Kapitel 26

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Was meinte Ouriel? Was sollte bitte die Brücke zwischen Licht und Schatten sein? Vermutlich hatte ihm der Schlag auf den Kopf mehr zugesetzt, als ich glaubte. Ich musste ihn in die Kirche bringen.

„Du hast dir gerade den Kopf gestoßen, Ouriel. Ich glaube, wir müssen dich erst mal verarzten", sagte ich stattdessen und sah ihn besorgt an. Doch er zuckte nur mit den Schultern und setzte sich ganz auf.

„Nicht, bleib lieber liegen!", ermahnte ich ihn und legte meine Hand auf seine Brust. Er ignorierte meine Fürsorge, setzte sich auf und lehnte sich an den Stein, wie vor ein paar Tagen.

„Ich muss schon sagen. Nicht übel, was du da gerade abgeliefert hast. Du hast mich wie ein Baum einfach umgeworfen. Ich verspreche dir, das lasse ich nicht auf mir sitzen. Warts nur ab", sagte er und zog einen seiner Mundwinkel nach oben, um ein einseitiges Grinsen zu formen. Dann strich er sich durch sein schwarzes Haar, um es wieder etwas zurechtzurücken.

Verwirrt, aber immer noch besorgt sah ich ihn an. Ich lehnte mich weiter nach vor, streifte ihm mit meiner Hand durch das gemachte Haar, um seine Kopfverletzung zu begutachten. Doch da war nichts. Nicht einmal ein Kratzer. Wie konnte das sein? Dann kontrollierte ich seine Stirn, wo ich meinte, Blut gesehen zu haben. Nichts.

Nun lachte er laut auf und sprach amüsiert: „Meinst du, so ein Stoß und ein Schlag auf den Kopf kann uns Schattenengeln etwas antun. Da musst du schon ein Engelsschwert oder etwas anderes auspacken."

„Was war mit dem ganzen Blut?", fragte ich ihn irritiert. Er zuckte wiederum nur mit den Schultern und gab mir keine Antwort darauf. Hatte er mich etwa ausgetrickst?

„Es wird nicht noch einmal passieren, dass du mich so erwischen wirst wie eben, das verspreche ich dir", meinte er und sah mir direkt in die Augen und lächelte spitzbübisch.

„Soll das eben eine Herausforderung sein?", sagte ich und war immer noch über ihn gebeugt. Bei meiner Bemerkung zog er die Augenbrauen hoch und mir fiel wieder sein kleines Muttermal an seinem Augenwinkel auf. Erst als er seinen Griff an meiner Hand lockerte, merkte ich, dass er sie immer noch festhielt.

"Bist du sicher, dass du nun gegen all meine Magie resistent bist", erwiderte ich gerissen.

Langsam bewegte ich mein Gesicht auf seines zu, während ich ihm tief in die Augen sah.

Ich fühlte mich selbstsicher und entschlossen und konnte mit der Macht, die unter meiner Haut pulsierte, alles auf dieser Welt erreichen. Sie gab mir einen ganz anderen Antrieb und zugleich einen Einblick in einen neuen Teil von mir.

Unsere Nasenspitzen streiften aneinander. Langsam neigte ich meinen Kopf zur Seite und kurz bevor meine Lippen seine berührten, hielt ich inne. Ich konnte seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren. Sofort schlug mein Herz schneller und genau in diesem Moment kam das wohlige Gefühl in meinem Herzen zurück und ein Kribbeln durchzog meinen Körper. Mir wurde heiß und kalt zur selben Zeit und ich biss die Zähne aufeinander, um meinen Drang zu bändigen, meine Lippen auf seine zu pressen. Vielleicht war ich gegen SEINE Anziehung nicht resistent? Bevor ich noch etwas Falsches tun würde, das ich später bereuen würde, zog ich mich wieder zurück und setzte mich aufrecht vor ihn hin.

„Siehst du!", meinte er von sich überzeugt. Als er sprach, stand er in einem Schwung auf und seine weißen Engelsflügel glitzerten, „völlig immun."

Bei der Antwort sah ich ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich schüttelte meinen Kopf, um auch die Hitze als auch die Kälte, die er in mir ausgelöst hatte, von mir abzuschütteln. Doch Ouriel packte mich ohne Vorwarnung am Oberarm, zog mich vom Boden hoch und drückte mich hinter sich.

ZARTHs Krieger - Gefangen zwischen Licht und SchattenWhere stories live. Discover now