~ Antworten II ~

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Forschend blickte Alec in die dunkelbraunen Augen und ein sanftes kleines Lächeln bildete sich unwillkürlich auf seinem Gesicht, als er wieder auf sein Glas schaute. Doch da gab es noch eine Frage, die in ihm brannte...

"Warum haben sie sich nicht einfach ein neues 'Kitten' besorgt?" fragte Alec vorsichtig. Und sogleich kam ein sarkastischer und gleichzeitig leidender Ton von Mr. Bane. Erst nach einigen Momenten und ein paar Schlucken begann dieser endlich zu sprechen.

"Ein Caregiver beschützt sein Kleines, gibt immer auf ihn oder sie acht, stärkt und motiviert, aber vor allen Dingen liebt er sein Kleines..."

Alec konnte schon an der Stimme des Älteren hören, dass es ihm wohl schwer fiel darüber zu reden, aber gleichzeitig lag Leidenschaft in jeden einzelnen Wort.

"Ich hatte geglaubt, dass Camille es ebenso sieht, doch offensichtlich liebte sie mein Geld sehr viel mehr ...", gab der Geschäftsmann leise und traurig zu.

Doch dann sprach er schnell weiter: "Es geht eben um mehr als Sex oder Geschenke, was viele selbst aus der Szene nicht begreifen wollen. Eigentlich geht es um eine tiefe und fürsorgliche Beziehung. Diese ist im Idealfall sehr intensiv und erfüllend. Je nachdem, wie einfühlsam der Caregiver ist, fühlt sich der oder die Kleine dann auch so sicher, dass sie sich trauen die Kontrolle so weit abzugeben, dass sie sich tatsächlich klein fühlen können. Aber der Caregiver nutzt diese Kontrolle und Macht nicht aus, um sein Little klein und hilflos zu halten, sondern um ihn oder sie zu stärken. Er will stolz auf sein Little sein und muss sich auch darauf verlassen können, dass es alleine im Job zum Beispiel gut zurecht kommen wird."

Nach einem Moment der Stille war Mr. Bane wieder zu seiner kleinen Hausbar gegangen, um sein Glas aufzufüllen. Alec hatte aufmerksam zugehört. Langsam verstand er nun besser das Verhalten des Älteren in den letzten Tagen. Ganz offensichtlich war ihm nicht nur einfach eine Sexbekanntschaft davon gelaufen. 

Unvermittelt sagte Alec dann: "Meine Kollegin sagte, dass dieses Halsband kein einfacher Schmuck wäre, sondern für einen besonderen Anlass..."

Mr. Bane beantwortete die ungestellte Frage mit einem knappen Kopfnicken und der junge Nachtportier sagte dann leise weiter: "Es hat ihnen das Herz gebrochen... Das tut mir leid..."

Alec schaute den Älteren an, der auf sein Glas hinuntersah, und sah für einen kurzen Moment wieder den Schmerz, den er schon einmal in diesem makellosen Gesicht gesehen hatte. Doch dann hob dieser seinen kajahlumrandeten Blick und sagte: "Nun, ich denke, du hast nun deine Antworten. Du solltest nach unten gehen, du brauchst deinen Schlaf."

Von dem Themen- und Stimmungswechsel für einen Moment irritiert, räusperte sich Alec kurz und nickte dann. 

"Ja, natürlich, Mr. Bane", sagte der Nachtportier professionell, stand auf und verabschiedete sich höflich. Doch seine Beine zögerten noch und wollten das Penthouse nicht verlassen.

Er wollte noch etwas sagen... Irgendetwas fragen... Doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Die Stimmung war nun wieder kühl und professionell. So als hätte das Gespräch eben gar nicht statt gefunden. 

Ein letzter schüchterner Blick zu Mr. Bane, der in sich ruhend und charismatisch wie immer, mit einem Drink in der Hand in seinem perfekten Anzug an seiner Hausbar stand. Ja... jetzt machte alles einen Sinn...

Schweren Herzens verließ Alec schließlich das Penthouse. Mr. Bane brachte ihn, mit einer Hand hauchzart über seinem unteren Rücken ruhend, schweigend zur Tür. Fast hätte sich Alec noch einmal umgedreht. Doch was hätte er dann sagen oder tun sollen?

Er wusste es nicht und auch wenn nun viele seiner Fragen beantwortet worden waren, so blieb er doch immer noch verwirrt zurück. 

Doch nun war es eher sein Herz, das verwirrt zu sein schien.

Auch diese Nacht sollte er nur wenig Schlaf finden und seltsame Träume. Da war Mr. Bane der ihn beobachtete, der ihn streichelte und Mr. Bane, der ihn fest in seinen Armen hielt. 

Doch vielmehr spürte er die Geborgenheit, die wie ein wärmendes Kaminfeuer von dem faszinierenden Mann ausging und ihn umfing und nicht mehr loslassen wollte. Für eine Sekunde konnte er in seinem Traum loslassen und all die Verpflichtungen, Sorgen und Ängste, die er hatte vergessen. Für eine Sekunde spürte er, was der Ältere damit meinte, sich fallen lassen zu dürfen und klein zu sein...

Und dann...

Dann klingelte der Wecker. 

Alec fühlte sich allein, einsam und ihm war kalt. 

Auf ihn warteten zwei weitere Jobs.

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Tag für Tag zog an Alec vorbei. Nacht für Nacht fand er keinen Schlaf. 

Hoffnungslos versuchte er Mr. Bane und das war er ihm erzählt hatte, seinen Duft, seine Nähe, die Erinnerung an seine Berührungen und seine warmen Augen zu vergessen. 

Es war nur Sehnsucht und Traurigkeit von diesem Abend zurückgeblieben. Hätte Alec getrunken, so hätte er wohl jeden seiner Jobs in kurzer Zeit verloren. Doch so schleppte er sich nur täglich von Job zu Job.

In den ersten Tagen hatte Alec noch unbewusst darauf gehofft Mr. Bane wieder zu sehen. Doch dieser Wunsch erfüllte sich nicht. Auch Clary bekam ihn nur noch selten zu Gesicht. Immerhin hatte sie nun nichts mehr über ihn zu schimpfen. 

Auch wenn er es niemals zugeben würde, doch in schwachen Momenten hatte er sogar Mr. Bane online gesucht. Eines Nachts hatte er sich sogar ein Bild von ihm ausgedruckt und es in sein Tagebuch gelegt. 

Wieder einmal hatte er seine Schicht als Brötchenjunge in einem Bürokomplex beendet und fuhr gerade mit seinem Wagen im Aufzug wieder nach unten, um dort alles zu säubern und für den nächsten Tag wieder bereit zu machen.

Ohne sich in der verspiegelten Wand selbst zu betrachten - er wusste genau, dass er furchtbar aussah, wenn die Spiegelung nur ein Bruchteil dessen zeigte, wie er sich fühlte - lehnte er sich mit dem Rücken an und wartete, bis die Türen sich wieder öffnen würden. Nur kurz schloss er die Augen. Er war so unglaublich müde. 

Immer wenn er seine Augen schloss, sah er die tiefbraunen traurigen Augen von Mr. Bane vor sich. Entweder raubte ihm dann die Sehnsucht den Atem oder die Traurigkeit fraß ein tiefes Loch in seine Brust oder - und dies kam auch vor - er stellte sich den Moment vor, als Mr. Bane "Ich brauche dich..." in sein Ohr geraunt hatte. Dieser Gedanke schickte nicht nur heißkalte Schauer durch seinen ganzen Körper.

Fast konnte er schon Magnus betörenden Duft wahrnehmen. Die Augen noch immer geschlossen, lehnte er immer noch an der Wand des Aufzuges und dachte wieder an den Älteren. Wie gerne wäre er bei ihm... wie gerne wäre er ihm nahe... wie gerne...

Alec schüttelte fast schon wütend seinen Kopf und öffnete die Augen wieder. Tränen stiegen ihm in die Augen. Es sollte doch einfach aufhören. Wie konnte er einen Mann vermissen, den er doch eigentlich gar nicht kannte? Wie konnte er so leiden, obwohl doch gar nichts passiert war? 

Und es würde auch nichts passieren, das war ganz eindeutig für Alec. Er spielte nicht in der gleichen Liga wie Mr. Bane. Dieser konnte sich jeden aussuchen. Der junge Nachtportier hätte vielleicht einmal sein Bett wärmen dürfen und auch hatte er ihm Antworten gegeben, damit er keine Gerüchte über ihn in die Welt setzte - so sah es Alec zumindest - doch für mehr würde er sich jemand anderes suchen. 

Vielleicht sollte sich Alec einen neuen Job suchen, indem er Mr. Bane nicht mehr sehen würde...

Und dann ging die Tür des Aufzuges auf und Alec meinte schon, Mr. Bane zu sehen...

Doch dann gaben seine Beine nach und alles wurde schwarz um ihn herum...

Hey KleinerDonde viven las historias. Descúbrelo ahora