18| Keine Freunde

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House of Gold
Twenty One Pilots

Darcy

Ich löffelte seelenruhig mein Müsli. Es war viel zu früh um sich zu stressen. Dad war da jedoch anderer Meinung. »Hast du meinen Schlüssel gesehen?«, er huschte an mir vorbei wie eine Erscheinung. »Kommode«, mampfte ich und er hastete erneut durch den Raum. »Und wo ist-?«
»Badezimmer.«

Ich stellte meine Schüssel in die Spüle, bevor ich Dad ins Bad folgte, mich an den Türrahmen lehnte und ihn musterte. Er war gerade dabei seine Krawatte zu richten. Als er geendet hatte, sah er sich prüfend im Spiegel an, kontrollierte ob alles sitzt, bevor - Dad zog seine Krawatte gezielt eine Spur nach Rechts, ruinierte seine vorherige Arbeit. Skeptisch hob ich eine Augenbraue, hinterfragte aber nichts. Ich hatte früh gelernt, dass das keine gute Idee war. »Bist du fertig?«, fragte er und sah über den Spiegel zu mir, als wäre ich diejenige, die seit 10 Minuten wie eine Irre durch die Wohnung rannte. »Wir müssen gleich los.«

Ich verschränkte die Arme, als er bereits wieder an mir vorbei huschte, »Ich kann dich heute nicht abholen, dass heißt du musst mit dem Bus heim.«, erklärte er mir, während er sich auf einem Bein hüpfend die Schuhe anzog. Ich schnappte mir meinen Mantel von der Gaderobe. »Kein Problem.« Dad schritt zur Tür, »Sam hat gemeint, dass er mich Heute abholt.« Mit der Türklinke in der Hand. hielt er inne, »Was?« Diesmal war ich es, die mich an ihm vorbei aus der Wohnung drückte. »Sam? Dein Assistent? Er hat mir Gestern versprochen, dass er mich von der Schule abholt.«, erklärte ich, als ich zu den Aufzügen, des Apratmentkomplex stiefelte. Dad holte mit schnellen Schritten zu mir auf, »Das kann nicht sein.«

Die Türen öffneten sich vor uns mit einem leisen ping und ich warf ihm beim einsteigen einen skeptischen Blick zu. Seit meiner Balletauführung vor zwei Wochen, machte Cortez das öfter. Es war nichts ungewöhnliches. Dad stellte sich räuspernd neben mich, »Er hat Heute nach seit drei Monaten seinen ersten freien Tag.« Ich sah zu ihm auf. Ah. Deswegen also das Chaos heute Morgen. Ich zuckte beiläufig mit den Schultern. Sam hatte gestern nichts davon erwähnt, dass er Heute frei hätte. Zudem hat er mir versprochen, dass wir uns ein paar Donuts aus dem neuen Laden an der Ecke holten. »Was hat das damit zu tun?« Dad schnaubte, »Er hat dich nur abgeholt, weil ich es nicht konnte, und er mein Assisten ist, also-«
»Falsch.«, entgegnete ich und Dad sah mich verwirrt an. Der Aufzug hielt in der Tiefgarage und ich stieg aus.

Während dem Gehen drehte ich mich zu ihm um, »Wir sind Freunde, Dad. Das hat nichts mit dir zu tun.« Er vergrub seine Hände in seinen Taschen und lachte auf, »Freunde also, hm?« Ich wirbelte wieder nach vorne. »Jep!«
»Und wie ist das passiert?« Dad sperrte den Wagen auf und ich schwang mich auf den Beifahrersitz. Zu Beginn war es eigentlich nur eine Allianz - eine Art Bündnis. Wir beide wollten das Beste für Dad. Aber auf einen naiven Trottel wie meinen Dad aufzupassen, schweißte zusammen. Ich hab mal irgendwo gelesen, dass wenn Menschen traumatische Dinge zusammen erleben oft tiefe Bindungen entstehen. Vielleicht war es bei mir und Sam so ähnlich?

»Weißt du«, begann ich, als Dad den Wagen starrte, »wenn Menschen sich unterhalten, bildet sich so etwas wie eine Bekanntschaft.« Dad rollte die Augen, doch ich fuhr fort. »Und irgendwann, wenn man etwas über die Person erfährt, dann entsteht so etwas wie Freundschaften. Für dich vielleicht schwer zu verstehen.« Etwas rucklliger als sonst, fuhr er aus der Parklücke und warf mir einen erbosten Blick zu. »Was soll dass denn heißen?«
»Du hast keine Freunde, Dad.«
»Bullshit! Ich hab viele Freunde!« schnaubte er. »Ach ja? Und wen?«
»Dic-«
»Und sag nicht mich!«

Dad blickte finster auf die Straße vor uns, setzte erneut an, »Sa-«
»Freunde, die nicht mit dir verwandt sind, oder die du bezahlst!«, stellte ich fest und sein Mund klappte zu. »Na und? Du hast auch keine Freunde!« Theatralisch schnappte ich nach Luft und griff mein Herz, »Es ist nicht sehr pädagogisch, dass zu einem Kind zu sagen! Vor allem als Vater.« Mit der Zunge schnalzend schüttelte ich den Kopf, »Also wirklich!« Dad seufzte ergeben, »Na schön. Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«

Ich musterte ihn von der Seite und sah den genauen Moment, in dem er bereute, überhaupt gefragt zu haben. »Du solltest nicht immer so schlechte Witze reißen.« Ein vielsagender Blick in meine Richtung, »Sagt die richtige.« Ihn gekonnt ignorierend fuhr ich fort, »Zudem brauchst du dringend einen Haarschnitt.« Wie aufs Stichwort, fuhr er sich durch die Haare. »Und es wäre hilfreich, wenn du ein wenig Interesse an anderen Menschen zeigst.«

Er verzog das Gesicht, als hätte ich ihm gerade dazu bezichtigt, Schnecken zu essen, »Das ist eine Frechheit! Mir liegt viel an anderen Menschen ich-«
»Was sind Sam's Hobbies?«, unterbrach ich ihn und er wurde eine ganzes Stück bleicher. »Berichte schreiben und drucke-?«
»Wo wohnt er?«, fuhr ich fort. Dad sah mich eine Spur überfordert an, »Keine Ahnung! In der Sesamstraße? Darce, was wird da-?« Ich warf selbsterklärend die Hände in die Luft, »Siehst du! Er arbeitet jetzt seit 3 Monaten für dich. Die ganze Woche. Den ganzen Tag. Und du weißt Nichts über ihn!« Dad schüttelte vehement den Kopf. »Das ist nicht wahr.« Ohne den Verkehr komplett aus dem Blick zulassen, spähte er immer wieder zu mir hinüber, »Und selbst wenn.. willst du mir etwa weiß machen, dass du das alles über ihn weißt?«
»Ja. Denn wir unterhalten uns, dad. Wir sind Freunde.«
»Schwachsinn.«
»Wie auch immer.«

Wir schwiegen für zwei Straßen lang, bis wir an einer roten Ampel zum halten kamen. Vorsichtig sah ich zu ihm hinüber. Dad schien angespannt, knirschte sogar mit den Zähnen. In meinem Kopf begann ich zu zählen. 1, 2... Er holte tief Luft. 3. »Weißt du« Da war es, »dass Sam immer eine halbe Stunde vor Arbeitsbeginn im Büro ist?« Das war keine große Überraschung. Ich sah ihn still an.

»Nicht um zu arbeiten, sondern weil er immer für die ganze Abteilung Frühstück besorgt. Er holt sogar vegane Brötchen für Jerry, Mary und Linda. Er macht Kaffee - entkoffeinierten für Ellie- immer rechtzeitig, so dass er noch warm ist, wenn alle anderen erscheinen. Sein Geburtstag ist am 25. August und er mag keine Tomaten in seinem Essen. Er ist immer Nervös wenn wir über die 26th Avenue fahren, weil er vor ein paar Jahren mal von einem schweren Verkehrsunfall dort gelesen hat. Er trägt immer zwei Kugelschreiber mit sich rum - einer rot und einer blau - denn er denkt, dass bringt Glück.«, er holte tief Luft nach dem er geendet hatte und sah stur auf die Straße.

Überrumpelt starrte ich ihn an. Ich ... Dad lächelte schnaubend, doch es wirkte nicht echt.

»Ich hab' nicht viele Freunde, Darce. Aber ich hab dich. Und Sam. Und das reicht mir.«

Not your Secretary! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt