56| Hallo Mitbewohner!

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Gracie Abrams

Sam

Mein Körper schmerzte, als ich mich auf den Beifahrersitz von Percy's Wagen schwang. Aber nichts war schlimmer, als die Erinnerung an die absolute Katastrophe, die mein Selbst damals in meinem Delirium hervorbringen musste. Mein Geschwafel rang mir wie eine konstante Demütigung in meinem Kopf. Die Verlegenheit schien mir praktisch auf der Haut zu brennen und ich wünschte, ich könnte hier und jetzt im Boden versinken. Warum hatte ich sowas nur gesagt? Es war als hätte ich jegliche Selbstbeherrschung verloren.

Ich spürte seinen Blick auf mir, doch ich tat so, als wäre ich tief in die vorbei rasende Gegend vertieft. Die Straßen verschwammen vor meinen Augen zu einer verschwommenen Masse, und ich rutschte schnell wieder in meine Gedanken ab. Ich wusste nicht, wie sich mein Ego danach noch wieder erholen könnte. Zudem musste Percy auch noch darauf bestehen mich nach Hause zu fahren, weswegen ich noch länger seinen besorgten Blicken ausgeliefert war. Ich sah stur weiter aus dem Fenster, tat so als würde ich ihn nicht mal bemerken.

»Sollen wir uns noch etwas zu Essen holen?«, fragte er. Ich kniff die Augen zusammen, bemerkte die Häuser an denen wir vorbei kamen. »Sam?« Warte mal ...? »Hast du schon was gefrühstückt?« Ich richtete mich in dem Sitz seines Wagens auf. Starrte auf die Straßen in die er einbog. »Wohin fahren wir?«, zischte ich, obwohl mir die Antwort schon längst klar war. Ich kannte diese Gegend. Ich fuhr sie fast jeden Tag, wenn ich Darcy von der Schule nach Hause brachte. Percy zuckte mit den Schultern, »Nach Hause.«
»Ich wohne nicht in dieser Gegend.«

Er presste lediglich die Lippen zusammen und ich unterdrückte ein genervtes Brummen. Das durfte doch wohl nicht sein Ernst sein! »Percy.«
»Du hast eine Gehirnerschütterung. Man kann dich in diesem Zustand nicht alleine lassen.« Meinte er das gerade wirklich Ernst? Erwartete er etwa, dass ich bei ihnen unterkommen würde? Wie ein College-student auf ihrem Sofa crashen würde? Bei meinem Boss? Nach all dem was vorgefallen war? »Fahr mich nach Hause.«, forderte ich. Er antwortete nicht, sondern sah stur gerade aus. »Das ist mein Ernst, Moreau. Fahr mich nach Hause, oder ich hole mir ein Taxi sobald dieser Wagen anhält.« Die Drohung prallte an ihm ab, wie der Wetterbericht im Radio. Frustriert krallte ich meine Finger in meine Jacke.

Seine Mundwinkel zuckten und ich ahnte böses. Stöhnend fuhr ich mir über meine dröhnende Stirn. Was hatte er getan? Percy fuhr weiter in Richtung seines Apartments. »Also... wie wärs mit nem Bagel? Ich würde jetzt sterben für einen-«
»Percy!«, ermahnte ich und sah ihn warnend an. »Fahr. Mich. Nach Hause!« Unruhig begann er auf dem Lenkrad zu tippen. »Das ist nicht möglich.«
»Das war keine Bitte! Ich meine das Ern-!«
»Du hast keine Wohung mehr.«, fiel er mir ins Wort.

Ich blinzelte. Verstand nicht. Was? Was zur Hölle meinte er damit? Ich holte tief Luft, »Percival.«, drohte ich flüsternd als ich realisierte, dass das kein Scherz war. Entschuldigend sah er in meine Richtung. »Ich hab deine Wohnung neu vermietet.« Ich starrte ihn an, konnte beim besten Willen seine Worte nicht verarbeiten. »Ich ... Ich habe einen Mietvertrag! Du kannst nicht einfach so meine Wohnung neu vermieten ich meine...« ich drehte meinem Kopf zu ihm hielt inne. Oh nein. Er hatte doch nicht etwa... »Hast du-«
»Ich hab' den Gebäudekomplex gekauft.«

Ein abgrundtief erschöpftes, fassungsloses Seufzen entkam mir. Ich versuchte nicht auszuflippen, dachte an die Schmerzen die mir das bereiten würde, kniff mir beruhigend in die Nasenbrücke. Atmen, ich musste Atmen. Aber es brachte nichts. Völlig außer mir wandte ich mich ihm zu: »Du hast das komplette Gebäude ... einfach so gekauft?«, Sein Blick flirrte kurz zu mir, »Yeah.« Yeah? Das war alles? Verdammte Milliardäre! »Percy.«, presste ich zwischen meinen Zähnen hervor. »Ich wohne in dieser Wohnung schon seit über 10 Jahren! Du kannst nicht einfach-!«, frustriert warf ich meine Hände in die Luft. Welcher Mensch tat so etwas?

»Du bekommst nur warmes Wasser, wenn jedes Licht in deiner Wohnung ausgeschaltet ist. Du bekommst nur einen einzigen Fernsehsender rein und die meisten deiner Fenster sind undicht. Du hast einen Schimmelfleck in deiner Abstellkammer und-«
»Es war meine beschissene Wohnung!«, keifte ich und sein Kiefer knirschte.

Ich atmete tief durch, rieb mir über die Schläfen. Nach einer Weile ergriff er wieder das Wort. »Du wurdest zwei Straßen von deinem Zuhause niedergestochen, Sam. Du hättest sterben können, ist dir das eigentlich klar?«, seine Hände umklammerten das Lenkrad so fest, so dass seine Knöchel weiß hervortraten. »Ich lass dich nicht wieder zurück in diese Gegend.«, murmelte er viel zu leise. Ich schloss für einen Moment die Augen. »Du hättest das vorher mit mir besprechen sollen.«
»Du hättest Nein gesagt.«, erwiderte er und ich unterdrückte eine Reihe von Flüchen, bei der sich meine Madre im Grab umgedreht hätte. Dieser Mann...!

»Und wo wohne ich jetzt?«, fragte ich nach dem ich mich soweit beruhigt hatte, das ich nicht mehr seine gesamten Ahnen verfluchen wollte. »Ich besorg' dir eine richtige Wohnung. Mit ner' funktionieren Dusche und ner' wundervollen Küche.«, er sah kurz zu mir hinüber und ich schüttelte schnaubend den Kopf. Natürlich würde er das. »Bis dahin wohnst du bei uns.«

Das ... war das absolut letzte was ich gerade hören wollte. Mein Plan war eigentlich gewesen, mich in meinen eignen vier Wänden vor Scham und Selbstmitleid zu verbarrikadieren. Und nun würde ich bei dem Mann einziehen, dem ich nicht nur eine Abfuhr erteilt hatte, sondern vor dem ich mich auch verhalten hatte wie ein besoffenes Teenager-Mädchen. Ach und neben bei war er nicht nur mein beschissener Vorgesetzter sondern auch einer der reichsten Männer New Yorks!

Ich ... brauchte definitiv mehr Kopfschmerztabletten.

»Dreh um.«, murrte ich schließlich und erntete einen skeptischen Blick von meinem neuen Mittbewohner. »Sam, ich werde-«
»Ich will ein paar meiner Sachen holen, wenn ich jetzt anscheinend länger nicht mehr zurückkehre.«, unterbrach ich ihn schnippisch. Fragend hob ich die Augenbrauen, als er nichts erwiderte. »Es sei denn, du hast bereits meine Habseligkeiten verkauft und sie jemand anderen untergejubelt?«

Percy verzog das Gesicht, setzte aber den Blinker. »Wie lange wirst du mir deswegen sauer sein?« Ich verschränkte schnaubend die Arme, »Ich habe 10 Jahre in dieser Wohnung gelebt. Dreimal darfst du raten.«

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now