Kapitel 34

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,,W-Was ist los?", flüsterte so leise wie es mir möglich war.

Irgendwas war falsch, das sagte mir jeder Faser meines Körpers. Nur was war es?
Sie alle waren so unglaublich still und schienen auf irgendwas zu lauschen. Doch hörte ich einfach nichts. Nur Vögel und der Wind in den Blättern der Bäume.
Wie gut waren bitte ihre Ohren, wenn sie da tatsächlich irgendwas hörten?

,,Darmin", sagte Shane leise.
Dieser stand keine Sekunde später wieder auf den Beinen.
Ihm schienen rasend schnell einige Gedanken durch den Kopf zu gehen.
,,Weg"
,,Was?", sagte Shane.
,,Weg. Sofort. Wir müssen jetzt weg."

Die anderen schienen echt erschrocken, aber keiner von ihnen wendetet etwas ein.
,,Kommen alle mit?", fragte Darmin in die Runde.
,,Was für eine bescheuerte Frage. Uns allen ist schon lange klar, dass es so kommen wird. Also wie sieht dein Plan aus", mischte sich Ray ein.
Tief atmete Darmin durch.

,,Sie sind schon auf dem Weg. Wir müssen Zeit schinden, damit wir Enya hier weg bekommen. Shane, du bist der schnellste von uns. Bring du Enya weg. Du weißt wohin. Wir kommen so schnell wir können nach."
,,Alles klar Alpha", sprach Shane und grinste Darmin breit an. Was irgendwie verrückt war in Anbetracht der Situation.
Shane trat zwei Schritte zurück und wandelte sich rasch in einen Wolf.
Ich zuckte bei dem ganzen ziemlich zusammen. Das Geräusch dabei war wirklich grausig.
,,Keine Sorge Enya. Es wird alles gut werden", sagte Darmin zu mir und lächelte leicht. Das sollte vermutlich aufmunternd sein, doch war es ehrlich gesagt doch eher erbärmlich.

Doch bevor ich das alles durchdenken konnte, hatte Darmin mich einfach hochgehoben und auf den Rücken des gewandelten Shanes gesetzt.
,,W-Was ...", brachte ich gerade noch raus, doch wurde das übergangen.
,,Halt dich hier fest. Ducke dich so tief es geht runter und bloß nicht loslassen", wies mich nur Ray kurz angebunden an.
Verwirrt tat ich, was er mir sagte und krallte meine Hände in das Nackenfell.
Noch bevor ich was sagen konnte, dass ich mich hier oben eigentlich nicht ganz sicher fühlte, sagte Darmin zu Shane nur: ,,Pass gut auf sie auf" und Shane preschte los.
Ein kurzer Schrei verließ meinen Mund.
Ich krallte mich nur noch fester in das Fell und drückte mich so gut es ging an den sich bewegenden Wolfskörper.

Die Bäume und Sträucher rasten an mir vorbei und Shane war wohl wenig danach allen davon auszuweichen. Er rannte geradewegs durch einige Sträucher und ich kniff nur noch rasch die Augen zu, um zumindest diese zu schützen.
Mit meinen Händen mich sonst zu schützen, war wahrscheinlich keine gute Idee.
Ich hatte bei der unmenschlichen Geschwindigkeit wirklich Angst, einfach den Halt zu verlieren und zu fallen.
Das war bei dem Tempo garantiert nicht ungefährlich.
Ob ich Shane damit womöglich wehtat, war mir gerade recht egal. Wer meinte, so schnell rennen zu müssen, hatte sich ein paar ausgerissene Haare verdient.
Warum taten wir das überhaupt?
Ich mein, das hatte ja beinahe schon etwas von einer ...

Die Realität holte mich ein.
Die Erkenntnis sorgte fast dafür, dass ich den Halt verlor.
Wie konnte ich das bitte nicht eher merken?
Wir waren auf der Flucht.
Weil irgendwer jetzt gerade auf dem Weg war, um mich in so eine seltsame Einrichtung zu bringen.
Und die Jungs wollten das verhindern ...
Ich riss die Augen wieder auf.
Sie brachten sich gerade alle meinetwegen in Gefahr ...
Sie hätten sich so nicht verhalten, wenn man es hätte anders lösen können. Jedenfalls schätzte ich sie so ein.
Wenn ich es richtig einschätzte, sollte Shane mich in Sicherheit bringen und die anderen versuchten, wen auch immer da kam, aufzuhalten.
,,Shane", sagte ich zu dem braunen Wolf, doch dieser zuckte nicht mal. War voll konzentriert auf das Rennen und den Weg.
,,Ich will nicht, dass sich jemand wegen mir in Gefahr begibt."
Doch auch darauf gab es keine Reaktion.
Jedenfalls bis er doch mit den Ohren zuckte und er leicht zur Seite zu sehen schien.
Ich selbst sah es aus meiner Position fast nicht.
Doch der Gedanke, dass es meinetwegen war, verpuffte recht schnell.
Aus dem Augenwinkel sah ich eine weitere Gestalt.
Shane schien noch mehr zu beschleunigen.
Ich hatte das Gefühl, dass wenn ich mich auch nur einen Zentimeter höher aufsetzten würde, mich der Wind, der gegen uns prallte, mich von dem Wolf reißen würde.
Egal wer das war, es war garantiert kein Freund.

Die Gestalt sprang näher.
Ein riesiger, dunkler Wolf.
Dieser preschte noch näher an uns heran und schnappte nach Shanes Bein.
Erschrocken schrie ich auf, doch Shane reagierte schnell.
Er machte einen Satz und sprang mit mir auf den Rücken, dem anderen aus dem Weg.
Der andere ließ sich das aber nicht gefallen und es schien zu allem Übel, dass er, wenn auch nur ein wenig, schneller war als wir.
Es dauerte nicht lange und er war wieder auf unserer Höhe. Shanes Pfoten flogen förmlich über den Boden. Aber es reichte nicht, vor allem nicht mit mir auf dem Rücken.
Der andere Wolf setzte erneut an, erwischte diese mal Shanes rechte Vorderpfote.
Ich hörte ihn nur noch vor Schmerz aufheulen, bevor er stützte.
Ich konnte mich nicht mehr halten, das Fell glitt mir aus den Fingern und ich flog von seinem Rücken.
Ein Baum setzte dem jedoch ein rasches Ende.
Mit einem letzten Blick auf Shane knallte ich mit dem Hinterkopf gegen den Baum.

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Teil 1 von 3 des Leseevents 💜

Wolfsseele - Die gestohlene GefährtinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt