Kapitel 54

2K 197 9
                                    

Die Stimmung war angespannt. Anders konnte man es beim besten Willen nicht nennen. 
Mittlerweile hatten sich die anderen zurückverwandelt und saßen schweigend um uns herum. Shane und Darmin schienen allein mit Blicken miteinander zu diskutieren. Die anderen schienen dieser zu Folgen.
Ich verstand nicht was da indirekt kommuiziert wurde. Einzig und allein konnte ich sagen, dass keiner der Anwesenden damit zu frieden war und das ganze zog sich schon eine gefühlte Ewigkeit.
Nacheinander musterte ich die einzelnen Werwölfe.
Dario war es dann, dem es wohl als erstes Auffiel, beziehungsweise darauf reagierte und zu mir sah.
Er mühte sich ein leichtes Lächeln ab, was aber nicht wirklich überzeugend war.
,,Wenn die Einrichtungen für Gefährten der Vorhof zur Hölle sind, sind wir dann die Hölle?"
,,Für die Menschen da: ja, auf jeden Fall. Ein Leben mit einem Werwolf ist das schlimmste für sie. Und wenn ich ehrlich bin, kann ich sie doch gut verstehen. Von meinem Eindruck her, seit ihr hier ja eher die Ausnahme."
Darmin hinter mir seufzte.
,,Viele Werwölfe in unserer Generation haben eine ähnliche Einstellung, auch wenn du es so vielleicht nicht siehst. Die alten überwiegen halt und damit auch ihre Meinungen."
,,Das macht das Leben für die Menschen auch nicht einfacher. Ich glaube auch nichts was von diesem neuen Oberalpha kommen soll, vor allem mit dieser Gefährtensache. So lange sie nicht hier sind glaub ich gar nichts", sagte ich und drehte mich daraufhin zu den anderen um: ,,Aber selbst wenn diese Gefährtinnen kommen sollten sich alle hier anwesende bewusst sein, dass sie wahlweise Todesangst haben oder euch die Pest an den Hals wünschen." 
,,Und wenn sie doch kommen? Was machen wir dann? Wir wollen doch nur glücklich werden", sagte Simon und wirkte ehrlich etwas frustriert. 
Die anderen wirkten auch nicht gerade besser. 
,,Gefährten sind füreinander bestimmt. Wenn es dazu kommen sollte, wird schon alles gut", versuchte Darmin die Stimmung wieder etwas zu heben. 
,,Oder sie bringen sich um oder versuchen es zumindest. Wir alle haben es doch zuhause oft genug erlebt. Auch wenn es den meisten natürlich nicht gelungen ist. Dafür müssen wir Werwölfe uns ja schon lange genug mit der Thematik rumschlagen", lachte Davey fast schon hysterisch drauf los: ,,Und wir sind hier nur mit zwölf Werwölfen. Wie sollen wir das mit den Wachen und beschaffen von Nahrung machen wenn wir zwei Menschen darüber hinaus 24/7 bewachen müssen. Enya kann das sicherlich nicht. Viel mehr wäre es doch eher ein Risiko, dass unsere Luna bei sowas verletzt wird."
Bei dem letzten deutete er frustriert auf mich. 

Alle schwiegen. 
Warum musste das alles auch so kompliziert sein? Es könnte alles so einfach sein, doch haben Außenstehende alles kaputt gemacht. 
Das ganze frustrierte mich einfach ungemein. 
Laut pustete ich Luft aus. 
,,Gut was jetzt?", fragte ich Darmin und drehte mich zu ihm um, so gut es mit dem schmerzenden Hals ging. 
Fragend sah er mich an. 
,,Gehen wir nun davon aus, dass zwei Menschen kommen? Dann sollten wir vielleicht die Umgebung und insbesondere die Höhle Menschensicher machen und alles weg bringen, was sie als Waffe benutzen können. Auch wäre es vielleicht praktisch für den Fall der Fälle mehr Lebensmittel bereit zu haben, um bei Bedarf nicht noch groß etwas besorgen zu müssen."
Überrascht sah er mich an. 
,,Man könnte glatt denken, dass du hier der bessere Alpha wärst", sagte er beeindruckt. 
Shane lachte schallend laut drauf los. Und auch die anderen schauten mich von beeindruckt bis belustigt an. 
Als alle sich wieder etwas beruhigt hatten sah Darmin in die Runde. 
,,Also? Habt ihr eure Luna nicht gehört? Ab an die Arbeit! Ray schau sonst auch noch mal ob du ein paar gute Pflanzen findest die du als Ergänzung zu unseren Medizin Vorräten lagern kannst. Sachen sowohl für Menschen, wie für Werwölfe." 

Die anderen machten sich an die Arbeit, während Darmin mich weiter auf seinem Schoß festhielt. 
,,Meinst du nicht wir sollten uns auch einbringen und helfen?", fragte ich ihn verwundert. 
,,Erstens, du machst gar nichts. Du hast eine Bisswunde am Hals und wirst dich sicherlich nicht körperlich anstrengend. Du wirst dich erholen und nicht dir die Wunde aufreißen."
,,Und du?"
,,Ich observiere die Tätigkeiten der Anderen und achte natürlich auf meine gebissene Gefährtin. Wie üblich werde ich dir die nächste Zeit nicht von der Seite weichen."
,,Noch weniger als seit gestern?"
Er nickte. 
,,Noch weniger", bestätigte er.
,,Ist das überhaupt möglich?", fragte ich mich eher selbst als ihn. 
Er lachte leicht. 
,,Wenn du erst einmal irgendwann selbst eine Werwölfin sein wirst, erlebst du selbst wie das ganze ist. Glaub mir, dann wirst du ziemlich gut verstehen, wie es mir die ganze Zeit geht. Dieses Gefühl nah an dem zweiten Teil der eigenen Seele zu sein ist das schönste was es gibt."
Mit einem lächeln sah er mich an. 
,,Es gibt nichts was schöner in der Welt ist als dieses Gefühl", flüsterte er leise, beugte sich zu mir runter und küsste mich leicht auf die Lippen.

    

Wolfsseele - Die gestohlene GefährtinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt