41- der Typ, der nicht einmal eine Krawatte binden kann

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41- der Typ, der nicht einmal eine Krawatte binden kann

Schon seit der fünften Klasse denke ich darüber nach, wie mein Abiballkleid aussehen wird. Ich habe meine Ideen damals immer aufzeichnet gehabt und wollte sie dann schneidern lassen. Die Zeichnungen habe ich versteckt, weil ich es so süß finde, aber mein Geschmack ähnelt dem von damals kein bisschen.

Lustig ist, dass Ilayda genau dasselbe tut, nur dass sie früher damit angefangen hat, davon zu träumen und nicht nur Zeichnungen von ihre Abiballkleid, sondern genauso von ihrer Verlobung, ihrem Henna-Abend-Kleid und dem Hochzeitskleid hat- inklusive den Sachen, die ihr Zukünftiger tragen soll.

Ich sehe mich um, während Zamir zu einer Angestelltin geht. Die Kleider sind ziemlich schön, aber ich bin skeptisch darüber, ob ich heute eins finde. Zamirs Anwesenheit macht mir Druck. Ich will ihn nicht warten lassen, aber dafür ein mich nicht zufriedenstellendes Kleid zu holen wäre unendlich dumm.

»Wir hoffen, es ist ihn Ihrer Zufriedenheit«, sagt die Angestelltin und ich höre auf, nach den Kleidern zu sehen und laufe zu Zamir. »Du hast dir schon etwas ausgesucht?«
Er nickt, schief grinsend. »Ich wollte dich nicht warten lassen.«
»Das ist nicht dein ernst«, gebe ich von mir.

»Die Änderungen wurden vorgenommen«, erklärt die Angestelltin lächelnd. »Ich würde Ihnen empfehlen, es noch einmal anzuprobieren.«
Ich nicke bekräftigend und Zamir verschwindet in die Umkleidekabine.

»Gibt es etwas Bestimmtes, was sie suchen?«, werde ich nebenbei gefragt. Ich suche auf meinem Handy nach Bildern, die ich im laufe der Zeit abgespeichert habe und zeige sie ihr. Sie nickt. »So ein ähnliches Modell müssten wir haben.«
Dann ist sie auch schon weg.

Zamir tritt kurz danach heraus und ich höre auf zu atmen. Schwarz steht ihm, das habe ich vorher auch schon gewusst. Aber der Anzug ist noch einmal eine komplett andere Welt. Er hat die Brauen zusammengezogen und sieht skeptisch zu seiner Krawatte. »So irgendwie ging das doch.«

Erstarren kann ich gut. Aber meistens fühle ich mich dabei unbehaglich und tonnenweise Blut spritzt mir hoch ins Gesicht. Dieses Mal fließt das Blut viel zu schnell und dennoch fühle ich mich gut. Irgendwann wird dieser Typ, der nicht einmal eine Krawatte binden kann vor einem Mädchen in weißem Kleid stehen und vielleicht wird sie lachen und die Aufgabe ihm übernehmen. Und ich weiß nicht, wieso, aber in meinem Kopf ist diese Person Mirjana- und wenn nicht sie, dann sicher eine bildhübsche Albanerin.

Zamir lacht unsicher auf und sieht mich dann an. »Ich konnte das Mal. Ist wohl zu lange her.«
Ich hätte ihm geholfen, würde ich wissen, wie das geht. Bis jetzt habe ich solches Wissen auch nie gebraucht.

»Warten Sie, ich helfe Ihnen«, kommt die Angestelltin von gerade eben und ich wünsche noch heftiger, dass ich mich hätte vorher mal hätte informiert. Sie braucht nicht lange, da bedankt sich Zamir flüchtig und sieht wieder zu mir. »Wie ist das?«
Ich mag dir Angestelltin nicht. »Gut.«
Obwohl sie ja nur ihre Aufgabe macht, ist sie mir mit einem Mal so unsympathisch, dass ich mich selbst frage- wieso?

»Nur gut?«, will Zamir wissen und ist irgendwie enttäuscht. Ich zwinge mich selbst, ihn- ich meine den Smoking nicht perfekt zu finden. Aber wen versuche ich zu verarschen? Seit wann denke ich schon so? »Er steht dir.«

Jetzt lächelt er zufrieden. »Wenn er die gefällt, dann ist der Rest ja egal.«
Mit den Worten läuft er zurück zur Kabine und die Angestelltin wirft mir einen vielsagenden Blick zu.
»Wir sind Freunde«, erkläre ich ihr oder erkläre ich das mir selbst? Wieso bin ich so durcheinander?
»Da bin ich mir sicher«, erwidert sie, die Brauen hochhebend. »Wir hätten eigentlich ein Modell nach Ihren Ansprüchen, aber es würde erst morgen zur Verfügung stehen.«

Der Typ, der mein Verlobter sein sollWhere stories live. Discover now