouses so seltsam verhielt.

Zum Glück verlief der Abend wirklich sehr ruhig, so dass Alec in aller Ruhe und konzentriert an seinem Handy sitzen konnte, um die vielen Seiten zu durchforsten, die ihm die Suchmaschine ausgespuckt hatte. Fokussiert auf die Recherche hatte sich Alec ausnahmsweise auf die Couch in der Lobby gesetzt. Alle Mieter waren daheim, doch noch durfte er sich nicht zurückziehen, aber er wollte er es sich ein wenig gemütlich machen nach den vielen anstrengenden Nächten, die er in der letzten Zeit hatte.

Und so hatte er nicht mitbekommen, dass jemand hinter ihm stand und für eine Weile stumm beobachtete, was er da recherchierte.



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