30- der Typ, der Bedingungen stellt

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30- der Typ, der Bedingungen stellt

Der Aufzug, den meine Mutter runtergeholt hat, springt auf. Ich will reingehen, da stellt sich Zamir vor mich hin.
  »Es tut-«, beginnt er zu sagen, aber ich hab keine Kraft, dem zuzuhören. Ich kann nicht fassen, wie sehr er mir wehgetan hat mit ein paar Worten.
  Deshalb unterbreche ich ihn. »Du solltest mit diesem Geruch nicht vor meiner Mutter stehen. Sie sagt es nie, aber es erinnert sie an meinen Vater.«

Zamir lässt die Arme hängen und starrt mich schockiert an. Die Türen des Aufzuges sind dabei sich zu schließen, weshalb ich meine Hand dazwischen tue und mich dann in den Aufzug begebe. Er sieht mich nicht an, ist immer noch verharrt in derselben Position. War ich zu hart?

Die Türen gleiten wieder zu und Zamir verschwindet aus meinem Blick.

Meine Mutter redet oben mit dem Arzt. Die Operation war erfolgreich. Es können aber trotzdem noch Komplikationen geschehen. Sie muss den Tag im Krankenhaus bleiben und dann eine Weile im Rollstuhl.

»Es ist nur kurzfristig«, erzählen wie Ilayda und verschweigen, dass es noch nicht ganz vorbei ist. Sie sieht es als ein Abenteuer, da sie weiß, es ist nicht für die Ewigkeit.

»Was ist los?«, fragt meine Mutter auf der Rückfahrt.
  »Was soll denn los sein? Ilayda geht es gut, mir geht es gut.«
  »Wenn das dein glückliches Gesicht ist, dann will ich dein trauriges nicht sehen«, sagt sie.
  »Alles in Ordnung, bin nur erschöpft.«
Da ist sie wieder, die Ausrede für alles.

»Ist etwas mit Zamir?«, fragt sie dann vorsichtig und sieht mich dabei extra nicht an.
  »Nein, muss immer etwas mit Zamir sein?«, zische ich genervt. Das ist eigentlich Antwort genug.
  »Er war nicht im Krankenhaus, deshalb frage ich. Das ist ja sonst nicht seine Art.«

Wir schweigen, bis wie zu Hause sind und der Druck in mir steigt immer mehr. Vielleicht war ich doch zu hart. Was raucht der aber auch so viel?

»Hast du noch Hunger?«, fragt meine Mutter. Ich trinke ein Glas Wasser und versuche währenddessen den Kopf zu schütteln, was sich als keine gute Idee herausstellt, weil ich mich verschlucke und husten muss.
  »Wenn du reden willst, stehe ich immer zur Verfügung«, nuschelt sie etwas beleidigt und lehnt sich an die Küchentheke.

Der Druck wird noch größer. »Anne, (Mutter) ich muss dir etwas gestehen.«
  Ihre Augen funkeln. »Was?«
  »Am ersten Tag, an dem ich Zamir kennengelernt habe-«
  »Ja-aaah«, zieht sie das Wort lang. Gleichzeitig werden ihre Augen um einiges größer. »Du hast doch gesagt, ich solle ihn nicht beleidigen...«
  Ihre Augengröße bekommt ein Maximum, doch sie funkeln nicht mehr. Sie ahnt es. »Aklima!«

»Ich hab ihn doch beleidigt«, gebe ich zu. »Und nachdem ich herausgefunden habe, dass er Deutsch versteht, habe ich ihn auf Türkisch beleidigt.«
  »Das hast du nicht!«, ruft sie entsetzt.
  »Ja, aber weil die Hälfte der Schule türkische Beleidigungen kennt, hat er das auch verstanden.«
  »Oh nein!«, sie fasst sich an den Kopf.
Wieso hab ich das jetzt noch einmal gestanden?

Ich schlage mit der geschlossenen Faust gegen meine Brust. Der Druck ist immer noch nicht weg.

»Wie- wie kannst du das wagen!«, schreit sie mich an.
  »Na ja, ich bin deine Tochter. Du weißt, ich mache sowas. Ansonsten hättest du mich ja nicht gewarnt.«
  »Ich hab dich sogar gewarnt!«, erinnert sie sich.

Ich laufe in Richtung meines Zimmers.
  »Hast du dich wenigstens entschuldigt?«, fragt sie, während sie mir nachläuft.
  »Klar.«
  »Du hast es verdient, zu sagen, ist keine Entschuldigung!«
  »Wie kommst du darauf, dass ich so etwas gesagt habe?«
  »Hm, wie wohl? Dabei ist der Junge immer zu gut zu dir. Er denkt nie an sich, immer an andere. Wie oft hat er dich irgendwohin fahren müssen?«

Der Typ, der mein Verlobter sein sollDove le storie prendono vita. Scoprilo ora