17- der Typ der mein Ja-Wort bekommt

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17- der Typ, der mein Ja-Wort bekommt

Ich starre ihn an. Einen Antrag stellt man sich nicht so vor. In einfacher Kleidung, ohne Ring. Aber dafür kniet ein Typ vor mir, den ich kaum kenne und mit dem mir wohl am bestbekanntesten Grinsen und funkelnden Augen. »Willst du mir nicht antworten?«
Nein. Will ich nicht.

»Aklima.«

Ich bin mal wieder versteinert. Das kann ich ja so gut.

»Aklima.«

Langsam komme ich wieder zu mir und nicke schnell, während ich mir auf die Lippe beiße. Wenn nicht, würden anfangen, die Leute zu gucken und das wäre einfach nur peinlich.
Er aber ist nicht zufrieden. Wäre auch zu schön gewesen. »Ich will das Wort hören.«

»Ja man, ja. Ich will dich heiraten. Jetzt steh auf«, will ich dafür sorgen, dass er endlich aufsteht, aber er lacht nur.
»Steh auf oder ich ändere meine Meinung!«
Ich sehe mich hektisch um, bis er wieder auf seinem Platz sitzt.
»Einmal Ja ist immer Ja«, erwidert er dann. »Für immer.«

»Sei dir mal da nicht so sicher«, widerspreche ich und sehe erst dann, dass meine Mutter mich versucht hat zu erreichen. Natürlich, das muss ja so laufen. Wenn der Typ anruft und ich mitten im Unterricht oder neben Zehra sitze, ist mein Handy immer laut, aber wenn es mal lautlos ist, muss meine entzückende Mutter anrufen, die mir übrigens den Kopf dafür abreißen wird, dass ich nicht drangegangen bin.

»Oh shit«, nuschele ich deshalb.
»Was ist?«, will Zamir wissen und zieht die Brauen zusammen.
»Meine Mutter hat versucht, mich zu erreichen. Sie wird ausflippen.«
Ich versuche sie zurückzurufen, aber sie geht nicht dran. Sie darf das ja. »Du weißt nicht, zu was sie sich verwandelt, wenn sie besorgt ist.«

Er lächelt schwach, während er langsam aufsteht. »Nein, weiß ich nicht.«
Er sagt es so schnell und leise, als sei es nur nebensächlich. Ich merke erst, was meine Worte bei ihm bewirkt haben, als er mir vorschlägt, mich zu fahren. Seine Mutter ist verstorben und sein Vater in Haft. Selbst davor hatte er keine Zeit für seinem Sohn. Er kennt das nicht, was ich durchmache und was ich für Horror halte, wäre für ihn vielleicht ein Wunsch.

Im Auto bin ich deshalb eher leise, genauso wie er auch.
»Danke«, nuschele ich daher leide, als wir ankommen.
Er lacht und ich weiß, es echt. »Ich kann meine Verlobte ja nicht allein in der Dunkelheit nach Hause gehen lassen.«
»Zamir!«
Ich reiße mal wieder die Augen auf, aber dieses Mal muss schmunzeln.
»Du hast mir das Ja Wort gegeben«, erinnert er mich und bringt mich damit zum Lachen.
»Jetzt gibt's wohl kein Zurück«, meint er und ich verlasse nickend den Wagen.

Ich mache mich mental auf den Ärger meiner Mutter bereit. Doch als sie die Tür öffnet, schließt sie mich direkt in ihre Arme und erdrückt mich beinahe. »Ich hab dich so vermisst.«
Okay, hier läuft etwas definitiv falsch.

Ich versuche mich verkrampft aus der Umarmung zu lösen. »Was ist?«
»Wer hat dich hergebracht?«, will Ilayda da wissen, die auch am Türrahmen steht. Sie hebt beide Brauen. »Es war ein Typ, definitiv! Er ist erst losgefahren, als du im Apartment warst.«
»Was stalkst du mich?«
»Wer war das?«, fragt sie beinahe wütend. Muss sie wieder ein auf großer Bruder, der mich beschützen will, tun?
»Güney«, antworte ich also und merke, dass mein Herz schneller schlägt, aus Angst, sie würde etwas ahnen.

»Ilayda, das ist vollkommen egal. Der Gast wartet«, meint meine Mutter und deutet auf die geschlossene Tür des Wohnzimmers.
»Was hast du für Scheiße getrieben, dass der Direktor hier ist?«, fragt Ilayda nun und mir gefriert das Blut in meinen Adern. Ich atme kaum. »Wer ist da?«
»Der Direktor«, antwortet meine Mutter und zieht mich mit sich rein.

»Ich will da nicht rein, Anne (Mutter), nein, lass mich«, zische ich, als meine Mutter mich versucht ins Wohnzimmer zu zerren.
»Er will nur mit dir reden, Aklima.«
»Er weiß davon Bescheid, das ist peinlich. Was bist du für eine Mutter, dass du deine eigene Tochter aushändigst?«
Sie lässt locker. »Du kannst doch nicht vor deinem Direktor fliehen.«
»Doch, ich kann«, entgegne ich. Sie schüttelt den Kopf und schubst mich durch die Tür.

Ich fliege nicht auf die Fresse und kann mich noch auf den Füßen halten. Mit einem gequälten Lächeln schaue ich zu meinem Direktor, der auf der Couch sitzt.
»Guten Abend«, grüßt mich mein Direktor. Jetzt tut der wieder ein auf gute Freunde.

Ich setze mich widerwillig hin. »Was führt Sie hierher?«
Ich möchte sterben. Wieso kann ich nicht vor diesem Mann fliehen?

»Zamir ist für mich wie ein Sohn«, beginnt er. Ich glaube, diesen Fakt hat jeder verstanden, auch ohne dass er es laut erwähnen muss.
»Zamirs Vater und ich sind wie Geschwister aufgewachsen. Wäre Zamirs Opa nicht gewesen, hätte ich nie meine Bildung genießen können, ich wäre niemals Direktor, könnte niemals hier vor die sitzen. Ich schulde ihnen mein Leben. Daher bin ich sehr zimperlich, wenn es um Zamir geht. Ich habe überreagiert und deshalb möchte ich mich bei dir entschuldigen.«

Wow. Das hab ich nicht erwartet. »Es ist schon okay. Sie wollten ihn nur beschützen.«
»Ja, das wollte ich. Das kann ich aber nicht- und deshalb will ich dich bitten, ein Auge auf ihn zu werfen. Falls er etwas brauchen sollte oder falls-«
»Entschuldigen Sie, aber das kann ich schlecht. Wie ich auch zahlreich vorher gesagt habe, ich habe kein richtiges Verhältnis zu ihm. Wenn er ein Problem hat, würde er eher zu Ihnen gehen, anstatt zu mir.«
»Ach wirklich?«
Mein Direktor hebt eine Braue. Wie kann Jess ihn bloß mit einem Teddy vergleichen?

Ich nicke nur. Das ist mir echt zu blöd.
Mein Direktor steht auf und seufzt dabei enttäuscht. »Falls trotzdem etwas sein sollte, möchte ich, dass du mir Bescheid gibst.«
Danach geht er schließlich und lässt mich mit einem unguten Gefühl zurück.

»Und, fliegst du von der Schule?«, fragt Ilayda mit funkelnden Augen. Ich weiß echt nicht, was sie erwartet.
»Nein, er will, dass ich seinen Sohn heirate«, scherze ich und kann mich schließlich nach diesem harten Tag in mein Bett legen.

Bevor ich einschlafe, bekomme ich eine Nachricht von der Typ.
"Gute Nacht", schreibt er- und schön wird meine Nacht.

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Der Typ, der mein Verlobter sein sollWhere stories live. Discover now