Kapitel 14

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Gehüllt in dieses goldene Licht kam ich langsam zu mir. Doch die Ereignisse vor dem Leuchten ließen mich erschaudern. Völlig in Panik riss ich meine Augen auf. Ich befand mich immer noch im Turm und saß auf dem Stuhl vor dem Schminktisch. Ich blickte auf meine Hände herab. Sie waren leer. Die Spieluhr war zu Boden gefallen und mein Atem ging schwer. Was war gerade geschehen? War das ein Traum gewesen?

Ich beugte mich nach vorne und nahm die Spieluhr vom Boden auf, öffnete sie und blickte wiederum in den Spiegel. Doch da war niemand außer Mayra. Hatte ich mir das eben eingebildet oder was war geschehen? Mein Atem ging noch schwerer und ich rang nach Luft. Es fühlte sich so an, als würde ich ersticken. Ich musste hier raus, und zwar schnell!

In Panik nahm ich eine uralte Jacke aus dem Schrank und ein paar eklige Pantoffeln. Alles war mir recht. Ich wollte nur an die frische Luft. Tilonas wäre vermutlich nicht begeistert, wenn ich im Park herumspazierte, darum beschloss ich, es so gut wie möglich unbemerkt zu machen. Er hatte mich ja ebenfalls zurückgewiesen und schien mir nicht ganz die Wahrheit zu sagen.

Ich eilte zur Tür und riss sie mit einem gewaltigen Schwung auf. Fast wäre ich die Stufen runtergefallen, denn vor der Holztür führte die enge Treppe nach oben oder unten. Ich entschloss mich, nach unten zu gehen. An der letzten Stufe angekommen, öffnete ich die Tür. Wiederum war es ein Bild an einer der Wände im Hauptsaal. Leider hatte ich keine Zeit, es mir in Ruhe zu betrachten. Eines war mir jedoch klar, es war nicht derselbe Turm, in dem Tilonas und ich ein paar Tage zuvor gewesen waren.

Ich streckte meinen Kopf langsam durch die Türe, um zu sehen, ob die Luft rein war. Der Raum war überfüllt mit unzähligen Leuten. Viele saßen auf den Schlafsäcken und unterhielten sich. Manch andere spazierten unruhig im Saal herum. In der Mitte war die große Statue von Philomena zu sehen. Ohne jemanden entdeckt zu haben, den ich kannte, schlüpfte ich hastig durch die Tür. Das Ziel war bereits in Sicht. Mit hastigen und sicheren Schritten marschierte ich Richtung eisernes Tor. Trotzdem spähte ich in der Halle umher, falls Tilonas, Yruel oder Josie zu sehen waren. Niemand war in der Nähe, also war ich sicher. Bevor ich zu den Engeln am Tor ankam, atmete ich tief ein, richtete meinen Oberkörper auf und lief stolz zu den Wachen.

„Öffnet das Tor, ich will austreten", sprach ich erhoben. Hoffentlich würde ihnen meine Unsicherheit und Nervosität nicht auffallen und dazu noch meine unzutreffende Wortwahl. Innerlich griff ich mir an die Stirn und schüttelte meinen Kopf.

„Wie Sie wünschen, Philomena", bekam ich als Antwort.

Sie öffneten das Tor für mich und ich trat stolz hinaus. Eine Brise frische Luft traf mich und ich atmete einmal tief ein. Endlich konnte ich wieder durchatmen. Eigentlich erwartete ich, dass der Park völlig von der Dunkelheit zerstört wurde. Doch ganz im Gegenteil. Er war noch schöner, als ich ihn vor ein paar Tagen besucht hatte. Die Pinien strahlten ein saftiges Grün, Blumen blühten auf der Wiese und Vögel sangen. Es war wie eine Oase des Glücks.

Bevor mich aber dennoch jemand draußen bemerkte, eilte ich die Stufen hinunter und suchte mir einen abgelegenen Ort hinter ein paar Büschen direkt vor dem Schutzschild.

Ich ließ mich zu Boden fallen, legte mich auf die weiche Wiese und genoss den Moment. Öfters plagten mich die Träume der letzten Nacht, doch so ein intensives Gefühl hatte ich noch nie wahrgenommen. Was hatte er nur zu bedeuten? Mit ziemlicher Sicherheit wurde ich in diesem Traum getötet. Hatte mir Philomena eine Botschaft senden wollen oder war das eine Erinnerung an meine Vergangenheit? Ich verstand nicht, was das zu bedeuten hatte. Immer noch verwirrt, versuchte ich die Bilder nun abzuschütteln und nicht mehr daran zu denken, vermutlich ging meine Fantasie wieder einmal mit mir durch. Somit jedes Mal, wenn der Traum in meinen Kopf schoss, stellte ich ihn hinten an. Das funktionierte auch mehr oder weniger.

Ich schloss meine Augen und versuchte mich mit etwas Musik abzulenken und zu beruhigen. Leise sang ich ein bekanntes Lied vor mich hin, das mir gerade in den Kopf schoss ...I'm the one who wants to be with you... Deep inside I hope you feel it too... Waiting on a line on greens and blues... Just to be the next to be with you...

„To be with you, Mr. Big von 1991. Ein Klassiker. Das war eine Zeit, was?", hörte ich eine fremde Stimme sagen.

Völlig überrascht fuhr ich hoch und blickte um mich. Niemand war zu sehen. Wer hatte denn da gesprochen? Vermutlich war es eine weitere Wahnvorstellung von mir gewesen. Also legte ich mich wieder hin und schloss die Augen, während ich mit meinen Fingern die Stirn massierte.

„Wieso singst du nicht weiter?", fragte mich dieselbe tiefe Stimme.

Dieses Mal war ich mir sicher, dass dies nicht nur in meinen Vorstellungen geschah. Er musste echt sein. Wieder fuhr ich hoch und ließ meine Augen in der Gegend umherschweifen. Keiner war da.

„Wer ist da?"

„Entschuldige", sprach der Fremde, „ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin auf der anderen Seite der Kuppel."

„Ach, okay. Was machst du denn da drüben? Komm herein, hier bist du in Sicherheit."

Keine Antwort kam zurück.

„Halt, warte... bist du... bist du...", stotterte ich und mein Körper spannte sich an. Sofort stand ich auf, bereit die Wachen zu rufen. Doch irgendetwas hielt mich davon ab. Denn obwohl die Stimme fremd war, kam sie mir bekannt vor.

„EinDämon der Schatten?", vollendete der Fremde meinen Satz.

ZARTHs Krieger - Gefangen zwischen Licht und SchattenWhere stories live. Discover now