47- der Typ, der meinen Nachnamen geklaut hat

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47- der Typ, der meinen Nachnamen geklaut hat

Ich starre die Wand schon eine ganze Weile an. Immer wieder spielt die Szene in meinem Kopf, wie ich ihm mein Ja-Wort gebe und er mir seins.

Dabei spiele ich mit dem Ring, der an meinem Finger steckt und spüre, wie sich Wärme in meiner Brust ausbreitet. Ganz langsam nimmt sie meinen Körper ein und löst ein wohliges Gefühl in mir aus.

Aber das Gefühl wird schnell von Skepsis verdrängt.
Vorgestern war ich noch Aklima Ersoy.
Wie kam es dazu, dass ich gestern zu Aklima Mirakaj wurde?

Ich drehe mich um und presse mein Gesicht gegen das Kissen. Einen Schrei lasse ich heraus, den das Kissen erstickt. Was ist, wenn es jemand herauskriegt? Noch schlimmer, was ist, wenn es Zamir herauskriegt? Ich kann schon sein dämliches Grinsen vor mir sehen.

Kurz danach höre ich Glas klirren. Jap, wenn meine Mutter wach ist, kann sie niemals leise sein. Ich muss deshalb lächeln. Zumindest etwas gewohntes.

»Wie ich sehe, trägt Aklima Mirakaj ihren Ring mit Ehre und Stolz«, begrüßt mich Ilayda. Dass sie sich umgezogen hat, verwirrt mich. Normalerweise tanzt sie im Pyjama am Frühstückstisch an.

Als ich dann sehe, dass auch meine Mutter nicht in ihren Schlafsachen vor mit steht und sich mehr Mühe fürs Frühstück macht, mache ich mir Sorgen.

»Bekommen wir Besuch?«, frage ich und die Antwort hätte ich auch erraten können.
»Zamir ist jeden Augenblick da«, lächelt meine Mutter. »Er hat gestern seine Autoschlüssel hier vergessen.«
Wieso kann ich mir zu gut vorstellen, dass Zamir- auch Liebling meiner Mutter genannt- gestern absichtlich die Schlüssel nicht mitgenommen hat, weil er heute herkommen wollte?

Meine Mutter legt eine weiteren Teller auf den Tisch und legt dann verwirrt die Stirn in Falten. »Wie kann er die denn hier vergessen haben?«
»Ilayda hat sie im geklaut!«, verpetze ich meine kleine Schwester wie ein Kleinkind und fuchtele mit dem Arm in ihre Richtung. »Schimpf mit ihr!«
Ehrlich, jemand muss etwas tun, bevor dieses Mädchen noch weit schlimmeres anstellt. Zutrauen würde ich es ihr ja.
»Ilayda!«, ruft meine Mutter empört, während Ilayda schreit, dass ich ein Schwesterschwein bin.

Ich lächle zufrieden, bis es an der Tür klingelt und ich erschrocken die Augen aufreiße. Zamir ist da und ich stehe hier in meinem Pyjama.
  »Er ist da«, vergisst meine Mutter Ilayda und läuft zur Tür.
  »Die Ehefrau stellt man sich am ersten Morgen anders vor«, streckt Ilayda ihre Zunge heraus und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr Tod irgendwann durch meine Hände verursacht wird.

Ich renne in mein Zimmer, knalle die Tür aus Versehen zu laut zu und schließe ab. Geschwind reiße ich meinen Kleiderschrank auf. Einen Moment davor habe ich daran gedacht, dass Ilayda, um mich zu blamieren, alle meine Kleidungsstücke klauen hätte können. Aber das hat sie nicht- Gott sei Dank.
Ich bekomme noch Paranoia wegen dieser Hexe.

Dann höre ich Zamirs Stimme. Ich ziehe mich rasch um und verlasse mein Zimmer. Zamir hat Blumen in der Hand, die er meiner Mutter reicht. Dieser Albaner weiß einfach, wie er das Herz meiner Mutter erobern kann. Tut wieder ein auf Gentleman.
  »Ich hatte erwartet, dass Feya auch kommt«, meint meine Mutter, während sie die Blumen in eine Vase stellt.

»Feya hat noch etwas mit dem Direktor zu besprechen«, erklärt Zamir und sieht zum ersten Mal zu mir. Er schenkt mir sein schiefes Grinsen. Selbst nach all der Zeit mag ich es zu beobachten, wie er zuerst den einen, dann den anderen Mundwinkel hebt.

Der Typ, der mein Verlobter sein sollKde žijí příběhy. Začni objevovat