Kapitel 41 (Teil 1)

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Schlaftrunken rieb ich mir meine Augen und ich gähnte herzhaft. Wie lange hatte ich denn geschlafen und wieso schmerzte mein Rücken so sehr? Da drängten sich die Erinnerungen meines Traumes in den Vordergrund. Zuerst war nur reines Licht zu sehen gewesen und eine tiefe, klare Stimme hatte sich mit mir unterhalten. Daraufhin erinnerte ich mich noch an eine bunte Blumenwiese. Ich bewegte meine Arme und Beine, richtete mich auf und öffnete verschlafen die Augen.

Der Anblick zog mich aber sofort in die Realität zurück. Ich riss meine Augen weit auf und erneut durchfuhr mich ein Schmerz in meinem Rücken, denn ich war auf der Treppe zur Kirche abgelegt worden. Auf dem Areal herrschte das reinste Chaos, Schwerter wurden aneinander geschliffen, kreischende Schreie ertönten und helles und dunkles Licht warfen sich aufeinander. Ich blickte nach oben und eine abgründige, schwarze Gewitterwolke hatte sich über den Himmel gelegt. Blitze schlugen immer wieder auf das Schlachtfeld ein und der Boden vibrierte. Keine Sterne waren zu sehen und zum Glück passten sich meine Augen schnell an die Dunkelheit an. Obwohl die Schlacht ihr Zentrum eher am Ende des Areals hatte, waren auch hier Engel und Schattenwesen im Kampf überall verstreut. Immer noch wie versteinert saß ich auf der Stufe. Manchmal tänzelte ein goldenes Licht in den Himmel, doch dann wurde dieses von der dunklen Schattenwolke eingesaugt. Jede aufsteigende Seele gab ihr mehr Macht und sie wuchs immer weiter an. Der Schatten war wie ein Bär, der gerade zu seinem Festmahl erschienen war und alles in sich verschlingen würde, was ihm in die Quere kam. Da zuckte ich zusammen und ein stechender Schmerz brannte in meiner Brust. Mein gesamter Körper verkrampfte sich und ich rang nach Luft. Was war mit mir los? Die Meisterin hatte mich eben mit einem Dolch erstochen oder nicht? Sofort blickte ich nach unten, doch weder die Klinge steckte in meinem Oberkörper, noch war ein Zeichen einer Wunde zu sehen. Mein T-Shirt war etwas zerrissen und das war alles. Wie war das möglich? Ich griff mit meinen Fingern an meine Brust, wo noch nicht lange der Dolch darin gesteckt hatte. Meine Lungen brodelten und erneut drohte ich zu ersticken. Ich tastete hektisch weiter, aber keine Wunde, nicht mal eine Narbe war zu spüren. Mit einem Schlag war der Schmerz verschwunden und ich konnte wieder aufatmen. Immer noch starrte ich auf das fehlende Loch in meiner Brust. Kein Kratzer wies daraufhin, dass ich eben beinahe zu den Toten gehört hatte.

Was war passiert? Wieso war ich geheilt? Wieso war meine Seele nicht dem hungrigen Bären zum Fressen vorgeworfen worden und landete stattdessen zurück im Körper? Ich war doch mit einem goldenen Licht von hier weggeflogen. Vielleicht war ich auch gar nicht mehr ich, sondern ein seelenloses Wesen. Nein, bestimmt nicht. Tilonas oder Ouriel hatten mich vor meinem Tod heilen können. Darum war ich zurück. Das musste es sein, denn eine andere logische Erklärung konnte ich mir nicht vorstellen.

Ich konnte jedoch nicht länger den Fragen nachsinnen, denn da hämmerte eine Stimme in mein pochendes Herz. Sie wärmte mich und gab mir neue Hoffnung. Ich hörte sie in mir flüstern:

‚Verbinde all die Kräfte, du bist die Brücke zwischen den Welten'

Etwas verwirrt schüttelte ich meinen Kopf. Mein Herz fühlte immer noch Geborgenheit in sich selbst. Dennoch wollt ich die fremde Stimme beiseiteschieben, doch es gelang mir nicht. Nur widerwillig begann ich über diese Aussage nachzudenken.

Was konnte damit gemeint sein? Welche Kräfte? Vielleicht meinte die Stimme mein Licht und Schatten? Kurz hielt ich inne und überlegte weiter, während ich immer noch die klirrenden Schwerter im Hintergrund hörte. Dann war ich mir schlagartig sicher, dass meine Kräfte gemeint waren. Doch wie konnte ich sie denn bündeln, wenn sie so unterschiedliche Auslöser hatten, und wer steckte hinter dem Gesprochenen?

Die Stimme kam mir doch von irgendwo bekannt vor, nur von wo? Ich fand jedoch kein Gesicht dazu. Auch in meinem Traum hatte ich eine Stimme hören können, die mich umgeben hatte. War es dieselbe? Das konnte nicht sein, denn ich erinnerte mich nur an Bruchstücke eines Gespräches. Hatte dieser Traum ebenso eine Bedeutung wie der Spieluhr? Ich hatte aber keine Zeit, mich nun genauer damit zu befassen...

ZARTHs Krieger - Gefangen zwischen Licht und SchattenWhere stories live. Discover now