23- der Typ, der seinen Rucksack entleert

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23- der Typ, der seinen Rucksack entleert

»Was hast du hier zu suchen?«, fragt Zamir abwertend.
Yey, endlich sieht meine Mutter Zamirs unhöfliche Seite.

Unser Direktor räuspert sich. »Ich wurde eingeladen.«
Meine Muttet lächelt unsicher. »Setzt euch doch erst einmal rein.«
»Nein, lieber nicht«, entgegnet Zamir. Er wirkt wieder angespannt. Allein deshalb kann ich unseren Direktor nicht leiden. Dieser fühlt sich auch noch unheimlich autoritär und deutet ins Wohnzimmer. »Setz dich ins Wohnzimmer, mein Sohn.«
Zamir hebt die Braue. »Seit wann bin ich dein Sohn?«

Unser Direktor räuspert sich wieder und widmet Zamir einen drohenden Blick. Ich hab echt keine Ahnung, wie Jess darauf kommt zu meinen, er sähe aus wie ein Teddy.
Meine Mutter schaut mich hilfesuchend an, wobei ich nur mit der Schulter zucke. Ich hab sie gewarnt gehabt. Ihre Schuld.

»Aber ich hab so viel zu essen gemacht!«, versucht es meine Mutter nun. Irgendwie ist das ja ganz lustig.
»Keine Sorge, Zamir wird schon mitessen«, bestimmt der Direktor und damit provoziert er Zamir nur noch mehr. Der weiß echt nicht, wie er mit Leuten umzugehen hat. »Du solltest zu deiner Verlobten stehen. Wie du vor mir zu ihr stehen konntest.«

Zamirs Hand ist zu einer Faust geballt, die er immer weiter zudrückt. Sein Kiefer ist angespannt und er schaut hasserfüllt in die Augen des Direktors. Ich spüre den fragenden Blick meiner Mutter und meide es daher, zu ihr zu sehen. Mein Blick liegt auf Zamir. Zugegebenermaßen bin ich neugierig, was er machen wird. Zamir atmet aus und entspannt die Hand. Dann geht er an uns vorbei ins Wohnzimmer.
»Schön, dass du deinen Stolz bei Seite stellen kannst«, erwidert unser Direktor siegesstolz und sieht mich dann eindringlich an. Ich ignoriere auch seinen Blick. Ich will einfach nur im Erdboden versinken. Wieso hat er das jetzt getan?

»Aklima, hilf mir doch«, zieht mich meine Mutter in die Küche und drückt dann Besteck in die Hand. »Wie hast du dich verletzt? Hat es etwas mit Zamir zutun?«
Ich schüttele den Kopf. »Bin gegen die Türklinke gestoßen und hab die Lippe verletzt.«
»Wovon redet er dann?«, meint sie
unseren tollen Direktor. Ich zucke mit der Schulter. »Keine Ahnung, ich hab nach einer Weile aufgehört zuzuhören. War zu langweilig.«
»Das ist nicht dein ernst.«
Ich verschwinde schnell aus der Küche und decke den Tisch.

»Soll ich dir helfen?«, fragt Zamir. Ich schüttele den Kopf. »Ist nicht viel.«
Aber vielleicht hätte ich Ja sagen und ihm das Alleinsein mit dem Direktor ersparen sollen.

Als wir dann essen, ist es für einen Augenblick still. Meine Mutter stupst mein Bein mit dem Fuß an. Sie will tatsächlich, dass ich ein Thema eröffne. Ich werfe ihr einen Blick, der so viel wie "das-kannst-du-vergessen" bedeutet. Ich war nicht diejenige, die die beiden unbedingt zusammenbringen wollte.

Sie seufzt. »Wie ist die Schule?«
»Gut«, antwortet Zamir knapp. Darüber lacht unser Direktor und erntet aller Aufmerksamkeit. »Ich würde mich freuen, wenn ihr lieber lernt, anstatt euch in Schwierigkeiten zu begeben.«
»Von welchen Schwierigkeiten reden Sie?«, will ich wissen. Ist das sein verdammter ernst? Ist das der passende Moment, um so etwas zu besprechen?
»Erzähl du es mir«, meint unser Direktor und er hat ein provozierendes Lächeln im Gesicht. »Was ist mit deiner Lippe passiert?«
»Ich bin tollpatschig.«
»Was soll diese Andeutung?«, platzt Zamir. »Lass sie da raus.«
»Ich mache mir doch nur Sorgen«, verteidigt er sich uns isst weiter.

»Das mit der Tollpatschigkeit liegt wohl an der Familie«, meint meine Mutter und versucht damit die Situation zu entspannen. Man merkt aber an ihrem Blick, dass sie nicht mehr viel von unserem Direktor hält.
»Aber vor allem die Schönheit«, fügt der Direktor hinzu und das überrascht uns alle. Ist der Mann schwanger oder was? Wieso der plötzliche Wandel?

Der Typ, der mein Verlobter sein sollWhere stories live. Discover now