Kapitel 101

2K 69 39
                                    

Meine Tränen floßen ohne Pause nachdem er weg gefahren war. Es war wie ein stich ins Herz ihn wieder zu sehen. Alle Gefühle kamen wieder hoch. Der Hass, die Wut, die Trauer...

Er hatte sich so aufrichtig Entschuldigt und ich war in dem Moment so verunsichert. Was sollte ich denn machen? Er ist mein Bruder. Er ist meine Familie. Ich liebe ihn aber war ich bereit ihm alles zu verzeihen? Es waren 6 Jahre vergangen. In den 6 Jahren war so vieles passiert, was mich stück für stück kaputt gemacht hatte. Das einzige.. der einzige der mich am Leben hielt war mein Sohn. Aber abgesehen von ihm war ich einfach eine leere Hülle. Ich war Einsam. Jeden Abend lag ich weinend in meinem Bett und dachte bis zum Sonnenaufgang über mein Leben nach. Ich gab immer mir die Schuld für alles. Ich dachte mir immer wenn ich doch eine bessere Tochter gewesen wäre und sich an ihre Eltern gewendet hätte, als ich Ehestreit hatte. Wäre ich eine bessere Ehefrau gewesen dann gäbe es diese Streitereien nicht. Hätte ich die Ehe einfach akzeptiert und versucht das beste daraus zu machen dann würde ich die ganzen Nächte nicht weinend und alleine in meinem Bett liegen.
Doch irgendwann wurde mir bewusst sie hätten sich auch alle besser verhalten können. Mein Vater und meine Mutter könnten bessere Eltern sein und auf meiner Seite stehen. Meine Geschwister hätten mich vor meinen Eltern verteidigen können. Mein Mann hätte mir zuhören können und dann wäre alles nie so passiert wie es passiert ist.
Mir wurde das zwar dann klar aber es änderte nichts daran, dass ich alleine war. Alleine mit einem Kind obwohl ich selber noch fast ein Kind war.
Ich musste die schlimmste Zeit alleine durchstehen und nun war ich alleine da angekommen wo ich war.
Dennoch darüber nachdenkend ob ich meinem Bruder all das verzeihen könnte...

Ich hatte zwar auch Emir verziehen aber bei meinem Bruder meinen Eltern und meinen anderen Geschwistern war es etwas anderes. Ich war ihr Fleisch und Blut und sie verstießen mich als wäre ich irgend eine Fremde.

Sogar meine Schwester glaubte daran, dass ich Fremdgegangen war. Meine Schwester vom der ich dachte, dass sie immer auf meiner Seite stehen würde.

Die Menschen die man am meisten liebt, die verletzen einen am meisten.

„Wollen sie einsteigen oder nicht?" riss mich die Stimme eines Mannes aus den Gedanken.

Ich schaute hoch und vor mir stand der Bus. Ich wischte schnell meinen Tränen weg und stieg ein.

Der Bus war leer und ich setzte mich nach ganz hinten.

Ich suchte in meiner Handtasche ein Taschentuch um mir meine Nase abzuwischen und mich langsam wieder zu beruhigen.

„Sie sehen aber ganz schön aufgewühlt aus." rief der Busfahrer von vorne nach hinten, während ich meine Nase putzte.

„Passt schon." sagte ich nur und schaute aus dem Fenster.

„Eine so hübsche Frau wie sie sollte nicht weinen." sagte er lachend und ich nickte schwach lächelnd.

Sollte ich beunruhigt sein?

Ich versuchte den Gedanken zu verdrängen und schaute weiterhin aus dem Fenster.

Nach einigen Minuten realisierte ich, dass wir bisher an keiner Haltestelle angehalten hatten. Nein wir waren nichtmal an irgend einer vorbeigefahren.

Ich schaute skeptisch nach vorne zum Busfahrer und erwischte ihn dabei, wie er mich durch den Spiegel beobachtete.

„Entschuldigung wieso haben wir bisher nicht einmal angehalten?" fragte ich um meine Angst zu verdrängen.

„Da gibt es so einige Baustellen und deswegen muss ich nen etwas längerem Umweg bis zur nächsten Haltestelle fahren." antwortete er.

Ich hatte kein gutes Gefühl dabei aber versuchte nicht an etwas schlimmes zu denken. Ich meine nicht jeder Mensch hat gleich Böse Absichten nur weil man das denkt.

Zwangsheirat: Verliebt in meinen Ehemann?Where stories live. Discover now