94| Gutes Personal ist schwer zu finden

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reckless driving
Lizzy McAlpine, Ben Kessler

Sam

Ich hätte es wissen sollen. Ich hätte es wissen sollen! Ich hätte- Percival Moreau stand mir gegenüber am wohl abgelegensten Ort Frankreichs! Ich hätte mich darauf vorbereiten sollen, ihn wieder zu sehen. Vor allem seit dem ich als Sinclairs persönlicher Assitent angefangen habe! Es war klar, dass er mir dann früher oder später wieder gegenüber stehen würde.

Doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass es jetzt sein würde, hier sein würde. Er.... Er sollte gar nicht hier sein! Seit wann waren er und Sinclair...? Ich dachte ich hätte Jahre! Jahre, in denen ich Zeit hatte mich auf diesen einen Moment vorzubereiten zu können. Damit ich ihm in die Augen sehen konnte, und er nichts mehr sehen würde.

Damit ich mich nicht so fühlte, als würde der Boden unter mir schwanken. Ich hätte es wissen sollen! Es war diese eine Sorte von Gefühl, wenn man seinen verloren gedachten Schlüssel unter dem Bett fand, ein altes Foto entdeckte, mit Menschen, die einem mal die wichtigsten im Leben waren, wenn man sich an etwas erinnerte, dass einem ein Lächeln zurück brachte. Es war die Euphorie des Wiederfindend. Ich hätte alles dafür getan, bei seinem Anblick etwas anderes zu fühlen, als das was jetzt durch meine Adern raste. Etwas, dass das ganze ein wenig schmerzfreier machte.

Percy starrte mich einfach nur an und ich musste an mich halten, nicht umzudrehen und weg zu rennen, seinem Blick zu entkommen. Er hatte sich absolut nicht verändert, abgesehen von der Tatsache, dass er versucht hatte sich herauszuputzen. Teurer Anzug, die Haare ordentlich nach hinten gebunden. Seine Krawatte hing dennoch in wenig schief.

Ich spürte wie Sinclair zwischen uns hin und her sah und ich lenkte schnell meinen Blick auf etwas anderes. »Ah,« stellte er fest. »Sie kennen Mister Cortez bereits, nicht wahr? Ihr Bruder hat mir bereits erzählt, dass er für eine lange Zeit für sie gearbeitet hat.« Percys Züge spannten sich kaum merklich an, »Ja, das ist richtig. Er war einer unserer besten Mitarbeiter.« Ich verschränkte meine Hände hinter meinem Rücken, spürte wie sich meine Fingernägel in meine Haut bohrten. »Hoffentlich bereuen sie es nicht schon, dass sie ihn haben gehen lassen. Mr. Cortez ist wahrlich eine Bereicherung.« Percys Blick war ausdruckslos als, er sich wieder mir zu wandte. »Ja,« raunte er. »Wirklich eine Schande.«

Sinclair sagte ein paar Dinge zu seinem Sohn, doch ich verstand beim besten Willen kein Wort. Alles was ich wahrnahm war Percys brennenderer Blick auf mich. Das und die Stille zwischen uns. Kein Wunder, er musste mich abgrundtief hassen. Unruhig verlagerte ich mein Gewicht. »Mein Bruder war es,« begann er schließlich und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch, »der Ihnen von Sams Arbeit erzählt hat?« Sinclair nickte zustimmend, »Ja, wir haben uns neulich getroffen und ich habe dort zufällig erwähnt, wie schwer es doch ist, heutzutage gutes Personal zu finden. Ihr Bruder war so frei und hat mich mit Mister Cortez vertraut gemacht.« Sinclair klopfte mir stolz auf die Schulter, als wäre ich lediglich ein seltenes Möbelstück, dass er erworben hatte.

»Es war wundervoll ihre Bekanntschaft zu machen, Mr Sinclair.«, Percy's Lächeln wurde steif. »Aber ich befürchte, ich muss vor dem Essen noch etwas mit meinem Bruder klären. Eine Familienangelegenheit, Sie verstehen.«
Ein letztes Mal huschte sein Blick zu mir, ließ meine Atmung stocken, bevor er wieder im inneren des Anwesens verschwand. Mein Blick lungerte auf der Tür, als Sinclair sich zu mir umdrehte, »Sie hatten Recht, Cortez. Er ist wirklich ein respektabler Mann. Ich werde über Ihren Vorschlag nachdenken.«

•••

Percy

Ich fand Gwaine in einem der Badezimmer. Er war gerade dabei sich die Hände zu waschen, als ich zur Tür rein platzte. »Du wusstest es!«, zischte ich und stürmte auf ihn zu. Fragend sah er zu mir auf, »Ich weiß viele Dinge, Percival. Du musst schon spezifischer wer-«
»Sam!« zwang ich hervor. »Er ist hier!« Gwaine schnappte sich schnaubend eines der Papierhandtücher, »Natürlich ist er hier. Er ist seit Wochen Sinclairs Assistent.« Ja, kein Scheiß, dass hatte ich auch gerade herausgefunden. »Und du wusstest es und hast es mir nicht gesagt?« Er schmiss das Tuch in den Müll, warf mir einen verwirrten Blick zu, »Warum sollte ich? Und warum ist das so ein Problem? Es ist grandios auf seinem Gebiet.« Er lachte auf, als er meinen finsteren Blick bemerkte. »Was? Nur weil er nicht mehr für dich arbeitet, soll er jetzt bei McDonalds anfangen, oder was?«

Aufgebracht fuhr ich mir durch die Haare. Ich war nicht bereit, im wieder gegenüber zu stehen. Nicht wenn mein Puls sich bei seinem Anblick immer noch verdoppelte. Nicht wenn ich ihn immer noch...

Gwaine warf sich einen Blick im Spiegel zu, »Nachdem er unser Angebot von Rutledge abgelehnt hat, ist Sinclair die beste Wahl.« Ich hielt inne, »Was? Rutledge?« Sein Blick huschte zu meiner Reflexion, »Ja, ich habe ihn eine gute Postion geboten.« er strich sich über seine Krawatte. »Eine sehr gute sogar. Nur weil du ihn nicht mehr wolltest, heißt das nicht, dass ich mir ein Talent wie ihn entgehen lasse!«, lachte er auf und ich versteifte. Nicht mehr wollte? War es das, was die Welt darüber dachte? Dass ich derjenige war, der ihn aufgegeben hatte?

Er drehte sich zu mir um, »Naja, er hat jedenfalls abgelehnt. Wollte wahrscheinlich nach seiner Zeit in deiner Nähe nicht mehr so schnell für die Moreaus arbeiten. Ich nehm' es ihm nicht übel.« Ich wandte mich ab, stütze meine Arme auf den Rand des Waschbeckens. »Hey,« meinte er und trat zu mir ans Waschbecken. »Ich hab' ihn lediglich Sinclair empfohlen. Nur weil du ein Problem mit ihm hasst, musst du ihm nicht seine neue Stelle kaputt machen.« Ein seltsames Glucksen entkam mir, »Ich habe kein Problem mit Samuel.« sagten ich und richtete mich auf.

Gwaines Augen weiteten sich erschrocken, als er seinen Blick über mein Gesicht wandern lies. Ich wusste nicht wie, aber es war klar, dass er es in diesem Moment sehen konnte. Meine Mimik ein offenes Buch für ihn, voll mit den Miseren der Vergangenheit. »Nein. Percy.«, seufzte er und verzog das Gesicht. »Sag' mir nicht, dass du dich-«
»Keine Sorge.«, unterbrach ich scharf, bevor er dieses eine Wort aussprechen würde. »Es ist bereits vorbei. Er...« meine Zunge wurde schwer und ich musste den Blick abwenden. »Er wollte mich nicht.«

Gwaine atmete schwer ein, als diese Wahrheit zwischen uns verhallte. »Tut mir leid,« begann er und legte den kopf schief, »Wenn ich gewusst hätte, was seine Anwesenheit für dich bedeu-«
»Ist schon okay.«, log ich. »Du hättest es nicht wissen können. Ich war nur...«

Nicht darauf vorbereitet gewesen? Überrascht? Wütend? Überwältigt? Erleichtert ihn wiederzusehen? Erschreckend glücklich?

Ich wollte mich umdrehen und zurück zu den anderen, als er meinen Arm packte und mich aufhielt, »Percy.« Ich sah über die Schulter zu ihm zurück. »Geht es dir gut?« Ich zwang mir ein Lächeln ab.

»Ja«, flüsterte ich und löste mich aus seinem Griff. »Alles bestens.«

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now