~ Auszeit ~

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Magnus musste über seinen Gedanken und dem Anblick des Jüngeren eingeschlummert sein. Plötzlich wurde er durch ein leises Wimmern geweckt. Es war dunkel, aber er erkannte, dass Alec sich regte und scheinbar weinte.

Schnell schaltete Magnus das Licht auf dem Nachttisch an und sah, dass Alec im Schlaf weinte.  "Alec", sagte Magnus besorgt und strich ihm über die schweißfeuchte Stirn, "wach auf. Ich bin da, Kleiner!"

Es dauerte nicht lange, da klammerte sich der große schlanke junge Mann an ihn, so dass ihm fast die Luft weggeblieben war. "Bitte, geh nicht Magnus. Schick mich nicht weg. Bitte...", bettelte Alec fast an Magnus' Brust und nun verstärkten sich noch seine Tränen. Aus einem kleinen Bach wurde ein Fluss, der scheinbar nicht aufhören wollte.

Magnus konnte die Verzweiflung spüren und wenn er nicht schon ohnehin entschieden hätte, diese noch fragile Beziehung nicht aufzugeben, er hätte es spätestens jetzt nicht mehr gekonnt.

"Schht, Alexander. Schon gut, ich gehe nirgendwohin. Und auch du bleibst schön bei mir. Ich werde dich nicht verlassen." Immer fort wiederholte Magnus diese Worte und strich Alec beruhigend über den Rücken, bis sie endlich bei seinem Schützling angekommen waren.

Es dauerte tatsächlich lange, bis sich Alec einigermaßen beruhigt hatte. Der Traum und der Tag zuvor hatten so viele alte intensive Gefühle aufgewühlt, dass sie sich nun ihren Weg bahnten.

Nach der Trauer kam die Wut. Alec war plötzlich unglaublich wütend und versuchte verzweifelt mit den Fäusten wie ein kleiner Junge auf Magnus' Brust zu trommeln. Doch dieser hielt ihn einfach fest in seinen Armen.

Nach einer Weile ließ auch dies nach und auch die Tränen waren versiegt. Erschöpft waren beide schließlich eingeschlafen.

***

Wahrscheinlich hatte Alec wirklich schon frischer ausgesehen, aber Magnus sah diese kleinen Makel nicht, als sein Kleiner endlich die Augen aufschlug und ihn verschlafen ansah. Noch bevor dieser sich zu sehr an die vergangene Nacht erinnern konnte und wieder in Zweifel verfiel, küsste Magnus seine Stirn und begrüßte ihn leise: "Guten Morgen, mein Kleiner."

Alec schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln, welches wirklich noch ausbaufähig war. Also streichelte Magnus ihm durch das verwuschelte Haar und fing an ihn leicht zu kraulen. Alec schien das wirklich zu lieben, denn er schmiegte sich praktisch gegen die Hand und ... war das ein kleines Schnurren?

Magnus konnte sich das überraschte  Kichern, das an die Oberfläche drang nicht verkneifen, denn Alec sah einfach zu süß gerade aus. Im nächsten Moment schmiegte sich sein Kleiner eng an ihn, so dass er fast von ihm komplett bedeckt war.

"Ich will noch nicht aufstehen", schmollte er.
"Noch kuscheln!", gab Alec wie ein bettelndes Kind von sich. Wieder kicherte Magnus und gab sich geschlagen.
"Ok, Kleiner. Noch fünf Minuten."

"Nein! Mindestens eine halbe Stunde!", protestierte Alec jetzt schon etwas mutiger und schaute seinen Daddy auch mit perfekten Schmolllippen und großen Augen an. Magnus fiel es schwer, bei dem Anblick ernst zu bleiben. "Ok, eine Viertelstunde ist mein letztes Wort. Dann geht es ab unter die Dusche!", sagte Magnus mit liebevoller Strenge.

"Aber du kommst mit, ja?", versicherte sich Alec mit einem hoffnungsvollen Blick auf ihn und natürlich kam Magnus kam.

Und bis auf die kurze Zeit, die jeder Mensch nun wirklich alleine in einem bestimmten Raum verbrachte, klebten die beiden Männer in den folgenden Stunden förmlich aneinander.

Sie machten sich frisch, aßen Frühstück und machten einen langen Spaziergang am Meer. Das Mittagessen war ausgefallen, da sie sehr spät aufgestanden waren. So kochten sie abends zusammen und verbrachten den Rest des zweiten Tages wieder vor dem Kamin.

Sie sprachen nicht über den vergangenen Tag. Doch dieser war nicht spurlos an ihnen vorüber gegangen. Immer wieder suchte Alec die Nähe des Älteren. Alec hatte sich beim Spaziergang an Magnus' kleinem Finger festgehalten und zwischendurch auch immer wieder an seinen Daddy angeschmiegt.

Sie sprachen über einfache Dinge, wie z.B. seltsame Wolkenformationen, die wie Ninja-Hasen aussahen oder wie Schneeflocken schmeckten. Aber auch, was Alec gerne aß oder welche Blumen am überflüssigsten waren.

Magnus sah und spürte die Veränderung im Jüngeren. Alec zeigte sich von seiner kindlicheren und verletzlichen Seite. Der Ältere wusste, dass sein Schützling so den anstregenden gestrigen Tag verdaute. Und er bemerkte mit einer großen Erleichterung auch, dass dieser ihm noch immer vertraute. Ansonsten hätte er sich wohl von einer ganz anderen Seite gezeigt. 

Auch der Ältere hatte sich zusehends entspannt. Er liebte es, sich um seinen Schützling zu kümmern, ihn zu umsorgen und viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Alec immer wieder zu versichern, dass er da war, empfand Magnus nicht als Last. Er konnte ihn verstehen. Nicht zur Gänze - zum Glück - und doch genügend.

Die Zeit, die sie miteinander verbrachten war unschuldig. Erotik hatte in dieser Zeit einfach keinen Platz zwischen ihnen.

Magnus begab sich automatisch mehr und mehr in die Rolle eines beschützenden und fürsorgenden Caregiver, je mehr sich Alec unter seine metaphorischen Gänseschwingen kuschelte.

Stück für Stück ließen sich beide immer mehr darauf ein und genossen ihre Zeit zusammen sehr. So sehr, dass sie gemeinsam auf dem Sofa vor dem Kamin ineinander gekuschelt einschliefen.

***

Langsam schlug Alec seine Augen auf. Unter ihm lag ein leise schnarchender Körper. Er bewegte sich leicht und schaute zu dem Mann hoch, auf dessen Bauch er lag. Magnus schlummerte friedlich und gab lustige Geräusche von sich. 

War er tatsächlich auf Magnus' Bauch auf dem Sofa eingeschlafen? Ihre Beine waren irgendwie verknotet und langsam spürte sogar der junge Mann, dass er sich die ganze Zeit nicht vom Fleck gerührt hatte. Doch er fühlte auch noch etwas anderes. Nicht nur die Hitze, die von Magnus' Körper ausging. Nein, da war auch noch ein recht typisches männliches Phänomen, das sich in seiner Hose regte und gegen den Oberschenkel seines Liebsten drückte. 

Alec wusste, das er Magnus wecken sollte. Aber er zögerte. Er konnte es einfach nicht über sich bringen, den friedlichen Schlafenden jetzt zu wecken. Mit seinen Fingerspitzen fuhr Alec die Linie des kantigen mit Bartstoppeln bedeckten Kinns entlang. Der Kajal, den der Ältere stets trug und der dessen Blick intensivierte, war etwas verwischt. So von nahem konnte Alec die kleinen Fältchen an den Augen erkennen. Wahrscheinlich war es sogar ganz gut, dass der Jüngere weder Freunde noch Familie hatte, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass diese es gut geheißen hätten, dass er sich in einen so viel älteren Mann verliebt hatte. Alec hatte sich noch immer nicht getraut zu fragen, wie alt Magnus tatsächlich war und doch waren es sicherlich mehr als zehn Jahre Altersunterschied. 

Doch in Alecs Augen war alles genauso, wie es sein sollte. Magnus war perfekt und er hatte nie geglaubt, dass er einmal so intensiv für einen anderen Menschen würde empfinden können, doch das tat er. Er hatte sich bereits jetzt rettungslos in ihn verliebt. 

Noch immer verträumt seinen Daddy betrachtend, erschrak Alec etwas, als dieser mit verschlafener tiefer Stimme hauchte: "Hmmmm, da will mir wohl jemand von seiner prächtigen Erektion berichten, hm?"



Hey KleinerWhere stories live. Discover now