45| Aus dem Kopf kriegen

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Time To Leave
Darren Kiely
Percy

»Ihr habt es also in einer Abstellkammer getrieben?« Seufzend rollte ich mit den Augen. Hatte er eigentlich die letzte halbe Stunde überhaupt zugehört? »Himmel, Lance! Nicht jeder reißt sich gleich die Kleider vom Leib!«, grummelte ich und starrte hinab in die kühle Flüssigkeit in meiner Hand. Auch wenn ich nicht sagen konnte, wohin das geführt hätte, wenn Sam nicht zurück gewichen wäre. Ich sah hinüber zu Lancelot, der sich mit dem Rücken gegen das Geländer des Balkons gelehnt hatte und mich nun stillschweigend ansah.

Ich hatte den kompletten Kinofilm an nichts anderes denken können, als an diesen verdammten Moment in dem Sam mich... Ich konnte mich nicht mal daran erinnern welchen Film Darcy ausgesucht hatte. Als wir zurück in mein Apartment kamen, hatte es sich Lance bereits gemütlich gemacht. Ich hatte keine Ahnung wie er in unsere Wohnung gekommen war, oder was er hier wollte, aber ich fragte ihn auch nicht. Darcy war direkt in ihr Zimmer gestiefelt und ich hatte lediglich einen starken Drink gebraucht um Lancelot mein ganzes Herz auszuschütten.

»Okay, wie auch immer.«, schnaubte er und drehte sich ebenfalls Richtung Horizont, stütze seine Unterarme auf das kühle Metall. »Aber vielleicht wäre es gut gewesen.«, murmelte er in seinem Drink. Fragend sah ich ihn an. Wollte ich es wissen? Lance ließ mir keine Wahl. »Ich mein ja nur, so kriegst du ihn aus deinem Kopf.«, er tippte sich an seine Stirn. Ich verzog das Gesicht. So funktionierte das nicht. Ich wollte Sam nicht ins Bett bekommen. Ich wollte... Ich wusste nicht was ich wollte. »Ich kann nicht mit meinem Assistenten schlafen.«, raunte ich deswegen und trank ebenfalls einen kräftigen Schluck. »Aber auf dem Kuchenbasar deiner Tochter mit ihm in einem Schrank rummachen geht klar?« Stöhnend ließ ich den Kopf fallen, fuhr mir durch die Haare. Fuck. Das klang wirklich nicht gut. »Das war alles nicht geplant. Ich... Das war ein Versehen.«

Als er nicht antwortete, sah ich zu ihm auf. »Menschen küssen andere nicht aus Versehen, Percy.«, sagte er und klang dabei ernster, als ich ihn jemals gehört habe. Doch als er danach wieder breit grinste wie ein Hofnarr neben dem Thron eines Königs, war er wieder wie immer. »Was ist denn so schlimm daran? Küssen ihn! Habt ein wenig Spaß!«

Ich schnaubte verächtlich, »Was daran so schlimm ist?« Es war Cortez über den wir hier redeten. Der Mensch, der sich selbst an jede Verkehrsregel peinlichste genau hielt. »Er ist nicht nur mein Assistent, sondern auch mein Freund. Shit, er ist Darcy's Freund.« Sie würde es zwar niemals zu geben, aber sie vergötterte Sam. Ich konnte ihr das nicht zerstören. »Ich kann das alles nicht riskieren, nur weil ich...« Weil ich an nichts anderes denken konnte, als die Berührungen meines Assistenten. »Es ist nicht nur unangebracht. Ich weiß ja noch nichtmal ob es überhaupt funktionieren würde. Ich kann nicht alles aufs Spiel setzten für eine Beziehung-«
»Beziehung?«, unterbrach er mein Gebrabbel. »Shit, man! Ich hab' von ner' kurzen Affaire geredet. Ein bisschen Dampf ablassen!« Er lachte auf. »Shit, hab' nicht geahnt das du schon drei Schritte weiter bist.«

Beschämt drehte ich meinen Kopf zur Seite. »Wie auch immer. Es ist egal. Ich ... Ich kann nichts mit meinem Assistenten anfangen.« Wir funktionierten gut zusammen. Es war alles perfekt so wie es jetzt war. Besser als es jemals war. Große Risiken gehörten zu meinem Job. Aber nicht hier. Nicht wenn es um Sam ging. »Dann feuer ihn!«, schlug Lance vor und ich sah erschrocken zu ihm hinüber. »Bist du wahnsinnig? Der Job ist ihm heilig!« Er steckte sein ein und alles in dieser verflixte Firma. Sie kam immer an erster Stelle. Meine Brust verkrampfte sich. Er würde seine Stelle niemals gefährden.

»Jeez, man. So heilig kann ihm der Job gar nicht sein, wenn er mit seinem Boss rummacht.« Er kratzte sich am Kinn. »Es sei denn...«
»Es sei denn was
Lance spähte zu mir hinüber, »Vielleicht dachte er, er müsste es.« Ich blinzelte. Was redete er denn da? Als hätte er gerade eine neue Verschwörungstheorie entdeckt, lehnte er sich zu mir hinüber. »Hast du ihn vielleicht bedrängt? Ihn glauben lassen, dass er dich beglücken muss um seinen Job zu behalten?« Mit vor Ekel verzogenem Gesicht, schob ich ihn ein Stück zurück. »Fuck, Lance. Für was für ein Stück Scheiße, hältst du mich eigentlich?« Er hob die Augenbrauen, »Vielleicht hast du es nicht bewusst getan? Vielleicht hat er dein untervögeltes Selbst missinterpretiert? Man weiß ja nie?«

Erschrocken weiteten sich meine Augen, »Ich habe ihm tatsächlich gesagt, dass ich ihn küssen will.« Aber das-? Hatte er das vielleicht falsch verstanden? Mich plötzlich zu küssen, passte wirklich nicht zu Sam. »Da haben wir's!«, Lance nickte zufrieden, als hätte er gerade eine Schwierigkeit Matheformel geknackt. Vehement schüttelte ich den Kopf. Das war Schwachsinn. Sam würde niemals so handeln. Würde er auch nur ahnen, dass ich meine Autorität auf so eine Weise ausnutzen würde, wäre er der Erste, der mich zu meinem Vater schleifen würde. Nein, Sam hatte keine Angst seinen Job zu verlieren. Er wusste, dass ich ihn brauchte.

Aber das hieß... Fluchend vergrub ich meinen Kopf in meiner Hand. Aufmunternd klopfte mit Lance auf die Schulter. »Nimm's nicht so schwer. Klär einfach das Missverständnis auf und sag ihm, dass du lediglich eine professionelle Beziehung möchtest, wenn du weiter so tun willst als ob.« Ich sah zwischen meinen Fingern zu ihm auf. »Ich tu nicht nur so! Ich ... Ich will wirklich ein professionelles Verhältnis! Ich bin doch kein notgeiler Teenager!« Lancelot hob skeptisch die Augenbrauen, als er einen kräftigen Schluck trank.

»Es ging nie darum Sam ins Bett zu kriegen.« Das war die Wahrheit. Natürlich, kamen mir diese Gedanken, in dieser verflixten Kammer, oder wenn er beim richten meiner Krawatte richtete meine Haut streifte. Aber das was nicht das, was mich so unruhig machte. Was ich wollte war- »Nein, du willst lieber mit ihm Händchen halten und eure Namen in den Sand schreiben und auf Pferden in den Sonnenuntergang reiten und-« Ich knappste ihn auf den Hinterkopf. »Fresse
»Du warst schon immer ein verweichlichter Softie, Percy.« Seufzend legte mein Bruder seinen Kopf in den Nacken. »Deswegen hast du damals auch Milena geheiratet.«

Ich erstarrte, der fahle Geschmack auf meiner Zunge unausweichlich. Milena. Ein Name, den ich schon lange nicht mehr gehört hatte. Eine Weile schweigen wir, jungen längst vergangenen Erinnerungen nach.

»Ich wollte das Richtige tun.«, gestand ich der Nacht. Lance stellte das Glas ab und trat wieder in das Innere der Wohnung.

»Das willst du immer, Man.«

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now