~ Scham ~

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Endlich konnte Alec seine Gefühle zeigen. Auch wenn er nun eher wie ein kleiner Junge da saß und ganz traurig schmollte. Magnus zog ihn rittlings auf seinen Schoß, doch Alec wollte noch nicht kuscheln.

"Du warst so lange weg!", schimpfte der Kleine murmelnd, der seine Hände zu Fäusten geballt hatte.

"Und du hast dich gar nicht richtig über den Tee gefreut", schimpfte er weiter mit einer kindlich schmollenden Stimme und legte die Fäuste auf Magnus Brust.

"Und deine Freundin ist nicht meine Mommy! Und du wolltest mich gar nicht bei dir haben! Und .... und.... du hast mich gar nicht lieb!", schimpfte Alec weiter und trommelte sachte mit den Fäusten auf der Brust des Älteren.

Magnus legte nun seine Arme um ihn, auch wenn sich dieser sträubte und hielt ihn ganz fest bei sich.

"Und wie ich dich lieb habe, mein Kleiner. Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war, mein Süßer...", flüsterte Magnus ihm immer wieder ins Ohr. Sanftes Streicheln über Alecs Rücken und ein behutsames Schaukeln beruhigten ihn langsam.

Endlich konnte Magnus auch hören, dass befreiende Tränen ihren Weg nach draußen fanden und langsam wurde Alec auch immer entspannter und weicher auf seinem Schoß.

"So ist es gut, Alexander", murmelte Magnus und hielt Alec ganz fest.

Es war ein surreales Bild. Ganz eng an Magnus gekuschelt, wie ein kleiner Junge, saß Alec auf Magnus' Schoß und hatte seinen Kopf weinend an dessen Schulter versteckt. Der Ältere hielt ihn ganz fest und murmelte beruhigende Worte, während er ihm über den Rücken strich. Doch für die beiden Männer, war dieser Moment nicht seltsam. Sie waren beide komplett im Reinen mit sich.

"Es tut mir leid, Magnus", nuschelte Alec schon bald an der Schulter des Älteren. "Ich weiß, dass...", begann der Jüngere zu reden, kam aber nicht weiter.

Magnus löste sich etwas aus der Umklammerung und hielt Alecs Kinn so, dass er ihn ansehen konnte. Verschämt wischte sich Alec die Tränen erst einmal aus den Augen und bekam von Magnus einen sanften Kuss auf die Stirn.

"Das ganze Drama tut mir leid, Magnus", sagte der Jünger und war nun schon wieder deutlich gefestigter. Und doch entwandt er sich Magnus' Griff und versteckte sein Gesicht wieder an Magnus' Halsbeuge.

Alec schämte sich sehr. Es war schon seltsam genug, sich bei Magnus einfach fallen zu lassen und mit ihm zu kuscheln. Schon dies hatte ihn zu Anfang Überwindung gekostet.

Doch nun zu bemerken, wie er sich nicht mehr unter Kontrolle hatte und ihn das Gefühl der Sehnsucht so übermannt hatte, dass er sich nicht mehr rational verhalten konnte, das war erschreckend und beschämend zugleich.

Ein Erwachsener benahm sich nicht so... und ein Mann schon gar nicht. Oder?

"Es tut mir wirklich leid... ich weiß nicht, was in mich gefahren ist", wiederholte Alec und stieg von Magnus' Schoß, um sich dann normal neben ihm hinzusetzen. Er zuppelte noch an seinem T-Shirt herum und schaute wieder auf seine Finger, während er versuchte seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Kurz senkte Magnus seufzend den Kopf und rieb sich über die Nasenwurzel. Dieses sich anbahnende Drama kannte er schon. Und es konnte entweder jetzt enden oder noch ewig so weiter gehen.

Also wendete er sich mit seinem Körper seinem Kleinen zu und musste erneut sein Kinn greifen, damit dieser ihn ansah. Streng sah er den Jüngeren an und sagte: "Ich will, dass du aufhörst dich zu schämen, weil du nach deinen Gefühlen gehandelt hast. Es ist ja nicht so, dass du aus Böswilligkeit oder Langeweile so reagiert hast." Magnus machte eine kleine Pause und sah Alec prüfend in die Augen. Natürlich nickte dieser, denn der Ältere hatte ja Recht. 

"Dir geht es nicht gut! Und ich habe dir versprochen, auf dich aufzupassen!"Der Jüngere konnte in seinen Augen erkennen, dass er es sehr ernst mit diesem Versprechen meinte. 

Ein kleines kicherndes Schnauben entfuhr Magnus, bevor er weiter sprach: "Glaub mir, wenn du rebellisch wirst um mich zu testen, dann kann ich dir gerne den Hintern versohlen, wenn du das möchtest, aber so... Nein, Alexander!" 

Einen Arm um seinen Kleinen legend und ihn so an sich ziehend, sprach Magnus weiter: "Ich weiß, das man als Mann kein Make-Up tragen darf, nicht schwach sein soll und am besten noch ne Frau und Kinder haben sollte. Kleiner, vergiss den Mist! Jetzt sofort, sonst wird es dich auffressen. Und davor kann ich dich leider nicht beschützen..."

Eine Weile schwieg Alec und dachte darüber nach, was er gehört hatte. Seinen Kopf hatte er an Magnus' Kopf angelehnt und hielt sich an dessen kleinem Finger fest.

"Was stimmt mit mir nicht, Magnus?", fragte er zittrig und mit leiser brüchiger Stimme, fast dem Weinen nahe.

Nach einem liebevollen Kuss auf dem Kopf bekam Alec auch eine Antwort: "Mein Kleiner, mit dir ist alles richtig. Du hast die wichtigsten Menschen in deinem Leben verloren und anstatt dich in Alkohol, Sex, Drogen oder anderen Süchten zu versenken, sitzt du hier mit mir und schenkst mir dein Vertrauen. Du verstehst gar nicht, wie mutig du eigentlich bist."

Natürlich schüttelte Alec seinen Kopf und wollte protestieren. Natürlich sah er sich selbst nicht als mutig an. Wie konnte er denn auch. Doch Magnus sah dies anders.

"Jeder andere hätte sein Herz verschlossen und es nie wieder jemandem geöffnet. Doch du... du lässt mich dich einfach lieben." Magnus Stimme wurde ganz sanft und liebevoll, während er sprach. 

"Ich liebe es, wenn du lachst und so glücklich lächelst und einfach nur du bist. Weißt du eigentlich wie schön es ist, dich so zu sehen?" hauchte der Ältere in Alecs Haar, liebevoll und voller Wärme. Fast war es dem Jüngeren, als würde nun sein Daddy in Tränen ausbrechen. 

"Bitte ändere für niemanden wer du bist, mein Schatz! Auch nicht für mich", flüstere Magnus und drückte Alec an sein Herz.

Dann räusperte er sich und ließ Alec wieder etwas Freiraum. 

"Hey, wehe ich muss diese Ansage noch mal irgendwann wiederholen. Da verschmiert mir glatt mein Kahjal!", scherzte der Ältere und küsste Alec noch einmal auf den Kopf. 

Alec schaute hoch zu seinem Freund und Daddy und konnte sehen, dass sich einzelne Tränen aus seinem Augenwinkel gelöst hatten. Ja, hier war er sicher. Auch vor sich selbst.



Hey KleinerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt