02| Keine Bestrafung

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Cold Cold Cold
Cage The Elephant

Sam [Saem]

»Es ist keine Bestrafung, Cortez.«, lachte Moreau und ich sah überrascht von der Akte auf. Ich hatte nicht realisiert, dass wir bereits das Büro meines neuen Vorgesetzten erreicht hatten und blieb abrupt hinter dem Geschäftsführer stehen. Ich sah abwartend zu der verschlossenen Bürotür, doch Moreau machte keine Anstalten sie zu öffnen. Stattdessen musterte er mich, mit diesem analysierenden Blick. Ich drückte wappnend meine Schultern durch: »Ich hab keine Ahnung, was Sie meinen, Sir.«

Er schnalzte unzufrieden mit der Zunge, »Du siehst aus, als hätte ich dich gefeuert, oder so etwas.« In gewisser Weise hatte er das auch. Ich arbeitete nun schon seit 7 Jahren in dieser Firma und hatte es tatsächlich bis hinauf auf die Führungsebene geschafft. Zwar hatte ich nur einen Fuß im Raum des Geschehens, aber ich stand wenigstens nicht mehr im Flur. Doch nun... Mein Blick flirrte zu dem geschwungenen Namen an der Tür. Mister Percival Moreau.

Seufzend wandte ich mich ab. »Das ist lediglich mein Gesicht, Sir.« Moreau öffnete schmunzelnd die Tür und betrat das Büro. »Wenn du das sagst.« Ich sah an mir hinab und strich meine Krawatte glatt, bevor ich schlussendlich meinen Fuß über die Schwelle setzte.

•••

Ich realisierte zwei Dinge, als ich dieses Chaos eines Büros betrat: dieser Job würde ein hartes Stück Arbeit werden und Moreau's Sohn hatte keinen Sinn für Inneneinrichtung. »Percival.«, meinte Moreau mit der ermahnenden Stimme eines Vaters und schritt durch das viel zu dunkle Zimmer. Verstohlen sah ich mich um. Die Jalousien hingen am helllichten Tag unten und die Luft war abgestanden und warm. Es fühlte sich an wie das Zimmer eines Teenies mit Schlafstörungen. Zügig folgte ich meinem Boss, bis der berüchtigte Sohn in mein Blickfeld fiel.

Ich blinzelte perplex. Wäre das Wort Unordentlich eine Person, dann würde sie mir in diesem Moment gegenüber sitzen. Eine gelöste Krawatte, achtlos über den Schultern, hellbraune Haare, die ihm in wirren Strähnen aus einem achtlosen Zopf hinab bis zu seinem Kinn fielen, dunkle Augenringe, versteckt hinter einem runden dünnen Brillengestell, welches ihm fast von der Nase rutschte, Fingerspitzen übersäht mit Tinten Flecken und- »Wer ist denn dieser Pseudo-Johnny-Depp-Streber-Abklatsch hier?«

Moreau fuhr sich, bereits nach drei Sekunden von dieser Konversation erschöpft, über die Stirn und seufzte vergebens. Erst dann realisierte ich, dass Percival damit gerade mich gemeint hatte. Keine Bestrafung, hm? Moreau warf mir einen knappen Blick zu, bevor er mich vorstellte. »Das ist Samuel Cortez. Du kennst ihn bereits.« Ich nickte knapp zur Begrüßung. Der Mann, immer noch hinter seinem Schreibtisch sitzend, musterte mich, so wie er es bereits heute morgen im Meeting getan hatte. »Tue ich das?« Ich erwiderte seinen Blick erbarmungslos.

Ich kannte Typen wie ihn. Musste ich, nach Jahren in diesem Business. Er nahm mich kein Stück ernst.»Freut mich sehr, Sir.«, raunte ich. Seine Mundwinkel zuckten und er erhob sich langsam von seinem Stuhl. »Nein, tut es nicht.« Moreau drücke den Rücken durch, »Perc-« Sein Blick schnellte zu seinem Vater, bevor dieser ihn erneut ermahnen konnte. »Dein Assistent sieht aus, als wäre er gerade überall lieber, solange es nicht hier ist.«, stellte er fest und ich hob überrascht die Augenbrauen. Er wusste also doch, wer ich war. Moreau sah kurz zu mir zurück, bevor er mit den Schultern zuckte, »Ach, das ist nur sein Gesicht.«

Percival sah vor sich hinschmunzelnd auf seine Unterlagen hinab »Du kannst ihn wieder mit nehmen, Dad. Ich brauche keinen Babysitter.« Der Blick des jungen Moreau flirrte durch den Raum, »Wenn dann schon eher eine Putzfrau.« Wieder dieses Zucken der Mundwinkel, bevor er mich ansah. »Sagen Sie, Cortez. Haben Sie Erfahrung mit Staubwed-?«
»Ach sei still!«, zischte der Geschäftsführer und ich wünschte, ich wäre nicht Teil dieser Familienfehde.

»Das sind wir doch bereits Heute morgen alles durch gegangen! Cortez ist einer der Besten hier. Er wird dein persönlicher Assistent, hast du das verstanden?« Percy stützte seine Arme auf die Tischplatte, lehnte sich provozierend zu uns hinüber. Ich sah an ihm hinab. Selbst auf seinem Hemd war Tinte.  »Wenn er so gut ist, dann adoptier ihn doch! Wenn er so ist, wie du sagst, macht er sich doch bestimmt auch gut als Sohn, meinst du nicht?« Mein Blick wanderte zu der Uhr an meinem Handgelenk. Ich hatte bald Mittagspause. Was es wohl heute in der Kantine gibt? Moreau stütze ebenfalls seine Arme auf die Platte und leitete damit eine Art niederstarren ein. »Fordere mich nicht heraus. Vielleicht mache ich das sogar!«
»Bitte! Nur zu!«

Sekunden die sich anfühlten wie eine halbe Ewigkeit, hörte man nur das Knistern ihrer kollidierenden Blicke, bis ich mich dezent räusperte. »Falls Sie noch etwas besprechen haben, werde ich solange g-« Moreau wirbelte zu mir herum, sodass ich befürchtete, er würde einen der tiefen Aktentürme mit sich reißen, »Nein.«, meinte er streng und er schien vom belehrenden Vater wieder zurück zu dem Boss zurückzukehren, für den der Rest der Welt ihn kannte. »Ich werde gegen.« Percival richtete sich auf. »Dad-«
»Ich hab noch eine Besprechung,« der ältere Herr eilte an mir vorbei. »Dad!« Die Tür viel ins Schloss und ließ uns in einer unangenehmen Stille zurück.

Seufzend ließ sich Percival zurück in seinen Stuhl sinken. Er schwieg so lange, dass ich mir sicher war, dass er meine Anwesenheit bereits vergessen hatte, als sein Blick sich ruckartig wieder auf mich legte. »Samuel Cortez war das, richtig?« Ich nickte knapp. »Na gut.« Er fuhr sich über die Stirn, als hätte er Schmerzen. »Ich denke, meinen Namen müssten Sie spätestens nach der Predigt meines Vaters kennen, also spare ich mir meine Vorstellung.« Ein leichtes Neigen seines Kopfes, sorgte dafür dass sich weitere Strähnen lösten. »Samuel, Sam- ist es okay, wenn ich dich Sam nenne?« Ich starrte ihn stumm an. Er nickte, als wäre damit alles geklärt, und begann weiter in seinen Unterlagen zu kramen. »Sam ist es also. Nenn mich einfach Percy.« Lieber würde ich nackt durch die Marketingabteilung spazieren.

»Du bist also ab sofort mein Sekretär un-«
»Assistent.«, fiel ich ihm ins Wort und er sah überrascht auf, musterte mich erneut. »Hm. Ist so gut wie das selbe.« Ich verschränkte meine Arme hinter meinem Rücken, verlagert das Gewicht. »Wie du vielleicht fest gestellt hast, ist das hier wieder eine der Phasen meines Vaters, in dem er denkt, dass er irgendwelche längst verjährten Fehler seiner Erziehung mit plötzlicher unangebrachter Sorge wieder ausbügeln könnte. Deswegen wird das hier anders laufen, als du vielleicht erwartest.«, brabbelte Percy und zog eine Akte hervor, blätterte darin herum.

»Ich brauche keine Hilfe. Also... tu das was du sonst so hier tust, und wenn mein Vater fragt, sag ihm einfach-«
»Ich brauche Ihren Kalender, Sir.«, sagte ich und legte ihm die Dokumente des letztens Meetings auf den überfüllten Schreibtisch. Dieses ganze Chaos sorgte bereits dafür, dass es unter meiner Haut unangenehm kratzte. Percy erstarrte in seiner Bewegung und hob den Kopf. Ich öffnete den Ordner, den ich bereits angelegt hatte. »Mister Howel ist in der Stadt bezüglich des Stahl-Deals und ich muss wissen, wann Sie bezüglich eines Geschäftsdinners zur Verfügung stehen.« Verwirrt sah er mich an, »Ich sagte doch gerade, ich-«

Ich lies die Mappe zu klappen und seufzte tief. »Bei allem Respekt, Sir. Auch wenn sie dass vielleicht annehmen, bin ich nicht hier um Ihren Babysitter zu spielen. Manche in dieser Firme sind hier um zu arbeiten. Haben Sie nun einen Kalender oder soll ich einen für Sie anlegen?«

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now