Kapitel 39

83 17 26
                                    

Ω

Zorn. Wut. Hass. Verzweiflung. Traurigkeit. All die Gefühle mischten sich in einen gemeinsamen Cocktail und übernahmen die Kontrolle über meinen Körper. Mit zusammengekniffenen Augen sah ich die Meisterin an. Gleich würde ich ihr diese Krone vom Kopf reißen. Mein Herz schlug rasend schnell, doch kräftig und lebendig. Es brannte vor Rache.

Immer hatte ich daran geglaubt, dass Philomena einen Schutzmechanismus ausgelöst hatte, und war deswegen von den Klippen gesprungen, weil ich ihr die Wahrheit gesagt hatte. Nie hätte ich es mir zu träumen gewagt, dass Trienia dahintergesteckt hatte. Nie. Sie hatte sich zum Teufel selbst entwickelt, aber, dass sie mir so etwas antun könnte, hatte ich nicht für möglich gehalten. Wir gehörten schließlich derselben Seelenfamilie an und kannten uns schon immer. Wir waren Familie! Seelengeschwister! Und heute geschah es zum zweiten Mal und ich war ebenso machtlos wie damals.

Die dunkle Magie hatte sie zu einem Monster gemacht, das nicht mehr zu stoppen war. Ein kurzes Aufblitzen ihrer damaligen Gestalt erschien vor meinem inneren Auge. Ich sah sie neben mir durch die Lüfte segeln. Ihre Haare wehten im Wind und ihre Flügel bewegten sich harmonisch zu ihrem Körper. Sie war schon immer willensstark, strebsam und temperamentvoll gewesen, doch dieses satanische „ICH" verstärkte diese Eigenschaften noch zusätzlich.

Es wurde Zeit, dass jemand ihr diesen Teufel austrieb. Das würden Tilonas und ich heute erledigen. Und wenn ich Luzifer eines schönen Tages höchstpersönlich in die Hände bekam, dann würde ich ihm die Kehle umdrehen, auch wenn ich dies durch seine Unsterblichkeit täglich machen musste. Das machte mir nichts aus. Er hatte mir alles genommen, was mir lieb und wichtig war. Nur Tilonas noch nicht.

Ein Knurren kam tief aus meiner Kehle und nichts hielt mich mehr zurück. Der Schmerz und die Wut zugleich saßen so abgrundtief, es wurde Zeit, sie zu entfachen. Ich hob meine Hände und die Schatten um mich herum türmten sich auf. Noch nie waren sie so ungeheuerlich gewesen wie heute. Sie glichen einem Gewitter, das sich lange genug aufgeladen hatte und bereit war, alles niederzuschmettern, was in ihm steckte. Ich blickte kurz zu Tilonas. Er sah ebenso wütend aus wie ich. Seine Haare standen ihm zu Berge, sein Blick war eisern und entschlossen und in seinen Händen sammelten sich Blitze. Ich konnte mich nicht erinnern, wann sein Licht je Blitze heraufbeschworen hatte, anstatt der reinen Sonne. Er musste ebenso geladen vor Wut sein wie ich selbst. Kaum ersichtlich nickte er mir zu. Die Rache war unser!

Mein Blick fiel zurück zu Trienia, oder Meisterin, wie auch immer. Diesen Titel hatte sie sich nicht verdient. Sie war gerüstet für den Kampf und wiegte ihr Schwert erwartungsvoll in ihren Händen ab. Über ihre Lippen schlich sich ein arrogantes Lächeln, das ich ihr jeden Moment zertrümmern würde.

„Ach, endlich leisten wir uns mal einen Dreikampf. Wie unfair. Also, zeigt mir, was ihr drauf habt, sonst glaube ich ja noch, das hier wäre der reinste Spaziergang", sprach sie unverdrossen. Um uns herum klirrten die Schwerter, Schreie ertönten und in den Augenwinkeln prallte Licht und Dunkelheit aufeinander, doch die Helligkeit wurde gnadenlos zerfressen.

Mit mutigen, großen Schritten gingen wir auf sie zu und Tilonas und ich bildeten, nach Jahren an Streitigkeiten endlich wieder eine gemeinsame Einheit. Zu meinem Überraschen übernahm er den Vortritt und schoss einen seiner Blitze auf sie zu. Diesen wehrte sie geschickt mit dem Schwert ab und ließ ihn auf mich los. Ich sprang in die Luft, drehte mich in eine Schraube ein und wich dem Angriff aus. Dazwischen schleuderte Tilonas weitere auf sie zu und nach meiner Defensive preschte auch mein Schattengewitter auf sie ein. Zuerst ließ sie ihre Dunkelheit die Blitze in sich einsaugen, indem sie ihre freie Hand hob, und mit einer kleinen Geste schwirrte ein Teil ihrer aufgetürmten Macht auf Tilonas Blitze zu. Als sie diese absorbiert hatte, schleuderte sie die Dunkelheit, als auch Tilonas Blitze auf ihn. Mit einem Sprung in die Lüfte wich er den Blitzen aus, doch die dunklen Schatten waren gerissen genug und trafen ihn genau in diesem Moment, als sich bereits ein zuversichtliches Schmunzeln über seine Lippen gelegt hatte. Er wurde von ihren Schattenwolken weggeschleudert und landete in den Massen der anderen Engel, mitten im Gemetzel.

ZARTHs Krieger - Gefangen zwischen Licht und SchattenWhere stories live. Discover now