92| Rotwein und andere Pflichten

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Northern Italy
Margaux Beylier

Percy

Dicke Staubwolken wurden in die Luft gewirbelt, als sich der schwarze SUV durch die viel zu engen Feldwege kämpfte, vorbei an den unzähligen Weinreben, und den sich lang erstreckenden Landschaften. Ich wollte mir während der Fahrt eigentlich zurechtlegen, was ich wie sagen wollte, doch stattdessen klebte ich fast die ganze Zeit an der Scheibe dieses Wagens. Ich hatte schon so lange nichts anderes gesehen, als das Metal und die Wucht unzähliger Hochhäuser. Und im Vergleich dazu, war dass hier... Ich lächelte in die unendlichen Weiten der Felder. Ich brauchte wirklich bald einen Urlaub.

Dad hatte oft von dieser Szenerie geschwärmt, doch ich hatte seinen Arbeits-Anekdoten aus Prinzip noch nie viel Beachtung geschenkt. Der Fahrer teilte mir mit, dass wir gleich unser Ziel erreichen würde und mein Blick fiel zum Ende der steil bergabwärts gehenden Straße. Im Tal dieser unzähligen Berge, lag ein malerisches Anwesen. Nein, Anwesen wäre das falsche Wort. Ein eindrucksvolles Gebäude, erstreckte sich vor uns, dass dem Namen Sinclair alle Ehre machte.

Der Schotter knirschte unter den Reifen, als wir zwischen den breites angekommenen Autos parkten. Eine Mischung von bekannten und völlig neuen Gesichtern, bahnten sich ins innere, wurden bereits empfangen. Ich gab meinem Chauffeur ein kräftiges Trinkgeld, bevor ich tief durchatmete und mit einem höflichen Lächeln ausstieg.

»Mister Moreau!« ein junger Mann bahnte sich seinen Weg von der hölzernen Veranda durch die Menge, als er mich unter ihnen erkannte. Ein perfekt sitzender Anzug, marklose dunkle Haut, so wie fast schon schwarz schimmernde Augen. Sebastian Sinclair. Nicht zu unterschätzen, hörte ich Sams Stimme in meinem Kopf. Er wirkt zwar freundlich, aber er ist immer noch Sinclairs Sohn. Die Erziehung die er genossen hat, macht ihn zu einem durchtriebenen Geschäftsmann.

Lächelnd schüttelte ich ihm die Hand, »Mister Sinclair, ich bedanke mich für die Einladung.« Er vergrub seine Hände beiläufig in die Hosentaschen, »Es freut mich, dass Sie kommen konnten. Ich wollte schon seit längerem einmal Lancelots Bruder kennenlernen.« Ich hielt inne. Natürlich war ich im klaren darüber, dass Lance irgendwas mit ihm am Hut hatte, aber... »Ah, sie kennen meinen Bruder?« Sinclair lies seinen Blick über die Weinreben wandern, seufzte schwer, »Kennt irgendwer Lancelot?« Verwirrt hob ich die Augenbrauen. Okay?

»Wie auch immer,« sein Blick schnellte wieder zu mir. »Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, Ihnen für ihre neue Position zu gratulieren.« Er führte mich die Veranda hinauf. »Ihr Bruder hat mir bereits davon berichtet.« Fragend sah ich zu ihm hinüber, »Lancelot ist hier?« Das war nicht möglich, da er mir noch vor 5 Minuten geschrieben hat, dass er gerade mit Darcy irgend' eine Rom-Com schaute. Sinclair schüttelte lächelnd den Kopf, als wir das Foyer betraten, »Oh, nein, nicht dieser Bruder. Mister Gwaine Moreau traf vor einer Weile mit seiner Verlobten hier ein.« Ich musste kämpfen mir den Gesichtsausdruck zu verkneifen, der mir entkommen wollte. Natürlich war er das. Sinclair neigte den Kopf schief, »Wussten Sie das nicht?«

Ich nickte höflich und sah mich im inneren des Hauses um: ein Konstrukt aus Holz und Stein, dass wahrscheinlich dazu designt wurde Gäste zu beeindrucken. »Oh, aber natürlich,« log ich. »Ich dachte nur ich würde vor ihm hier sein, deswegen...« Sinclair nickte verstehend, bevor er mit einer umfassenden Geste auf den Raum vor uns deutete.

»Willkommen in dem wohl schönsten Weingut des Vallée du Rhône.«, säuselte er und ich musste an mich halten nicht zu schnauben. Die Art wie er redete, wie er dastand, einfach alles an Sebastian Sinclair, gab mir das Gefühl, als wäre er direkt aus einer Soap Opera gefallen. Fehlte nur noch ein Wind, der aus dem nichts kam und eine zusätzliche Lichtquelle die seine Züge verträumt aussehen lies. Stolz drehte er sich zu mir um, doch mir entging nicht, dass auch er mich knapp zu mustern schien. Ich wollte gar nicht wissen an was ich ihn erinnerte. »Marie hier, zeigt ihnen ihr Zimmer. In einer Stunde beginnt der Empfang, bevor mein Vater sie alle zu einem gemeinsamen Abendessen einlädt.«

Oh, yay. Ein Massaker mit Sitzordnung. Wie wundervoll.

Ich nickte mich bedankend und folgte der jungen Angestellten die breiten Treppen hinauf. Ich versuchte das alles hier als einen kleinen Urlaub zu sehen und betete nur, dass sich keiner der Anwesenden als ein Serienmörder oder einen jahrtausendealten Dämon entpuppen würde.

Die Menschen hier waren sowieso schon stressig genug.

•••

Willkommen im Rhonetal! Gelangweilt blätterte ich durch die Broschüre, die auf meinem Nachtisch lag. Bekannt für seine Vielzahl an- seufzend blätterte ich um. - berühmt für den Châteauneuf-du-Pape, bietet diese Region- ich pfefferte das Papier zurück auf meine Matratze und setzte mich seufzend daneben. Ich mochte Rotwein nicht mal wirklich. Müde fuhr ich mir über die Stirn. Mit seinen unzähligen Bediensteten, den Broschüren und so ziemlich allem anderen, wirkte das hier eher wie ein Hotel, als ein geliebter Rückzugsort für seine Familie.

Aber andererseits, ging es hier auch mehr um Geschäfte, als um die Erholung.

Ich stand auf und schritt an eines der Fenster, die von meinem Zimmer hinauf in den Hof führten, auf dem bereits die nächsten Gäste eintrafen. Für das, dass das hier ein exclusives Event nur für die engsten Vertrauten der Familie sein sollte, kam so ziemlich halb New York.

Ich hatte zuvor noch nie teilgenommen, aber selbst ich wusste, dass er seine Gästeliste ein gutes Stück erweitert haben musste.

Ich strich mir die Krawatte glatt, als ich beobachtete, wie ein älteres Ehepaar die Treppen nach oben schritten. Irgendwas lag hier in der Luft. Ich spürte es. Sinclair Senior ist bekannt dafür, immer alles aus einem bestimmten Grund zu tun. Er kalkuliert, das hat er mit Ihrem Vater gemein, Sir, erinnerte ich mich an Sams stimme. Ich schloss für einen Moment die Augen, ignorierte das sich beschleunigende Pochen.
Was auch immer Sinclair an diesem Wochenende vor hatte, es wäre wahrscheinlich kein Spaziergang durch die Weinreben. Seufzend lehnte ich mich gegen das Glas und versuchte meine wachsende Unruhe zu zügeln.

Ich hoffte nur, das Essen war gut.

•••

Ich hörte bereits die Gespräche von unten die Treppe hinauf brummen, als ich meine Zimmertür hinter mir ins Schloss zog. Freundlich nickte ich einer fremden Frau zu, die ebenfalls auf dem Weg nach unten war, als ich mich ihr anschloss.

Am Treppenaufgang blieb ich jedoch stehen. Das Lachen und Brummen der Menschen wurde immer klarer. Für einen Moment erlaubte ich mir nochmal tief Luft zu holen, strich mir über den Kragen. Der kurze Moment Frieden war vorbei und ich stürzte mich in den Kampf: ich betrat die Treppe.

Doch ich kam nur zur bis zur Hälfte, der schweren Steinstufen, als mich eine entsetze Stimme inne halten lies,

»Was zur Hölle, machst du denn hier?«

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now