42| Servietten? Servietten!

2.4K 255 36
                                    

I Want To Be With You
chloe moriondo

Percy

Verwirrt sah ich zu der fremden Frau, die praktisch wie aus dem nichts vor unserem Stand aufgetaucht war. Fremd? Nicht ganz. Ich glaube, ich hatte sie schon mal gesehen? Sie war einer der Mütter. Doch wie war nochmal ihr Name? Sullivan? Solan? Si- »Miss Sohran.« Mein Kopf schnellte zu Sam, der an den Tisch heran trat, ein schwaches Lächeln auf den Lippen. Er kannte sie. Wieso - ? »Es freut mich, dass sie meiner Einladung nachgekommen sind.«, säuselte Miss Sohran.

Sam erwiderte nichts, und sorgte dafür das sich die Fragen in meinem Kopf verdoppelten. Miss Sohran hatte kurze braune Haare in einer strengen Frisur, die praktisch aus dem nächsten Business Magazin stammen könnte. Sie trug einen perfekt sitzenden Hosenanzug, der für einen Kuchenbasar einer Schule ein wenig übertrieben schien. Alles in allem sah sie aus, als hätte sie ihr Leben vollkommen unter Kontrolle. Gruselig. »Wie ich sehe, haben Sie was gebacken!«, stellte sie fest, als wären wir nicht genau deswegen hier. Gerührt fasste sie sich an die Wange und sah zwischen ihren Wimpern zu ihm auf. »Und Sie scheinen sogar sehr viel davon verkauft zu haben.« Ja, kein Scheiß! Es war schließlich Sam Cortez. Er konnte selbst abgelaufen Milch verkaufen, wenn er es wollte.

Und außerdem... Wir hatten es verkauft, aber Miss Sohran schien meine Existenz noch nicht bemerkt zu haben. Ich stellte mich neben Sam, sah ihn eindringlich an. Er nickte, und wirkte dabei ekelerregend bescheiden, »Schließlich ist es für einen guten Zweck.« Ich verzog das Gesicht. Miss Sohran kicherte auf, als wäre es in irgendeiner Weise auch nur annähernd lustig. »Männer, die sich so um das Wohlergehen der Kinder sorgen, sind eine Bereicherung. Sie werden mir immer sympathischer, Mister Cortez.« Himmel, konnte mich jemand erschießen?

Bevor diese Person ihn weiter mit ihren Augen ausziehen konnte, streckte ich krampfhaft grinsend meine Hand aus. »Percival Moreau.«, stellte ich mich vor und sie sah endlich zu mir. Ihre Augen weiteten sich, und ich wusste nicht, ob es wegen meines Nachnamen war, oder weil sie mich tatsächlich gerade zum ersten Mal bemerkte. Sie schüttelte mir die Hand, bevor sie sich bereits wieder ihrer Beute widmete. »Ich weiß ihre Bemühungen für diese Gemeinschaft wirklich zu schätzen. Was halten sie davon wenn wir-«
»Wollen Sie etwas kaufen?«, ich stemmte meine Arme auf die Tischplatte, starrte sie fragend an.

Ich sah das frustrierte Flimmern in ihren Augen, als sie sich wieder mit mir befassen musste. »Wie bitte?« Ich deutete auf den Tisch vor uns. »Das ist ein Basar. Und Sie stehen an unserem Stand. Also, wollen Sie nun etwas?« Ich spürte seinen entsetzten Blick förmlich in meiner Seite brennen. »Percy-!«
»Nein, ich-«, begann sie vor den Kopf gestoßen und ich verkniff ein Augenrollen. »Dann muss ich Sie leider auffordern zu gehen. Sie verschrecken die Menschen, die hier tatsächlich etwas kaufen wollen.« Sie kniff die Augen zusammen, sah mich nun ganz offen an, als wäre ich der Kaugummi unter ihren Schuhen. Ich lächelte. Sam hob beschwichtigend die Hände: »Entschuldigen Sie bitte, Miss So-«
»Wir wollen ja schließlich noch einwenig Gewinn machen. Das verstehen Sie sicher.« Ich hob die Augenbrauen, legte den Kopf schief, lehnte mich triumphierend ein wenig vor, »Für die Kinder

Mit einem fassungslosen Schnauben, hob sie ihr Kinn, bevor sie davon stürmte, als hätte ich gerade ihre gesamte Blutslinie beleidigt. Zufrieden richtete ich mir auf, fegte mir die non-existenten Krümel von den Händen. Na also. Ich spürte ein tiefes Gefühl der Genugtuung, bis ich mich nach Rechts drehte und mit einem schrecklich ernsten Gesicht konfrontiert wurde. »Was sollte das gerade?«, zischte er. Beiläufig zuckte ich mit den Schultern, »Nach was sieht es denn aus? Ich halte das Geschäft am Laufen.«

Sam starrte mich finster an und ich schien augenblicklich ein wenig zu schrumpfen. Okay, vielleicht hatte ich wirklich einwenig übertrieben, aber... Sam fuhr sich müde über die Stirn und meine Atmung stockte. Sie kannten sich bereits und unsere Miss Sohan hatte ihn angesehen, als wäre er ihr irgendwas schuldig. Als hätte sie ihn sich bereits reserviert. Als wäre er nur irgend ein Typ mit dem sie flirten konnte, und nicht der Sam Cortez.

Dabei wusste sie gar nicht, dass Sam schwul war. Oder wie er seinen Kaffee trank. Oder dass er gerade einen seinen seltenen freien Tage opferte um hier zu sein. Sie wusste gar nicht, wie selten es war, dass er jemanden anlächelte. Sie verstand nicht - »Percy?«, fragte er besorgt und trat einen Schritt näher. »Alles okay?«

Er hob die Hand, als würde er Fieber messen wollen- als wolle er mich berühren. Mein Puls klopfte mit bis zum Hals als ich ruckartig zurückwich, krachend gegen den Tisch polterte und ein paar Cupcakes zerquetschte. Fluchend wischte ich mir das Frosting vom Arm und sah mich fanatisch nach Servietten um. »Percy?« Shit, warum hatten wir keine Servietten mehr? »Percy!«

Ich kniff die Augen zusammen, verfluchte den Elternbeirat und jeglichen Kuchen auf diesem gottverdammten Planeten. Als ich die Augen wieder öffnete, war er immer noch da. So wie immer. Bereit mir zu helfen, mit diesem besorgten Blick.

»Ich-« Ich wollte so viele Dinge sagen, so viel tun, doch... »Ich bin gleich wieder da.« Ich konnte es nicht. Ich floh. Genauso wie damals im Regen. Mit schnellen Schritten entfernte ich mich vom Tisch und diesem dämlichen Cupcakes. Von ihm. »Wo gehst du hin?«
»Mir eine beschissene Serviette holen!«
»Percy

Erst als ich die Stufen zum Hauptgebäude hinauf stiefelte - viel zu schnell, als das ich leugnen könnte, dass es keine Flucht war- merkte ich, dass ich lediglich die Cupcakes zurück gelassen hatte. Seine Schritte verfolgten mich genauso penetrant, wie jeder Fehler, der mich nun wieder durch die Gänge einer Schule eilen ließ. »Percy. Warte mal.« Ich dachte gar nicht dran. Sah er nicht, dass ich dringend eine Serviette brauchte? Alles war dreckig. Alles klebte. Alles war so verdammt kompliziert. Alles war- »Percy!«

Ich stieß den ersten Raum auf, an dessen Tür die ordentliche Schrift mir verriet das es sich um eine Abstellkammer handelte. Stickige Dunkelheit empfing mich, als ich die Tür praktisch auf schleuderte. Eine Hand packte mein Handgelenk, wirbelte mich zurück. Wie die Tür ins Schloss, krachte ich gegen ihn, bevor ich ein paar Schritte zurück taumelte. Noch bevor ich über ein paar Putzeimer stolpern konnte, hielten mich ein paar Hände an meinen Schultern an Ort und Stelle. Das Blut rauschte in meinen Ohren.

»Percy.«, seine Stimme kam abgehakt aus der Dunkelheit und erst jetzt realisierte ich, was ich getan hatte. Ich hatte uns gerade Wegs in einen komplett dunklen, winzigen Raum gelost, weg von jeglichen Augenzeugen. Shit. Zischend atmete ich ein, versuchte klar zu denken. »Wärst du mir auch auf die Toilette gefolgt, wäre ich dahin marschiert?«, versuchte ich zu scherzen, als würde nicht gerade abgrundtiefe Panik durch meine Adern rauschen. Seine Hände lagen immer noch auf meinen Schultern und ich war nur dankbar das die Schwärze sein Gesicht für sich behielt. »Was ist los mit dir? Geht es dir nicht gut?«

Ich tat das erste vernünftige seit einer halben Ewigkeit und trat zurück, und wurde augenblicklich von einem Regal in meinem Rücken begrüßt. Ah... »Was meinst du?«, lachte ich erbärmlich und richtete meine Brille, als würde ich auch nur irgendwas hier drinnen sehen können. »Mir geht es blendend! Wie gesagt, ich wollte nur etwas holen.« Ich klopfte auf das Regal, als würde es mich in meiner Lüge unterstützen können. Ich spürte seinen Atem, »Percy, Du-«

Bevor er noch ein weiteres Wort sagen konnte, trat ich bereits meinen zweiten Fluchtversuch an. Ich drückte mich an ihm vorbei und stürmte praktisch zu der Tür, die mich aus diesem Loch befreien würde.

Ich drückte die Klinke nach unten. Und nochmal. Und nochmal. Was? Mit ein bisschen Gewalt drückte ich dagegen, doch nichts tat sich und die Dunkelheit blieb. Was zum...? Panisch rüttelte ich an der Tür, stieß seine Zahl von Stoßgebeten Richtung Decke. Das konnte nicht gerade wirklich passieren! »Bitte, bitte,bitte!« Ich rammte mit meiner Schultet gegen das Holz, doch nur meine Knochen schienen nachzugeben. Frustriert rieb ich mir über den zukünftigen blauen Fleck und wollte am liebsten im Boden versinken.

Ich spürte es in jeder Zelle meines Körpers, als Sam näher trat. »Was machst du da?« Fluchend kniff ich dir Augen zusammen, drehte mich in Richtung aus der seine Stimme zu kommen schien. »Die Tür geht nicht mehr auf.

Wir ... wir sitzen hier fest.«

Not your Secretary! [BxB]Where stories live. Discover now