Kapitel 7

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Fingerspitzen tippelten an meinen Schläfen und strichen mir behutsam eine Haarsträhne hinter das Ohr. So sanft und zärtlich, dass es mich aufwachen ließ. Ich blinzelte kurz mit meinen Augen, doch um mich herum war es finster. Ich gewöhnte mich schnell an die Dunkelheit und vor meinen verschlafenen Blick schob sich ein verschwommenes, bekanntes Gesicht. Es war Tilonas, der vor mir auf dem Boden kniete.

„Mayra, komm mit, ich muss dir etwas zeigen", flüsterte er mir leise zu.

Langsam setzte ich mich auf. Immer noch etwas verträumt, konnte ich nicht klar denken. Mein Körper hatte sich von der Erschöpfung schon etwas erholt, doch ganz ausgeruht war ich noch nicht. Ich blickte auf die andere Seite und sah, dass Josie friedlich schlief. Ich wollte gerade etwas zu ihr sagen, um sie aufzuwecken.

„Nicht, sie ist gerade erst eingeschlafen. Du musstest Albträume gehabt haben und sie blieb die ganze Zeit an deiner Seite, während du dich im Schlaf hin und her gewälzt hast", hielt mich Tilonas davon ab, sie aus ihrem Schlaf zu reißen, und ich blickte ihn dabei erstaunt an.

Der Saal war in völlige Dunkelheit und Stille gehüllt. Mit zusammengekniffenen Augen konnte ich neben mir noch mindestens dreißig weitere Personen entdecken, die auch in Schlafsäcken eingepackt waren, wie Josie und ich. Es war still, bis auf ein paar tiefe, schwere Atemzüge von den schlafenden Menschen. Von draußen hörte man so gut wie nichts, bis auf ein paar dumpfe Schläge in der Ferne, die sich wie Donner anhörten. Etwas verängstigt sah ich zu Tilonas, als ich die Geräusche wahrnahm. Er musste meinen Gesichtsausdruck gelesen haben, denn er flüsterte: „Keine Sorge, hier bist du in Sicherheit. Meine Gefährten kümmern sich um alles. Komm."

Ich öffnete langsam und so leise es nur ging den Reißverschluss des Schlafsacks. Tilonas hatte sich bereits aufgerichtet und reichte mir seine Hand. Er half mir aufzustehen und wir schlichen gemeinsam in Richtung der Wandgemälde der Kirche. Mit leisen und vorsichtigen Schritten folgte ich ihm. Ich war immer noch nicht ganz in der Realität angekommen, in der Traumwelt war es demnach doch schöner als hier?

Als wir vor einem Wandgemälde standen, lächelte er mich selbstsicher an.

„Du wirst begeistert sein, was jetzt gleich passieren wird."

Das Wandgemälde stellte drei Personen mit Engelsflügeln dar, doch in der Dunkelheit konnte ich keine Details erkennen. Das Gemälde war mit einem Bilderrahmen aus Ornamenten versehen worden, welche auch die ganze Kirche von innen und außen schmückten. Tilonas berührte drei verschiedene Symbole. Bei der Berührung begannen sie goldig zu leuchten. Zusätzlich hörte man ein dumpfes Klacken, das vom Inneren des Bildes kommen musste. So, als hätte sich gerade ein Schloss entriegelt.

„Das sind keine zufällig gewählten Symbole, das ist die göttliche Schrift", erklärte Tilonas dabei mit gesenkter Stimme.

„Wow," meinte ich mit weit aufgerissenen Augen. So etwas hätte ich jetzt bestimmt nicht erwartet. Er griff nach dem Bilderrahmen und öffnete die geheime Tür. Hinter dieser lag eine schmale Treppe, die so aussah, als würde sie zu einen der Türme führen. Tilonas machte den Vortritt und wir gingen hintereinander die schmalen Stufen nach oben.

„Wo gehen wir hin?", wollte ich wissen.

„Das wirst du gleich sehen. Ich hoffe, du bist nicht zu müde für etwas Frühsport", sagte er herausfordernd. Als wir die Treppen hinaufstiegen, wollte ich den Moment nutzen, um ein paar Fragen von meiner Liste abhacken zu können.

„Wieso ist diese Kirche der sicherste Ort? Wieso wusstest du von dieser Geheimtüre?", fragte ich wissbegierig.

„Naja, weil wir sie gebaut haben, und damals haben wir Vorkehrungen getroffen, falls so ein Tag wie heute kommen würde. Da dies ein heiliger Ort ist, können die Schattengestalten ihn nicht betreten. Noch nicht. Doch früher oder später werden wir auch hier nicht mehr sicher sein."

ZARTHs Krieger - Gefangen zwischen Licht und SchattenWhere stories live. Discover now