42- der Typ, der den Termin bekanntgibt

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42- der Typ, der den Termin bekanntgibt

Ich gehe den Flur auf und ab, versuche abwechselnd Zamir und dann Ilayda zu erreichen, was sich als vergeblich herausstellt.

Seufzend lasse ich mich schließlich auf das Sofa im Wohnzimmer und denke angestrengt nach. Wie konnte sie es erfahren? Wie?

Als ich das Klicken des Schlüssels an der Haustür höre, springe ich auf. Meine Mutter hat die Hände mit Tüten voll und schießt daher die Tür mit dem Fuß. Ich nehme ihr die Tüten rasch ab und stelle sie daraufhin auf den Küchentisch. »Ilayda hat es herausgefunden.«
Ich sehe zu, wie sie die Schuhe auszieht. »Das mit Zamir und mir.«

Meine Mutter schaut überrascht auf und kommt auf mich zu. »Woher?«
  »Das ist die Frage.«
  »Oh Gott«, sie zischt. »Ich hatte heute ein Gespräch mit dem Direktor- ob sie das gehört hat? Sie hätte schon weg sein müssen.«

  Ich seufze laut auf. »Na ja, auf jeden Fall weiß sie es und sie ist deshalb sauer auf mich.«
  »Das tut mir leid.«
Sie runzelt verzweifelt die Stirn und nimmt meine Hand.
  »Sie hätte es sowieso irgendwie erfahren.«
Mit den Worten lächle ich leicht gezwungen, entziehe ihr meine Hand und gehe auf mein Zimmer.

Es hätte passieren müssen. Wirklich? Hätte es das? Ich weiß es nicht. Im Moment kommt mir die ganze Sache mit der Eheschließung nicht nur eine rein auf Papier bestehende ist, die nicht zu meiner Realität gehört- und trotzdem nimmt sie mehr und mehr mein privates Leben ein. Zamir nimmt mein privates Leben ein.

Ich schmeiß mich auf mein Bett, rolle mich in meine Bettdecke und denke nach. Irgendwann schellt es an der Tür und ich sprinte dorthin. Ilayda geht an mir vorbei, rammt mich extra mit der Schulter und Zamir kratzt sich am Kopf.

»Was ist passiert?«, frage ich, obwohl ich ihm eigentlich lieber eine Klatschen würde, weil er nicht an sein Handy gegangen ist.
  »Sie kennt unser Geheimnis«, erklärt er, was ich schon weiß.
  »Worüber habt ihr geredet? Wie hat sie reagiert? Sie hat dich doch nicht beleidigt?«, sprudelt es aus mir.

Er lacht darüber. »Du ähnelst deiner Mutter sehr- und Ilayda ähnelt dir.«
  »Also hat sie dich beleidigt«, schließe ich daraus. Man erntet wohl, was man sät.
  »Nicht so krass wie du«, antwortet er.
  Ich schenke ihm einen gespielt tadelnden Blick. »Also was hat sie gesagt?«
  »Es ist ein Geheimnis.«
  »Wie bitte?«
  »Zwischen Ilayda und mir«, fügt er hinzu. »Sie ist nur verletzt, weil sie es so erfahren musste.«

Ich nicke. »Das weiß ich. Vermutlich wird sie ziemlich lange so tun, als sei sie sauer, selbst wenn sie es nicht mehr ist.«
  »Das kann ich mir gut vorstellen«, meint er und die Vorstellung scheint ihn zu amüsieren. »Aklima.«

»Ja?«, frage ich und lehne mich an den Türrahmen. Eigentlich wollte ich nur wissen, was Ilayda getan hat. Jetzt kriege ich darauf keine Antwort und trotzdem dauert unser Gespräch länger.
  »Immer, wenn ich das Gespräch auf den Termin im Standesamt angesprochen habe, bist du ausgewichen.«
  Ich verkrampfe. »Willst du mir wirklich nicht sagen, was Ilayda gemacht hat?«
  »Schon wieder.«
  »Ups.«

Zamir fährt sich unsicher durch das Haar. »Willst du es denn gar nicht wissen?«
  »Ich will keine Tage zählen«, antworte ich und merke dann, wie es für ihn klingen muss. »Nicht, dass ich Tage zählen würde- sondern weil es-«
  Ich finde nicht das passende Wort.
  »Beängstigend?«, versucht Zamir.
  Ich zucke mit der Schulter. »Nicht ganz.«

»Wann soll ich es dir denn sagen?«, fragt er mich und ich frage mich, wieso er so darauf besteht, es mir zu verraten. Am Anfang, da hat er es noch oft versucht, irgendwann aber gänzlich aufgegeben.
  »Soll ich dir ein Tag vorher Bescheid geben?«, will er wissen. Währenddessen führe ich meine Gedanken zu ende aus. Wenn er es jetzt sagen will, dann muss es bedeuten, dass es nicht mehr lange ist. Wie lange hätte es denn noch dauern können?

Der Typ, der mein Verlobter sein sollWhere stories live. Discover now