Kapitel 40

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Schneller als Licht und Schall es je sein könnten, eilten wir durch das Weltall, vorbei an prächtigen Planeten und funkelnden Galaxien. Beinahe alles, was mich auf dem Erdenstern als Mensch zerfressen hatte, konnte ich zurücklassen. Endlich konnte ich wieder ich sein und den Schalter meiner verdrängten Erinnerungen umschalten. Mit Leichtigkeit vernahm ich ein Klacken und die gesamte Vergangenheit prasselte auf mich ein. Alle, sogar die Male, an denen ich zu Zarth höchstpersönlich gehen durfte, kamen zu mir zurück. Eine einzige Sache scharrte an meiner Seele und ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Wie konnte ich nur...

Das Licht, das mich einhüllte, legte nun ein Gefühl des Friedens über mich. Es breitete sich in mir aus und ich ließ mich immer näher zur Zentralsonne bringen. Genau an den Ort, an dem jede Seele von Zarth ausgesandt wurde. So durfte auch meine Seele zu ihm zurück, aber ohne meine menschliche Hülle. Im Moment bestand ich nur aus purer Energie und für ausschließlich Wesen sichtbar, die meinesgleichen waren. Die Reise dorthin dauerte nicht lange und in weiter Ferne erblickte ich ein gigantisches, hell strahlendes Licht. Es war die Zentralsonne, die ihre Strahlen und Energien bis ins ganze Universum verströmte. Anfangs blendete das Licht mich , doch ich gewöhnte mich an ihre Ausstrahlung. Immer näher rückten wir dem Leuchten, bis wir ganz von ihm umgeben waren. Hier gab es nichts anderes als pure Energie. Jede Seele wurde an diesem Ort wieder aufgeladen, egal, wie sehr sie ausgelaugt worden war über ihr Erlebtes auf den verschiedenen Planeten und Zivilisationen. Ich war erleichtert zu wissen, dass all meine Erinnerungen zusammengefügt waren und ich bewussten Zugriff darauf hatte. Trotzdem stieg das Gefühl der Enttäuschung und des Versagens weiter in mir hoch und drängte den Frieden des kleinen Lichtes in mir zurück. Ich hatte Tilonas, Ouriel und den ganzen Erdenstern im Stich gelassen und konnte sie nicht mehr retten. Hätte ich nur meine Erinnerungen zurückerlangt. Ich hatte es immer wieder versucht, doch mein Geist hatte es nicht zulassen wollen. Zumindest hatte ich Mayra mithilfe der Spieluhr die Vision vermitteln können, die ich von Zarth erhalten hatte. Dennoch war mir unklar, was der Traum zu bedeuten hatte, ich hatte es ja dennoch nicht verhindern können.

Das Licht, das mich trug, setzte mich nun sanft an der Oberfläche der Sonne ab und verschwand wieder in die Weiten des Universums zur nächsten Seele, die den Weg zur Zentralsonne verdient hatte. Ich hatte mir dieses Glück bei Weitem nicht verdient, denn all die anderen wurden in die Macht der Dunkelheit gerissen.

Geduldig wartete ich an Ort und Stelle, denn als Nächstes würden die Lichthelfer von Zarth kommen und würden meine Seele zu meinem Zuhause auf der Zentralsonne geleiten. Normalerweise würde man Zarth nicht begegnen, ich hatte ihn bisher nur zwei Mal in meinem Seelenleben gesehen. Damals, als ich darum gebeten hatte, Mensch zu werden und als sich meine Seele würdig erwiesen hatte, als Erzengel durch die Galaxien zu ziehen. An dem Tag hatte er meine Seele in Empfang genommen und hatte die unsterbliche Hülle als göttliches Wesen für mich geformt. Bis heute erfüllten seine Worte meine Seele mit Liebe, als er verkündet hatte:

‚Du bist die Brücke zwischen den Welten.'

Das war mein Schicksal. Ich war immer diejenige gewesen, die als Erzengel zwischen den Stühlen gesessen hatte, bis ich das nicht mehr gewollt hatte, weil ich... Innerlich vibrierte ich bei den Erinnerungen an die Katastrophe. Schließlich hatte ich ihn gebeten, mich davon zu erlösen. So war es dazu gekommen, dass ich Jahrhunderte lang als Mensch wiedergeboren wurde.

Dieses Mal war es jedoch anders, wieder zurück bei ihm zu sein. Denn keiner der Helfer kam zu mir und brachte mich nach Hause. Ich wollte mich nun selbst auf den Weg begeben, doch mehr als das goldene Licht, das mich umgab, gab es nichts, wo ich hinkonnte. Nur die Lichthelfer konnten dich durchs Portal führen und in die heile Welt Zarths bringen. Ich sah sie förmlich schon vor mir, blühende Wiesen und Felder, prachtvolle Wälder und die vielen magischen Orte für Meditationen. Ein Platz war schöner als der andere und konnte mit keinem verglichen werden, den ich je auf der Erde zu sehen bekommen hatte. Sie waren noch tausend Mal herausragender, unberührter und friedlicher. Mit zwei kurzen Worten würde ich es als das ‚reinste Paradies' beschreiben. Mir wurde der Garten Eden meist nur für eine kurze Zeitspanne geschenkt, doch ich kannte Seelen, die schon seit Jahrhunderten darauf zu warten schienen, endlich in die Welten entsandt zu werden, um ihre Aufgaben zu erledigen. Zarth entschied, wann die Seele und die Zeit reif dafür waren.

ZARTHs Krieger - Gefangen zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt