80| Einen Tanz?

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End of the Earth
Lord Huron

Percy

»Sieh an! Sieh an! Das Teufelchen Heute mal nicht ganz so scheußlich?«, zog Lancelot auf, während er Darcys stürmische Umarmung ausglich, in dem er sie einmal durch die Luft wirbelte. Kichernd sah sie zu ihm hinab, »Schade, du siehst immer noch so aus, als wärst du beim Friseur eingeschlafen!«, stichelte sie in den Armen ihres Onkels zurück. Lancelot, heute mal ausnahmsweise in Anzug und Krawatte, kniff die Augen zusammen, »Der war schwach.«
»Yeah, ich wollte dich eigentlich fragen, ob du deinen Look bei einem Steuerberater mit Eheproblemen abgeschaut hast, aber das wäre eine Beleidigung für den Steuerberater gewesen.« Stolz grinsend setzte er sie wieder ab, »Schon besser.«

Ich nippte kopfschüttelnd an meinem Champagner, verfolgte still diese Interaktion, als er sich endlich zu mir umdrehte. »Na?«, zog er mich auf, und stupste mich in die Seite, »wie fühlt es sich an, nun einer der führenden Anzugscheißer in der Stadt zu sein?« Seufzend sah ich über die Menge hinweg, »Ich dachte der Stress wäre vorbei, wäre das Jahr endlich um.«, gestand ich völlig fertig. Ich lag ja so falsch. Und im Nachhinein war das ein sehr dämliches Gedanke gewesen. Aber um ehrlich zu sein, war es sowieso mehr eine Hoffnung gewesen. So bald ich den goldenen schimmernden Saal voller Prunk und Schnörkel betreten hatte, war so ziemlich jeder auf mich gestürzt, als wäre ich frische Beute. Lancelot lachte schadenfroh auf.

Er war eine Stunde zu spät zu dem Event in dem Sommerhaus meiner Eltern vorgefahren und hatte wie immer einen dramatischen Auftritt hingelegt, als er während der Rede unseres Vaters die riesigen Treppen zum Saal hinab spaziert kam und fragte, ob er was wichtiges verpasst hätte.

Nun war die erste Welle der Glückwünsche vorbei und ich konnte mich in den Schatten am Rand verstecken, während die ersten begannen auf der Tanzfläche zu tanzen. Erneut ließ ich meinen Blick über die Anwesenden wandern, so wie schon so oft in der vergangenen Stunde, doch es war immer noch keine Spur von ihm zu sehen. Sam verspätete sich. Und mit jeder Nachricht, die ich ihm hinterließ auf die er nicht antwortete, wurde ich unruhiger. »Suchen wir jemanden?«, fragte Lance, als er meinem Blick folgte. »Hast du was von Sam gehört?«, fragte ich, obwohl es unwahrscheinlich war das ausgerechnet Lancelot wissen würde, wo er steckte. Er wandte sich mit einem besorgten Blick zu mir, »Nein, ist er denn nicht mit euch gekommen?« Ich strich mir die Krawatte glatt, »Nein, er meinte-«
»Onkel Lance!«, meinte Darcy und zog an seinem Jackett. »Tanzt du mit mir?« Überlegend tippte er sich an sein Kinn, »Ich denke ich würde lieber sterben.« Darcy verdrehte die Augen, zog ihn aber weiter Richtung Tanzfläche. »Was ist mit deinem Vater?«, versuchte er sich weiter davor zu drücken, aber ich glaube Darcys Tanzaufforderung war nicht wirklich eine Frage gewesen. »Oh, ich tanze nicht.«, grinste ich in mein Glas und erntete einen finsteren Blick von meinem kleinen Bruder. »Denkst du etwa ich? Darcy, frag jemand anderen! Ich kann nicht mal-«
»Jetzt stell dich nicht so an!«, lachte Darcy und zog ihn weiter in die Menge. Keine Gnade.

Das Letzte, was ich von Lancelot sah, waren wie seine Lippen sich zu einem stillen Hilf mir formten.

Darcy schien an diesem Abend aufzublühen, was vor allem daran lag, dass die ganze Aufmerksamkeit auf ihr zu liegen schien. Und da sich unter den Anwesenden auch ein paar Reporter befanden, die eigentlich über den neuen Moreau Erben berichten wollten, und nun mit einer hyperaktiven 12 Jährigen konfrontiert wurden, die in jedem zweiten Satz ihren Nachnamen erwähnte, konnte ich die morgigen Schlagzeilen bereits riechen. Es konnte mir nicht egaler sein. Eher im Gegenteil. Es war befreiend.

Darcy lächelte, wie schon lange nicht mehr und der Abend zwischen den ausgelassenen feiernden Menschen, schien wie ein funkelnder goldener Schleier über meinen Sorgen. Es war perfekt. Wäre da nicht eine Sache. Erneut sah ich über die Menge. Erneut spürte ich das ziehen in meiner Brust, als er nicht unter ihnen war. Wo steckte er nur?

»Du hast dich gut geschlagen.«, erklang es hinter mir und für eine Millisekunde verspannte sich mein Körper in Hoffnung, bevor ich die Stimme erkannte. Schnaubend drehte ich mich zu Milena um, die sich ebenfalls in den Schatten verstecken zu schien. »Früher hättest du so was gehasst. Kein Geld der Welt hätte dich in diesem Saal länger als 10 Minuten gehalten.« Ihr Glas schwenkend, stellte sie sich neben mich, lies den Anblick ebenfalls auf sich wirken. Mich an die alten Zeiten erinnernd, lächele ich. Sie hatte Recht. »Ich bin selbst überrascht.«, gestand ich und sah zu ihr hinüber.

Milena trug ein dunkel blaues Kleid, ihre Haare elegant nach oben gesteckt. Ich neigte den Kopf schief. Mir war nie aufgefallen, dass auch sie erwachsen geworden zu sein schien. Seit unserem Gespräch vor ein paar Stunden im Wohnzimmer - unsere Version von einem Waffenstillstand - schien mich ihre Anwesenheit nicht mehr ganz so aus der Bahn zuwerfen. Eine Weile sahen wir den anderen beim tanzen zu, bevor sie wieder das Wort ergriff, »Ich habe gehört du tanzt nicht?« Empört hob ich die Augenbrauen, »Hast du etwa gelauscht?« Ihre Mundwinkel zuckten, »Niemals.«, raunte sie und ich stieß einen unglaubwürdigen Lacher aus. Wie war das noch gleich? Erwachsen?

Auffordernd nickte sie Richtung Tanzfläche und ich brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen was sie meinte. »Oh, nein. Auf gar keinen Fall!« Keine zehn Pferde würden mich dazu bringen. »Ach komm schon! Du kannst doch nicht den ganzen Abend am Rand versauern! Es ist deine Party schon vergessen?«
»Perfekt. Dann kann ich mich ja auch entscheiden, hier schön stehen zu bleiben.« Ermahnden sah sie mich an, »Percy.« Vehemnt schüttete ich den Kopf, »Nein.« Sie hielt mir ihre Hand hin und ich seufzte tief. Was wurde das hier? »Wir haben doch gerade darüber geredet, dass ich kein-« Sie schlug mir gegen den Oberarm, »Freundschaftlich, du Arsch!«, lachte sie empört. »Für wie verzweifelt hältst du mich?« Ich vernkiff mir die Antwort, und sah stattdessen erneut über den Ballsaal. »Ich warte auf jemanden.«, erklärte ich ihr. Sie legte, immer noch auf mich wartend, den Kopf schief, »Und das kannst du nicht während dem tanzen?«
»Können schon, es ist eher eine bewusste Entscheidung es nicht zu tun.« Ein erneuter Schlag, doch diesmal wich ich rechtzeitig aus.

»Percival Moreau, ich werde nicht zulassen, dass du am Rand versauerst.« Auffordernd wackelte sie mit den Wingern. »Nur ein Tanz, versprochen.« Ich zögerte immer noch. »Der wird dich schon nicht umbringen. Danach kannst du immer noch auf die Person warten, die es wagt den neuen Geschäftsführer von Moreau Enterprise zu versetzten.« Mit meinen Lippen zu einer dünnen Linie gepresst, sah ich zu ihrer Hand hinab, »Und danach lässt du mich in Ruhe in meiner Ecke schmoren?« Sie lachte auf, »Den ganzen Abend.«

Seufzend griff ich ihre Hand, »Aber nur einen Tanz.«

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now