26| Kein Vater

2.4K 261 17
                                    

Neonlicht
Provinz

Sam

Ich zog meine Kopfhörer aus den Ohren, als ich die Schulklingel hörte und die ersten Kinder aus der Schule strömten. Der Wind zerrte an mir, und obwohl es mittlerweile Mitte Januar war, fühlte es sich kälter an als die Monate davor. Ich vergrub meine Hände in den Taschen meines Jacketts, während die ersten Autos den Parkplatz verließen und mich wartend zurück ließen.

Lachende Schüler kamen mit ihren Gesprächen an mir vorbei. Kaum noch Blicke wurden mehr in meine Richtung verschwendet, denn es schien als hätte sich die Masse an den Special Agent Dumpfbacke gewöhnt, so wie mich Darcy nannte. Sie hat mich am Anfang oft aufgezogen, dass ich in meinem Anzug aussah, als würde ich gleich irgendeinen Teenager für die Avengers rekrutieren wollen. Aber mittlerweile war es eine  Routine geworden und selbst die wartenden Mütter schienen nicht mehr über mich zu tuscheln. Ich holte Darcy  immer ab, wenn Percy in einer wichtigen Besprechung feststeckte, was in letzter Zeit immer häufiger passierte.

Die Schüler wurden immer weniger, bis sich kaum noch Kinder vor der Schule befanden. Irritiert stieß ich mich von meinem Wagen ab. Hatte sie mich übersehen? Oder ich sie? Aber ich stand immer am selben Platz. Ich ließ meinen Blick über die Szene wandern, immer und immer wieder, doch von Darcy keine Spur. Unruhig fuhr ich mir über die Haare. War sie vielleicht mit dem Bus heim? Oder hatte sie früher aus? Ich sah hinab auf mein Handy, doch auch dort war keine Nachricht von ihr. Ich wartete noch eine Weile, doch mit jeder Minute die verstrich wurden meine Lungen ein Stück enger.

Ich wusste nicht, wie lange ich schon wartete, als ich einen Fluch mit einem tiefen Atemzug ausstieß und mich losriss. Unruhig begann ich auf die Schule zuzugehen, sah mich weiterhin um. Doch sie war nicht zu sehen. Mein Puls beschleunigte sich, genauso wie meine Schritte. Eine unbehagliche Schwere trieb mich vorwärts, immer weiter zur Schule, bis ich schließlich die Türen öffnete und in das Gebäude betrat. Vielleicht hatte sie einfach nur die Zeit vergessen? Die Gänge lagen mittlerweile leer vor mir. Ich blieb stehen, »Darcy?« Keine Antwort. »Darcy

Zögerlich ging ich den Gang entlang, sah in die mittlerweile fast schon leeren Klassenzimmer. Vereinzelt sah man noch Lehrer vorbei huschen oder Schüler, die noch in den Gängen verweilten, doch keiner von ihnen war die Person, die ich suchte, »Darcy!«, brüllte ich und zog damit ein paar erschrockene Blicke auf mich. Doch das war mir egal. Sie musste hier noch irgendwo sein! Sie konnte ja nicht einfach verschwinden? Oder etwa doch? Am Ende eines Ganges blieb ich stehen, drehte mich im Kreis. Was würde ich Percy sagen? Ich hatte seine verdammte Tochter verloren! Was wenn etwas passiert ist? Wenn sie gekidnappt wurde? Ich eilte einen weiteren Gang entlang. Schließlich war sie die Tochter eines Milliardäres! Vielleicht hatte sie jemand geschnappt, während ich dort draußen stand wie ein beschissener Vollidiot!

Hatte Percy sie nicht genau deswegen von der Öffentlichkeit fern gehalten? »Darcy!«, meine Stimme verhallte in den Gängen. Fuck! Ich ... ich hatte sie verloren. Percy hat mir genug vertraut, mich auf sie aufpassen zu lassen und ich?! I-ich ... »Darcy!« Wie kann ich ihm denn jemals wieder in die Augen sehen? Wie könnte ich-
»Sam

Abrupt blieb ich stehen, wirbelte herum. »Sam! I-Ich bin hier!« Mein Puls überschlug sich, als ich realisierte, dass ich mir das nicht eingebildet hatte. »Darcy?« Es rumpelte, krachte und ich setzte mich in Bewegung. »Ich bin hier ... hier drinnen! B-Bitte lass mich raus!« Meine Schritte verwandelten sich in einen Sprint, als ich realisierte, woher ihre Stimme her kam. Schwer atmend blieb ich vor der Abstellkammer stehen, hörte ihr klopfen. »Lass mich raus! Bitte!« Jemand hatte einen Besen unter die Klinke geklemmt. Ruckartig riss ich den Stiel weg und öffnete die Tür. Und tatsächlich. Bevor ich die Tür ganz offen hatte, krachte etwas gegen mich. »Woah, hey.« Darcy klammerte sich stürmisch an mich und riss mich damit zu Boden. Ich spürte ihr Zittern, als sie ihren Kopf an meiner Schulter vergrub. Geschockt sah ich zu ihr, »Darcy?« Sie umarmte mich nur stärker, schluchzte auf.

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now