63 | weltenbruch.

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Am nächsten Morgen lag eine tiefe Schwere um das Schloss. Und selbst die Mäuse in den Wänden sahen voller Ehrfurcht der neuen Realität entgegen, zu der sie erwachten.

Dabei hatte Logan in der gesamten Nacht kaum ein Auge zugemacht.

Die Sonnenstrahlen glitten hämisch über die Tannenkronen. In zäher Manie kerbten sie sich in die Augenringe aller Schüler. Und als Anne ihren Vorhang aufschob, saß sie kerzengrade und unzerzaust in ihrem Bett.

Trotzdem sprach an diesem Morgen keines der Mädchen im Ravenclawschlafsaal ein Wort. Sie schälten sich stumm aus ihren Betten und die Stille spannte sich um sie wie ein Bogen. Fast so erdrückend wie die Angst.

Keine von ihnen erahnte, was für eine Welt sie von nun an betraten. Auf grauenhafte Weise war alles möglich.

Am Ende hatte vielleicht bloß Logan eine Ahnung davon. Wenn auch nur eine winzig kleine, als sie mit zynisch gespannten Lippen einen schmalen, unscheinbaren Kompass in ihre Umhangtasche steckte, bevor sie in die Große Halle gingen. Ein kleiner, unscheinbarer Kompass, der sich bei seinem Ziel noch immer sicher war.

Und als die Sonne über den Morgentau brach und die gefrorenen Wiesen glitzerten, sah sie es unbestreitbar genau: Der Kompass zeigte zum Schlossportal.

„Er kann Hogwarts nicht verlassen haben."

Naome war die erste, die an diesem Morgen etwas sagte. Die Trance, in der sie lagen, brach sie allerdings nicht, denn die große Halle sah nicht mehr heimisch aus. Der Platz an der Stirnseite des Raumes war leer. Und noch nie war Dumbledores stetige Anwesenheit für Logan so präsent gewesen wie nun, wo er fehlte. Und der Kompass in ihrer Umhangtasche noch nie so unerträglich schwer.

Dolores Jane Umbirdge thronte über der Schülermasse und sagte kein Wort. Lediglich ihre wulstigen Lippen kräuselten sich in Süffisanz.

Die große Halle in Hogwarts war totenstill.

„Ich bin mir sicher, dass er irgendeinen Plan hat."

Corben stocherte bereits seit einer halben Ewigkeit in seinem Rührei herum, als er endlich sprach. Auch seine Worte wurden beinah von dem dumpfen Grundrauschen in Logans Ohren erstickt, das jeden Funken Realität dämpfte. Als hätte sie einen Filter über ihre gesamte Existenz gelegt.

Kaum jemand in der großen Halle sprach. Selbst am Gryffindortisch war es still, die Hälfte der Schüler dort fehlte. Bloß die vereinzelten Diskussionen hinter hervorgehaltenen Händen stoben ein Summen durch den Raum.

„Einen Plan?" Naome zerquetschte ihren Apfelkompott in einer Schale, bis der Saft hinausquoll. „Der einzige Plan, den es für uns gibt, ist das Nachsitzen am Montag."

Und damit fielen sie in das bedingungslose Schweigen zurück, das sie ummantelte wie ein Kokon, den sie nicht durchbrechen konnten. Jeder von ihnen hing eigenen Unmöglichkeiten hinterher, klammerte sich an eigenen Erklärungen - die allesamt nichts daran änderten, dass der Platz ganz oben an der Stirnseite des Raumes leer war. Und dass Umbridge, mit erhabenem Blick und der Selbstzufriedenheit eines Kindes am Weihnachtsmorgen über die gequält vegitierende Schüllermenge starrte.

Und, dass der Kompass in Logans Umhangtasche lag und quer über die Ländereien zum Schlossportal deutete.

„Hey Jungs. Wie geht es euch?"

Ihre Stimme hallte schwer durch den Korridor des dritten Stocks, als sie Fred und George nach dem Frühstück entdeckte. Beinahe wären sie in der Menge Richtung Eulerei und Gryffindorturm verschwunden.

Der vergangene Abend und Freds betörende Nähe war Unendlichkeiten entfernt. Und als sie sich zu ihr herumdrehten, glaubte Logan kaum, dass der Junge aus dem Geheimgang wirklich kein Teil eines Traumes gewesen war. Du liebst ihn nicht. Du magst mich.

THE OUTCOME » fred weasley ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt