44| Dunkelheit

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Shameless
Camila Cabello

Percy

Ich arbeitete in der Firma meines Vaters, schon bevor ich überhaupt so etwas wie Bartwuchs kannte. Auch wenn die meisten es mir nicht zutrauten, aber ich kannte die Regeln. Ich war mir jeder einzelnen Klausel vertraut, mit jeder Vorschrift, die Moreau vertrat. Ich hatte sie mir in meinen verplanten Kopf gebrannt, hatte sie peinlichst genau befolgt, so wie es ein guter Vorgesetzter tun sollte.

Doch in dem Moment in dem Samuel Cortez mich küsste, konnte ich mich nicht erinnern, dass Worte wie unangebracht oder falsch überhaupt existierten, geschweige denn diesen Augenblick beschreiben könnten. Als er mich küsste, vergaß ich absolut alles. Abgesehen von dem Gefühl seiner Lippen auf meiner.

Wenn Linda aus der Personalabteilung wüsste, dass ich - zukünftiger Geschäftsführer und Moreau Erbe- gerade in einer dunkeln Abstellkammer mit seinem Angestellten rummachte, würde sie ihre verstobene Katze Mr Whisker früher wiedersehen, als sie vielleicht vermutete.

Keuchend japste ich nach Luft, als wir notgedrungen den Kuss beenden mussten. Meine Augen flirrten durch die Dunkelheit, konnten gerade so schummrig seine Züge ausmachen. Ich wünschte, ich könnte gerade sein Gesicht klar und deutlich sehen. Jeden seiner Züge, seinen Blick, seine Lippen... Ich wollte es mir einprägen. Ich wollte sehen, wie Sam aussah, wenn ich ihn küsste. Ich tastete durch die Dunkelheit, meine Fingerspitzen voraus. Ich merkte, wie er kurz zusammenzuckte, als ich seine Wange erreichte. Wir waren nur Zentimeter von einander entfernt, als ich über seine Züge strich; wie ein Blinder versuchte, seine Züge auf eine andere Art zu sehen. Ich spürte seinen heißen Atem auf meiner Haut, als ich über seinen Bart strich, bis hin zu seinen Lippen - rau, einen Spalt geöffnet, wartend.

»Percy«, raunte er und ich schloss die Augen, fuhr weiter über seine Wangen hinauf zu seinen Schläfen. Seine Hände fanden meine Hüften, seine Stirn fand meine. Zittrig atmete ich ein, als wir lediglich ein paar Millimeter voneinander entfernt waren. Es schien als wäre ich zum ersten Mal in meinem Leben wach. Als wäre ich endlich bei klarem Verstand. Als wäre ich - »Percy« Meine Hände wanderten hinab zu seinem Hals, doch bevor ich ihn erreichte, hielt ich inne. Sam's Lippen streiften meine Wange, hinterließen den Schatten eines Kusses, doch er beließ es nicht dabei. Als würde er meine Berührung mit seinen Küssen nachahmen, bahnte er sich seinen Weg von meinen Schläfen, bis hinab zu meinem Kiefer. Berührungen So sanft, als wäre ich zerbrechlich.

Als er die empfindliche Haut hinter meinem Ohr erreichte, zog ich ihn augenblicklich näher, überbrückte den minimalen Abstand den unsere Körper noch trennte. Doch es war nicht nur die wenigen Zentimeter, die wir zurück ließen. Sein Hemd unter meinen Händen, seine Wärme, sein Körper, alles schien so unwirklich.  Seine Lippen legten sich auf meinen Hals und mein Kopf rollte zurück gegen das Holz, meine Finger krallten sich in seine Haare. »Sam.«, keuchte ich, wie ein Gebet gen Decke. Samuel erstarrte.

Seine Bewegungen hielten Abrupt inne, als wäre er von einem auf den anderen Moment zu Stein geworden. Ruckartig fuhr er zurück, lies von mir ab - flüchtete - als hätte er sich an mir verbrannt. Erschrocken starrte ich in die Schwärze. Noch nicht bei klarem Verstand. Was? Sein Atem kam abgehackt, »Ich-« Ich tritt einen Schritt in die Dunkelheit, doch bevor ich eine der tausend Fragen aussprechen konnte, die mir auf der Zunge lagen, wurde die Tür zur Abstellkammer aufgerissen.

Wie ein Vampir im Sonnenlicht, zuckte ich zusammen, das Licht wie Nadeln in meinen Augen. Schützend hielt ich eine Hand nach oben, versuchte zu erkennen, wer die Silhouette war, die uns aus diesem vorübergehenden Gefängnis befreit hatte. Blinzelnd kniff ich die Augen zusammen. »Hier steckt ihr also!«, fluchte eine bekannte Stimme. »Weißt du, ich dachte schon ihr hättet mich endgültig ausgesetzt.«, meinte Darcy und ich lachte erleichtert auf.

Ich schritt auf sie zu und zog sie in eine unvorbereitete Umarmung. »Was zum...?«
»Ich dachte schon, ich würde meine Renten-Tage hier verbringen müssen!«, lachte ich, als mir meine Sorge von den Schultern fiel. Darcy schnaubte in meine Schulter. »War ja klar, dass ihr es irgendwie geschafft habt, euch irgendwo selbst einzusperren. Ich hab' euch wie verrückt gesucht.« Ich schob sie ein Stück von mir, sah sie prüfend an. »Geht es dir gut? Ist was passiert als wir weg waren? Wie hast du uns überhaupt gefunden?«

Sie zuckte wie beiläufig mit den Schultern, »Glück, würde ich sagen.« Ich kniff die Augen zusammen. Ich wusste wenn meine Tochter log und gerade - »Wurde unser Stand schon ausgeraubt?«, erklang es hinter uns und ich verspannte sichtlich. Bei der Freude unserer Erlösung von der Dunkelheit, hätte ich beinahe vergessen, was noch wenige Augenblicke zuvor in jener dieser abgelaufen war. Beinahe. Scharf einatmend richtete ich mich wieder auf, drehte mich zu Sam um.

Unsere Blicke begegneten sich und ich musste Schlucken. Sam's Haare waren ein Chaos, sein Hemd war zerknittert und seine Lippen... »Nah, wir sind in einer Schule. Was denkst du denn, was für Verbrecher mit mir in einer Klasse stecken?«, kicherte meine Tochter und schritt auf ihn zu. Sam wandte den Blick von mir ab, lächelte zu meiner Tochter hinab, »Es ist dennoch New York
»Stimmt, da ist was dran.«

Darcy sah abwartend zwischen uns hin und her, »Können wir jetzt gehen?«, sie zog an meinem Ärmel. »Hier ist es zum Sterben langweilig! Wie wärs mit Kino?«, schlug sie vor. Erneut begegneten sich unsere Blicke und ich sah ihn fragend an. Kino? Fragte ich stumm und wusste nicht was genau ich von ihm erwartete. Ich erkannte seine Antwort, bevor er sie aussprach. Seine Brust hob sich schwer, als er tief einatmete, sein Blick weich wurde; »Ich glaube es wird Zeit für mich zu gehen.« Empört sah Darcy zu ihm auf, als er ihr entschuldigend durch die Haare wuschelte. »Was? Warum denn jetzt schon?«
»Tut mir leid, mi niña

Ich presste die Lippen zusammen, als sich ein schweres Gefühl meine Kehle hinauf kroch. Das Braun seiner Augen war tief in den Schatten der Schränke. Ein letzter Blick in meine Richtung, ein kurzes Nicken, »Percy.« Er schob sich an mir vorbei aus der Kammer hinaus - unsere Knöchel streiften sich für einen Atemzug- bevor er mich und meine Tochter allein lies. Ich sah ihm nach, redete mir ein, dass es ein Versehen wegen des fehlenden Platzes in diesem Höllenloch war. Nichts weiter. Ein Versehen. So wie alles davor.

Erschöpft fuhr ich mir über das Gesicht.

»Dad?« Ich sah zurück, zu Darcy und als ich ihren Blick begegnete lächelte ich so breit, wie es mir in diesem Augenblick möglich war. »Was hast du gemeint? Kino?« Skeptisch sah sie mich an, doch da verließ ich ebenfalls die Kammer. Schnell schloss sie zu mir auf. »Bist du dir sicher? Du siehst ein bisschen durch den Wind aus?« Ich lachte schrill auf, was ein bisschen zu panisch klang. »Es ist nicht gerade angenehmen, in einen Schrank gesperrt zu werden.« Darcy starrte den Gang entlang, »Und was jetzt?«

Ich zuckte mit den Schultern, fuhr mir gedankenverloren über den Hals. Ich wusste, dass Darcy über das Kino sprach, dennoch... Ich schluckte schwer,

»Ich habe keine Ahnung

Not your Secretary! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt