Kapitel 30 (Teil 1)

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Vor 30 Jahren

Ω

Ich roch die salzige Brise in meiner Nase und wie der Wind durch meine Haare wehte. Gleich würde meine Philomena endlich erscheinen. Ich lief etwas aufgeregt hin und her, denn heute war ein ganz besonderer Tag. Die Wellen schlugen mit lautem Getöse an die Klippen und ich trat etwas an den Abgrund heran und blickte an den Horizont. Nicht mehr lange und die Sonne würde untergehen, dann wäre der perfekte Zeitpunkt für meinen Plan. Ich griff in die Hosentasche und spürte das kleine, viereckige Schächtelchen und ließ es kurz in meinen Fingern spielen. Heute würde ich mich trauen und IHR endlich die schon lang ersehnte Frage stellen. Zudem musste ich ihr noch ein weiteres Geheimnis offenbaren, und zwar, was ich eigentlich gewesen war, – nämlich ein Schattenengel. Über ihre Herkunft musste ich sie ebenso aufklären, das war unausweichlich. Tief in meinem Inneren flüsterte mir mein Herz, dass sie bereit für die Wahrheit war. Ich hatte schon mehrere Anzeichen gesehen, zum Beispiel hatte sie ein brennendes Interesse an Engeln, hatte bereits einiges über sie recherchiert und wir hatten bereits hitzige Diskussionen über ihr Dasein, welche für mich sehr amüsierend und interessant gewesen waren.

Alles hatte bisher so reibungslos geklappt, obwohl es mir nicht erlaubt gewesen war, mich in ihr Leben einzumischen. Das ständige Beobachten in den anderen Dimensionen hatte mir nach den Jahrhunderten fast das Herz zerrissen. Jetzt wollte ich sie für mich erobern und sie dazu bringen, ihre Engelskräfte anzunehmen, damit ihre Seele nicht wieder Tausende Male wiedergeboren würde. Ich würde es nicht aushalten, sie für mich zu gewinnen und am Ende doch wieder und wieder erneut zu verlieren. Mit ihren Engelskräften und ihrer göttlichen Gestalt könnten wir für immer beisammen sein und das Bündnis der Engel gemeinsam revolutionieren.

Doch zuerst einmal einen Schritt nach dem anderen. Wenn sie mich nach der Erklärung immer noch heiraten wollte, dann wäre das ein gewaltiges Versprechen. Vermutlich war es kein außerordentlich durchgereifter Plan, wenn es um die Sache Liebe ging, ließ ich mich viel zu sehr von meinen Gefühlen leiten, anstatt das Ganze strategisch anzugehen.

Tilonas, als auch alle anderen Engel hatten versucht, mich davon abzuhalten, mich ihr zu nähern, doch ich hatte nicht hören wollen. Ich hatte mich gegen ihr Bündnis widersetzt und sie hatten mich verbannt. Seither hatte ich keinen Zugriff mehr auf meine Schattenenergie. Wieso hatte ich mich nicht früher dafür entschieden? Tilonas würde nie die Regeln brechen, er war ein Weichei. Nun hatte ich endlich meinen Wunsch erfüllt und konnte an ihrer Seite sein. Von unserer ersten Begegnung im Museum, zum ersten Date, zum ersten Kuss, zum ersten Mal,... hatte sich alles wie im Bilderbuch abgespielt. Genau heute vor drei Jahren hatten wir uns getroffen und heute, nach meinem Geständnis, würde sie mir hoffentlich das ‚Ja'-Wort geben. Bei dem Gedanken daran kribbelte es in meinem ganzen Körper. Endlich musste ich meine Schatten nicht mehr bei jedem Gefühl bändigen. Sie waren wie verpufft und ich wollte sie auch nicht zurück, -vorerst zumindest. Ungeduldig blickte ich auf meine Armbanduhr und sie würde jeden Moment auftauchen. Mittlerweile hatte ich mich sogar daran gewöhnt, dass auf meiner Haut keine Tattoos mehr zu sehen waren. Sie waren samt meinen Kräften verschwunden.

Ich drehte mich wieder um und ging auf und ab, bis ich ein Rascheln im Wald hörte, und da kam sie endlich. Sie trug ein luftiges, fliederfarbenes Sommerkleid und hatte offene, hellblonde Haare mit einer kleinen roten Rose im Haar. Ihre himmelblauen Augen strahlten mich an. Ich war der glücklichste Mann der Welt, sie in meinem Leben zu haben. Voll und ganz ohne Verluste, ohne Zweifel, ohne Blutvergießen,... Sie lächelte mich mit ihren strahlenden Augen an, ich ging auf sie zu, nahm ihr zartes Gesicht in meine Hände und wir küssten uns. Ich genoss jede Bewegung ihrer Lippen und er Duft ihres leichten Parfüms, der in der Luft hing und mich umhüllte.

ZARTHs Krieger - Gefangen zwischen Licht und SchattenWhere stories live. Discover now