Kapitel 17

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Der Unterricht war zu Ende.
Mein Kopf fühlte sich wie vollgestopft mit Watte an.
Gefühlt war ich halb am schlafen.
Ich habe im Hintergrund die Unterhaltungen gehört, doch konnte ich nicht sagen was gesagt wurde.
Ich war einfach so unglaublich müde.
Zwei Nächte mit einmal kaum und gar keinem Schlaf hatten mir wirklich zu schaffen gemacht.
Und wenn ich ehrlich zu mir war, hatte ich doch seit Monaten nicht mehr wirklich gut geschlafen.
Seit Mama und ich auf der Straße lebten, war es gerade Nachts für uns besonders gefährlich.
Zwar war es offiziell verboten gewesen Nachts außerhalb der Häuser zu sein, doch hatten bei uns in der Stadt schon lange die Werwölfe nur an der Außengrenze der Stadt kontrolliert.
Und ob Schüler in der Schule waren oder sonst wo, war ihnen erst recht egal.
Das Hauptproblem war meist nur das Essen gewesen.
Immerhin gab es nur an wenigen zentralen Orten Essen.
Meine Mutter als 'Arbeitslose' und ich als eigentliche Schülerin bekamen keine wirklich großen Rationen.
Für uns war es überdies einfach gefährlich gewesen länger an einem Ort zu bleiben, damit er uns nicht fand.

Eine Hand tippte vor mir auf den Tisch.
Erschrocken wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
Ray und einer seiner Brüder, Morris wenn ich mich richtig erinnerte, standen vor mir.
,,Hm.", brachte ich leise hervor.
,,Wir wollen los.", sagte Ray.
Ich nickte und quälte mich von Stuhl hoch.
,,Oh man, dass kann man sich ja nicht mit angucken.", sagte Morris und hockte sich mit dem Rücken zu mir runter: ,,Komm ich trag dich."
,,Nein, geht schon..."
,,Hast du heute schon mal im einem Spiegel geguckt? Du kommst wahrscheinlich nichtmal mehr heile die Treppe runter. Lass uns dir helfen."
Ich zögerte.
,,Komm schon Enya.", sagte Ray: ,,Wir wollen nur dein bestes. Wir überlegen uns auch noch was mit deiner Schlafsituation. Das geht so nämlich wirklich nicht weiter. Du kannst wahrscheinlich gar nicht mal einschätzen wie gefährlich das für dich werden kann."
Ich seufzte und gab nach.
Morris zog mich Huckepack auf seinen Rücken und stand auf.
Er schaute einmal über seine Schulter zu mir, nickte mir einmal kurz zu und lief dann mit mir los.
Ray gleich hinter uns.
Und erst jetzt fiel mir auf, dass der Rest schon weg war.
Mühevoll versuchte ich weiter die Augen offen zu halten.
Doch diesen Kampf verlor ich.

Ich wurde wach als ich auf den Boden gelegt wurde.
Verwirrt riss ich die Augen auf und sah mich um.
,,Alles gut Enya. Wir sind auf der Lichtung und dachten du willst vielleicht noch etwas schlafen. Die anderen haben sogar für dich Decken und einen... naja Kissenersatz besorgt.", sprach Shane neben mir leise.
Verwirrt sah ich ihn an, bevor ich meine direkte Umgebung wahrnahm.
Ich lag auf einer Bunt gemusterten Decke und Shane hielt eine weitere in der Hand und in der anderen einen großen Teddybären.
Ich zog meine Augenbrauen nach oben.
,,Ein Teddybär?"
Shane zuckte nur mit den Schultern.
,,Den hat Darmin irgendwo aufgetrieben. Frag mich nicht wo. Werwölfe haben sowas eigentlich nicht. Bei uns geht sowas zu schnell kaputt. Aber er war wohl einfach zu besiegen zu gewesen als ein Kissen."
,,Okay.", sagte ich zögerlich.
,,Hier."
Er reichte mir die Sachen.
,,Schlaf ruhig noch ne runde. Wir wecken dich wenn es essen gibt."
Unsicher sah ich mich um.
Wir waren komplett allein hier.
,,Wo sind die anderen?"
,,Die meisten sind jagen. Außer Darmin, der diskutiert mit seinem Vater wegen deiner Schlafsituation."
,,Was?", fragte ich verwirrt.
Ich verstand nicht ganz was nun Darmin und sein Vater damit zu tun hatten.
,,Oh Sorry, das weißt du ja gar nicht. Darmin, Gorden und Simon sind die ältesten Söhne unseres Alphas. Darmin ist der Erstgeborene und hat daher einen etwas größeren Einfluss auf seinen Vater. Aber mal sehen was da raus kommt. Der Alpha ist was Menschen anbelangt sehr eigen.
Aber das sind gefühlt alle erwachsenen Werwölfe. Die haben ihr etwas eigenes Bild von Menschen, doch das ist jetzt egal. Ruh dich aus. Ich bleib hier."

Moment,... die drei waren die Söhne von diesem Ekel von Alpha?
Wie konnte so jemand Söhne bekommen, die so anders waren...
Naja zumindest Simon und Gordon, soweit ich sie erlebt hatte.
Darmin war auch irgendwie komisch. Aber anders komisch als sein Vater.
Doch wenn er sich für mich einsetzte, konnte er ja auch nicht so schlecht sein.
Erschöpft legte ich mir das Stofftier unter den Kopf und drehte mich in die Decke ein.
Shane machte es sich ein paar Meter weiter bequem und genoss den sonnigen Tag.
Tief atmete ich durch und schloss die Augen.
Hier war es so schön ruhig. Nur der Wind in den Bäumen und ein paar Vögel die ihr Lied sangen.
Es war irgendwie fast schon zu ruhig.
Doch dachte ich mit meinem letzten bewussten Gedanken immernoch darüber nach was wäre, wenn ich den Jungs hier womöglich zu Unrecht traute  und das alles vielleicht doch ein schlechtes Ende nahm...

Wolfsseele - Die gestohlene GefährtinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt