Kapitel 4

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Evelyn

Ich wache auf und stelle fest, dass es bereits Nacht ist. Ich kann schon die Sterne erkennen, wenn ich aus dem Fenster sehe. Eric hat meine Finger mit seinen verschränkt und liegt mit dem Kopf auf seinem anderen Arm und schläft. Ich beobachte ihn mit einem kleinen Lächeln und streiche  sachte über seine Hand. Als ich mich vorsichtig nach vorne beugen will, um ihn zu wecken, spüre ich einen heftigen Schmerz in meiner linken Brust und kann ein schmerzhaftes Stöhnen nicht verhindern. Eric wacht  auf und ist sofort hellwach.

,, Tut mir leid. Ich wollte dich nicht wecken," entschuldige ich mich bei ihm und halte die pochende Stelle an meinem Herzen.

,, Alles gut. Du hast mich nicht geweckt." Eric lächelt mich erleichtert an und wirkt aber wieder besorgt, als er erkennt, dass ich Schmerzen habe. ,, Du darfst dich nicht so sehr bewegen." Er legt mich vorsichtig zurück aufs Kissen und sieht mich berunruhigt an.

,, Dir wurde heute morgen ein
Mini-Defibrillator eingesetzt. Es kann sein, dass du ihn die nächsten paar Tage noch spüren wirst. Soll ich einen Arzt holen ? "

Ich schüttle den Kopf und versuche ein Lächeln zustande zu bringen.
,, Nein. Es geht schon wieder. Alles gut. "

Ich nehme seine Hand in meine und fahre in beruhigend über seine Handfläche.

Anschließend werfe ich einen Blick auf den Monitor, der mein Herzschlag zeigt. Das Piepen macht mich nervös.

,, Was ist passiert ?" Einzelne Bilder von letzter Nacht tauchen in meinen Kopf auf, doch ich kann mich immer nur an Bruchstücke erinnern.

,, Du hattest einen Herzinfarkt, Evelyn. Ich dachte du wärst..." Eric stockt und sieht mich verzweifelt an, sodass ich wieder seine Hand in meine nehme, um ihn aufzumuntern. Er atmet einmal tief durch.

,, Du wurdest dann sofort hierher gebracht und operiert. Heute morgen haben die Ärzte dir dann einen Mini-Defibrillator eingebaut, der gegen deine Herzrythmusstörungen vorgeht und Daten über den Zustand deines Herzens sammelt. Es dürfte also nicht nochmal passieren."

Ich nicke verständlich. Das bedeutet also, dass mein Zustand wieder schlimmer geworden ist.

Eric sieht mich immer noch besorgt an. Seine sonst so strahlend grünen Augen sind heute ausdruckslos und leer und unter seinen Augen zeichnen sich dicke Augenringe ab. Seine kurzen braunen Haar stehen in alle Richtungen ab und ich habe ihn noch nie so müde und verzweifelt gesehen. Besorgt lege ich meine Hand an seine Wange und zwinge ihn, mich anzusehen.

,, Eric. Geh nach Hause bitte. Du musst schlafen. Es geht mir wieder gut, du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen. "

Traurig senkt er den Blick, atmet frustriert aus und sieht mich dann wieder an.

,, Nein es geht dir nicht gut, Evelyn. Ich werde hier bleiben."

,, Nein, das wirst du nicht. Sonst werde ich nämlich kein Auge zu machen, weil ich mir Sorgen um dich machen muss. Also wirst du jetzt nach Hause gehen, in Ruhe schlafen und morgen zur Schule gehen, damit du mir morgen alles erzählen kannst. "
Ich lächle ihn aufmunternd an und auch auf seinen Lippen erscheint ein kurzes Lächeln.

,, Aber ich will dich jetzt nicht alleine lassen." Er sieht mich wieder an. Bevor ich etwas erwidern kann, kommt mein Vater ins Zimmer.

,, Ich bin jetzt hier, Eric. Du kannst beruhigt nach Hause gehen. Ich werde dich anrufen, wenn was sein sollte. " Mein Dad klopft ihm aufmunternd auf die Schulter.

,, Okay." Eric atmet nochmal kurz aus und wendete sich wieder mir zu. Er versucht ein kleines Lächeln zustande zu bringen.

,, Bis morgen, Prinzessin," verabschiedet er sich bei mir und gibt mir ein kurzen Kuss auf die Stirn.

,, Bis morgen," erwidere ich zärtlich.
,, Schreib mir bitte, wenn du zu Hause bist. "

,, Mach ich." Eric drückt nochmal meine Hand, verabschiedet sich von meinem Dad und verlässt dann mein Zimmer. 

Mein Dad schaut ihm hinterher. Als er gegangen ist, schüttelt mein Dad den Kopf.

,, Er ist wirklich ein guter Junge. Er sorgt sich sehr um dich. "

,, Ich weiß. " Ein kleines Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus.
Ich kann mir ein Leben ohne Eric gar nicht mehr vorstellen. Seit drei Jahren sind wir jetzt befreundet und er ist ein Teil von mir geworden. Ein Teil, den ich niemals verlieren will.

                             ***

Eine halbe Stunde später schreibt mir Eric, dass er zu hause angekommen ist. Beruhigt versuche ich nun einzuschlafen, doch ich merke, dass meinen Dad etwas quält.

Ich nehme seine Hand, die bereits auf meinem Bett liegt.
,, Dad was ist los. Rede mit mir ?"

Mein Dad scheint mit sich selbst zu kämpfen und den Tränen nah zu sein.
,,Dad bitte. Du musst es mir erzählen. Ich hab das Recht es zu erfahren," versuche ich ihn zu ermutigen.

Mein Dad sieht mich lange verzweifelt an und fängt dann an zu erzählen.

,, Ich hab mit deinen Ärzten gesprochen. Der Zustand deines Herzens wird schlimmer. Aufgrund deines Zustandes bist du auf den ersten Platz der Warteliste gerutscht aber... deine Blutgruppe ist sehr selten, Evelyn. Es wird schwer ein passendes Spenderherz für dich zu finden. " Mein Dad bricht  in Tränen aus und ich versuche ihn zu trösten. Ich dachte ich würde ebenfalls in Tränen ausbrechen, doch dem ist nicht so.

In mir fühle ich nichts als Leere.

Mit jedem HerzschlagWhere stories live. Discover now