Kapitel 46

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Es hatte sich wirklich einiges verändert.

Darmin hatte es sich nicht nehmen lassen und mich zu der Höhle getragen. Auch wenn diese fast gar nicht mehr an eben jene Höhle erinnerte, die ich vor sechs Jahren zum ersten Mal gesehen hatte. 

Sie hatten den Platz hiervor vom Dickicht befreit und hatten vor dem Eingang eine feste Feuerstelle eingerichtet und ein paar Baumstämme als Sitzbänke darum drapiert. 
In der Nähe ein großer Stapel Holz welcher halb mit einer Plastikplane abgedeckt war. 

Darmin hatte mich auf einem der Baumstämme abgesetzt und die Jungs, oder mittlerweile wirklich viel mehr die Männer, besorgten sich ein paar Hosen. 
Doch dauerte es nicht lange bis die Aufmerksamkeit der Werwölfe wieder auf mir lag. 
Alle schienen ungebrochen glücklich nur Darmin, Shane und Ray auch irgenwie besorgt. 
Letzterer setzte sich auch gleich daran meine Füße zu verarzten. 
Darmin setzte sich demonstrativ neben mich und Shane gab noch ein paar Anweisungen bevor er sich daran machte das Feuer zu entzünden. 
,,Du hast doch bestimmt Hunger, oder? Morris meinte die anderen Wölfe sahen nicht so sonderlich aus als wären sie freundlich zu dir" fragte er nebenbei.  
,,Schon, ich hab aber ehrlich keine Ahnung wann ich das letzte mal was gegessen habe. Die haben mich da im Institut betäubt und wenn ich die Werwölfe richtig gehört hatte sollten die mich wohl noch irgendwo mit ein paar mehr Mädchen hinbringen."
Ray und Shane warfen Darmin einen vielsagenden Blick zu. 
Dieser nickte nur ernst und rief: ,,Gordon, George, Kenyon und Dario. Kontrolliert nochmal gründlich die Grenzen, wir wollen weitere Überraschungen doch lieber vermeiden."
,,Ja Alpha", sagte die vier synchron und verschwanden gleich wieder darauf im Wald. 

Unruhig sah ich zu Darmin.
,,Glaubst du wirklich es kommt noch jemand?"
,,Es ist nicht auszuschließen. Doch diesmal wird nicht nochmal das gleiche wie vor sechs Jahren passieren, versprochen", sagte er und nahm eine meiner Hände in seine: ,,Wir haben in den letzten Jahren viel trainiert. Sowas wie damals passiert nicht nochmal."
Etwas unwohl fühlend sah ich zur Seite. 
,,Hey, Enya...", sprach er mich vorsichtig an. 
,,Warum...?"
,,Frag alles was du möchtest. Ich weiß sie haben dir da viele Sachen gesagt, aber ich verspreche dir immer noch: ich mache nichts was du nicht willst, niemals."
,,Hast- Hast du nie versucht mich da weg zu holen? Die- Die Wölfe da haben gesagt, du hast es niemals versucht..."
Mit aus Schock geweiteten Augen sah er mich an, rutschte vom Baumstamm runter und kniete sich genau vor mir auf den Boden. 
,,Bitte, bitte Glaub mir, dass was sie da erzählt haben ist gelogen." Seine Augen glänzen verdächtig. 
,,Ich habe es wahrscheinlich einige Tausend mal versucht, beginnend gleich nachdem ich nach dem Angriff wieder auf den Beinen war. Sie haben mich und die anderen, die mir selbstverständlich helfen wollten meist gleich hinter unserer Grenze abgefangen. Mehr als einmal haben sie uns mehr Tod als Lebendig liegen gelassen. Ich weiß nicht warum, aber sie haben hier förmlich eine halbe Armee vor Ort nur um uns aufzuhalten... Ich habe es selbst auf diplomatischen Wege versucht, aber darauf hat nie jemand reagiert. Ich hatte furchtbare Angst dich niemals wieder zu sehen. Ich habe keine Nacht mehr durchschlafen zu können und wurde von furchtbaren Alpträumen gequält. Vor etwa einem Jahr hat der oberste Alpha mir ein Ultimatum gestellt. Wahlweise ich höre auf und bekomme ein großzügiges Paket an Waren, die wir gebrauchen können oder das gesamte Rudel wird ausgelöscht. Wenn es nur um mich gegangen wäre, mich hätte nichts aufgehalten. Aber es ging leider nicht nur um mich. Ich konnte nicht einfach so das Leben der anderen wegschmeißen. Ich bin ihr Alpha, sowas kann ich nicht verantworten und ich konnte nur beten und hoffen, dass es dir gut geht und du mich verstehen würdest."

Betroffen sah ich ihm einige Sekunden lang stumm an, während auch mir Tränen in die Augen stiegen. 
,,Du hast es also versucht..."
,,Immer und immer wieder. Wenn du mir nicht glaubst ich und die anderen können die mehr als eine Narbe zeigen, die wir davon getragen haben. Wir haben alles gegeben, aber zwölf Werwölfe haben gegen einhundert Andere leider keine wirkliche Chance."
Ich schniefte: ,, Du hast es versucht... Das ist alles was gerade zählt. Du- Du weißt gar nicht was sie alles erzählt haben. Von wegen du seist gar nicht mein Gefährte, denn ansonsten wärst du schon längst gekommen oder man hätte mich nach meinem 16. Geburtstag zurückgebracht. Aber nichts davon ist passiert. Die haben sogar mit mir diese blöden Test gemacht ob ich nicht vielleicht doch die Gefährtin eines anderen Wolfes bin..."
Erbost knurrte Darmin, sowie die anderen anwesenden Werwölfen, auf.
,,Das sie das auch nur gewagt haben", murrte Shane: ,,Sie haben einem verdammten Alphawolf damit unterstellt seine eigene Gefährtin nicht zu erkennen. Das ist eine größere Beleidigung als die Drohung durch den obersten Alpha. Der alte Sack hängt doch sowieso schon viel zu lange auf seinem Posten."
,,Ich- Ich weiß nicht ob es unbedingt eine Rolle spielt... Aber ich glaub es gibt sogar einen neuen Alpha der das macht."

Abrupt brach das Knurren der restlichen Werwölfe ab.
,,Woher meinst du das zu wissen?", fragte Darmin mich verwirrt.
,,Ich hab ein paar Werwölfe sich darüber unterhalten gehört. Weiß aber nicht ob da wirklich viel wahres dran ist."     

Wolfsseele - Die gestohlene GefährtinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt