75| Dinge, die sich ändern

1.9K 250 8
                                    

Let it Go
James Bay
Sam

Percy lehnte gegen mich, sein Blick so schrecklich hilflos, dass ich mich unfassbar nutzlos fühlte. Seufzend fuhr ich ihm eine Strähne hinter die Ohren. Die Wahrheit war, dass ich auch nicht wusste was er tun sollte. Ich wusste was ich wollte, dass er tat, aber es war nicht mein Recht ihm das zu sagen. Er sah mich eine Weile lang an und ich wurde unter seinem Blick unruhig. »Ist es für dich okay? Das sie hier einzieht?« Milena hatte betont, dass es nur für kurz war, nur bis sie eine eigene Wohnung gefunden hatte. Und ich verstand, warum Percy zugesagt hat. Er konnte es Darcy nicht ausschlagen, da er wusste, dass es eine Chance für die beiden wäre sich näher zu kommen. Dennoch ... der Gedanke das Milena hier einzog, ließ mich nicht gerade vor Euphorie aufjuchzen.

Dinge würden sich ändern.

Ich würde nicht einfach so vorbei kommen können. Ich würde ihn selbst hier nicht mehr einfach berühren können. Ich würde nicht mehr über Nacht bleiben können. Wenn ich ehrlich war, hasste ich den Gedanken, aber... sachte küsste ich ihn auf seine Schulter. »Ich komm' klar,« wisperte ich gegen den Stoff seines Pyjamas. Percys Blick ging ins Nichts. »Vielleicht sollte ich es ihr gleich erzählen. Das zwischen uns.« dachte er laut. »Damit sie weiß, auf was sie sich einstellen muss, meine ich.« Die Wärme des Schlafs verließ meinen Körper, »Percy, ich-«
»Ich meine, es sind sowieso nur noch ein paar Tage bis zur Bekanntgabe, dann weiß es so wieso die ganze Welt, und-«
»Sag es ihr nicht.«, brachte ich hervor und der Raum hüllte sich in Stille. Sachte löste er sich aus meiner Umarmung, drehte sich fragend zu mir herum.

Ich wollte dieses Gespräch eigentlich nicht gerade jetzt führen. Ich wollte auf einen Moment warten, an dem ich ein weniger wacher, ein wenig sicherer war, wie ich es ihm verständlich machen konnte, doch es schien als wäre die Zeit gekommen. »Warum nicht?«
»Weil,« ich atmete tief ein, ergriff sachte seine Hand. »Ich denke, dass es generell keine gute Idee ist.« Er verzog das Gesicht, zeigte klar und deutlich was ihm auf der Zunge lag, doch ich ließ ihn gar nicht zu Wort kommen, »Sich zu outen kann schwere Folgen mit sich ziehen. Vor allem im öffentlichen Leben.« Ich hatte lange und schwer darüber nachgedacht, dennoch schienen mir die Worte nicht einfacher zu fallen. »Percy, ich-« Er zog seine Hand aus meiner, »Ich werde nicht zu lassen, dass dich jemand anders behandelt oder deine Karriere in Frage stellt, okay?«, versicherte er mir eindringlich. Ich schüttelte den Kopf, so meinte ich das nicht. »Das schwöre ich! Du-«
»Es geht hier nicht um mich!«, raunte ich scharf und als ich den Blick in seinen Augen sah, seufzte ich schwer.

Es ging dabei nie um mich. Nicht wirklich. Verdammt, ich wollte nicht sein Gehenins sein! Ich fand mich damit ab, kam damit klar, aber mittlerweile... Gott, ich hasste es, dass ich ihn nicht dann und wo berühren konnte wann wollte. Ich hasste es, dass ich mir immer um unerwünschte Blicke Sorgen machen musste, aber ... »Ich bin geoutet seitdem ich 15 bin, Percy. Weißt du eigentlich wie es ist, dort draußen, als schwuler Mann? Sobald die Menschen davon erfahren - Sie...«, die Worte stockten. Das Verhalten wurde anderes. Und wenn es bereits bei mir so war, wie würden sie sich dann auf Percival Moreau stürzten! Sein Beruf profitierte von Charisma und Einfluss! Was wäre wenn- »Wir leben nicht mehr in den 60er Jahren! Die Welt hat sich verändert!«, brachte er hervor, doch auch er wusste, dass es nicht so einfach war. Ja, die Welt hatte sich verändert, aber es lag noch ein langer Weg vor uns.

Ein Kloß bildete sich in meiner Kehle. Es war nicht mein Recht ihm zu sagen, dass er sich sein outing noch mal überlegen sollte. Es war seine Sache und seine Sache allein, aber...

»I-Ich will nicht, dass dir jemand weh tut.«, gestand ich krächzend und sein Blick wurde weich. Sein Daumen fuhr mir beruhigend über den Handrücken, als er nach vorne sackte, seine Stirn gegen meine lehnte. »Das wird nicht passieren.« Ich schüttelte den Kopf. Selbst jetzt war die Welt nicht sicher für Menschen wie uns. »Das weißt du nicht.« Niemand wusste das. »Stimmt. Aber was wäre die Alternative?« Sicherheit! Das alles blieb so wie es war! Das wir der Welt nicht gestatteten über uns zu urteilen. »Percy, dass ist eine schwerwiegende Entscheidung und-« er küsste mich auf die Stirn und ich erstarrte. Als er sich wieder von mir löste, lächelte er schwach.

»Du kennst meine Antwort.« Mein Kiefer verspannte, als ich vehement den Kopf schüttelte. »Denk nochmal darüber nach! Wir könnten einfach-!«
»Sam.«, unterbrach er mich. »Ich weiß du willst das Beste für mich, aber diese Entscheidung steht fest.«, er fuhr mir über die Wange. »Du bist das Beste für mich.« Irgendwas in mir stand kurz davor zu zerbarsten. Ich spürte den Druck hinter meinen Augen, als ich den Blick abwenden musste. War ich das? War ich das Beste?

»Überleg' es dir nochmal.«, schlug ich erneut vor, doch als ich aufsah wusste ich, dass es vergebens war. Er hatte sich entschieden. Zögerlich nickte ich, verkniff mir die folgenden Worte. »Es wird alles gut werden.«, versprach er, aber da war ich mir nicht mehr so sicher.

»Na schön,« gab ich schließlich nach und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht auf. »Gut.« Als wäre er erleichtert ließ er sich nach hinten zurück in die Kissen plumpsen. Ich folgte ihm, legte mich neben ihn, sodass unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander getrennt waren. Das Grau schimmerte selbst über die Dunkelheit hinweg. Eine Weile gestattete ich mir, ihn einfach nur anzusehen. »Warte nur, bis du es Milena erzählst.«, bat ich ihn und eine Falte schob sich zwischen seine Augenbrauen. »Nur bis es alle wissen. Ich will nicht noch mehr Drama.« Er hinterfragte meine Bitte nicht, nickte nur zögerlich und ich merkte wie seine Lieder immer schwerer wurden.

»Okay.«, versprach er.

Not your Secretary! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt