46- der Typ, der dauernd albanisch redet

11.6K 633 362
                                    

46- der Typ, der dauernd albanisch redet

Verwirrt schaue ich zum Mädchen, das schon Platz nimmt.
»Ich glaube, ich brauche keinen Zeugen«, meint Zamir plötzlich monoton und scheint mehr als nur verwirrt- wie wir alle.
Das Mädchen weiß, was sie tut. Da sie schon sitzt, kann man sie nun schlecht befragen. Der Standesbeamter schaut uns sowieso skeptisch an. Dieser Ehe würde wohl niemand glauben. Kann er eigentlich ablehnen, uns zu verheiraten, wenn er meint, es sei nicht echt? Darüber habe ich nie nachgedacht.

»Setzen wir uns«, meint Zamir und ich schaue ihn fragend an.
»Gut, dass du da bist Feya«, richtet er sich dann an das Mädchen und beantwortet mir damit meine Frage- zumindest zur Hälfte. Ihr Name reicht nicht. Ich muss wissen, wer sie ist, was sie hier macht, welches Verhältnis sie zu ihm hat- ich meine, ich heirate diesen Typen gleich. Da sollte man sowas doch wissen, selbst wenn es nicht echt ist.

»Meine Cousine«, flüstert er mir dann. Zumindest keine Ex. Hat er überhaupt eine Ex? Bestimmt. Wieso nimmt er nicht seine Ex zur Frau? Irgendwie macht mich das wütend.

Ich lasse mich auf den Platz nieder. »Du meintest doch vorher, du willst überhaupt keinen Zeugen«, erinnere ich mich. Das hatte ich schon wieder vergessen.
»Mein Vater hat darauf bestanden gehabt«, antwortet er leise. Meine Mutter und Ilayda setzen sich auch und ich werde wieder hibbelig.

Ilayda deutet mit dem Bein, dass ich Zamir gleich auf den Fuß treten soll. Ich schüttele den Kopf und sie seufzt. Zu meinem Entsetzen hat das Feya auch mitbekommen. Ich versuche leicht zu lächeln und mit meinem Blicken zu erklären, dass Ilayda Witze macht, aber sie ist auch dafür. Grinsend macht sie eine Bewegung, die zeigen soll, dass ich feste zutreten soll.
Ich glaube, die sind alle gestört.

Ich weiß nicht, wieso, aber die Anwesenheit dieser Feya beunruhigt mich. Sie kaut nun auf der Lippe herum und starrt mich an. Als ich ihren Blick folge, sehe ich den Ring von Zamirs Mutter. Oh. Den habe ich ja total vergessen. Die andere Hand über den Ring legend frage ich mich, was sie wohl denken muss.

»Aklima«, presst meine Mutter mit einem gezwungenen Lächeln hervor. Oh. Wieso bin ich heute so zerstreut?
  »Zemer (Mein Herz)«, nennt mich Zamir kurz danach und ich schaue ihn mit großen Augen an. Was das heißt, weiß ich ganz genau, selbst wenn ich kein albanisch spreche. Ich glaube, ich war die ganze Zeit so sehr abgelenkt, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie nah wir uns sind. Albanisch ist schon eine attraktive Sprache, fällt mir auf.

»Soll ich die Frage wiederholen?«, fragt der Standesbeamter.
  »Wie süß, die Braut ist nervös«, kommentiert Feya und legt den Kopf schief.
  »Nein nein«, antworte ich dem Standesbeamten.
  »Nein?«, hebt er die Brauen.
  »Nein, also die Frage brauchen Sie nicht wiederholen«, antworte ich und mir wird mit einem Mal ziemlich heiß.

Zamir nimmt meine Hand. Wieso macht er das vor meiner Mutter? Ich versuche mich zu sammeln. »Ja, ich will.«
Oh Gott, wie rot ich wahrscheinlich bin.
  »Ich dachte schon, du hättest dich umentschieden«, scherzt er flüsternd und der Standesbeamter richtet sich nun an ihn. Was ist eigentlich mit dem Direktor passiert?

Ilayda deutet noch einmal, dass ich auf Zamirs Schuh treten soll, doch ich schüttele den Kopf. Echt, heute bin ich so zerstreut gewesen, man müsse mir auf den Fuß treten. Ich könnte mich schlagen.

Bevor Zamir überhaupt antworten kann, schreit er auf einmal auf und verzerrt den Mund dann vor Schmerz.
  Feya lacht laut auf. »Ach, die Braut«, sagt sie dann und es ist beinahe gruslig, wie breit ihr Grinsen dabei wird. »Bräuche sind etwas schönes, finden Sie nicht?«
Wie jetzt? Hat sie ihm tatsächlich auf den Schuh getreten und schiebt es mir in die Schuhe?
  »In der Tat«, meint der Standesbeamter. Ich habe das Gefühl, er könnte nicht mürrischer sein.

Der Typ, der mein Verlobter sein sollWhere stories live. Discover now