Kapitel 16

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Aiden

Wütend laufe ich den Vorhof entlang, während Eric mir entgegenkommt.  Auf halben Weg stehen wir uns gegenüber und sind nur noch wenige Meter voneinander entfernt.

,, Du hast echt Nerven hier wieder aufzutauchen! Wie viele Warnungen brauchst du noch um zu raffen, dass ich dich nicht mehr sehen will verdammt! Hat dir das blaue Auge damals nicht gereicht oder brauchst du noch ein Zweites, um nochmal daran erinnert zu werden ! Ich dachte nach all den Jahren wärst du vielleicht schlauer geworden," provoziere ich ihn,doch Eric zuckt nicht einmal mit der Wimper.

Stattdessen sieht er mich abwartend an, bis ich fertig geredet habe.

,, Und ich dachte nach all den Jahren wärst du reifer geworden, sodass man mal normal mit dir reden kann, doch da haben wir uns wohl beide in jeweils Anderen getäuscht !"

,, Tja. Das hat sich bei mir immer noch nicht geändert. Ich hab immer noch kein Bedarf, mir deine schwachsinnige Entschuldigung für das, was du getan, anzuhören. Also sag ich dir das jetzt noch einmal...verpiss dich aus meinem Leben oder du bereust es!"

Mit diesen Worten drohe ich ihm,  laufe an ihm vorbei und stoße ihn dabei absichtlich an der Schulter.

,, Nein... Diesmal wirst du mir zuhören, Aiden!"

Eric folgt mir und ich presse meine Hände zur Faust, als ich seinen Griff an meinem Arm spüre.

Ruckartig drehe ich mich um und mache mich schon für den Schlag bereit, falls er mir nochmal zu nah kommt, doch er nimmt zu seinem Glück wieder etwas Abstand von mir.

Dennoch lasse ich meine Hände immer noch zur Faust gepresst.

Eric schaut wütend auf meine Faust und kommt wieder einen Schritt auf mich zu.

,, Was!Willst du mich wieder schlagen?! Nur zu, wenn du dich dadurch besser fühlst. Weißt du, ganz ehrlich. Nach all der Zeit dachte ich, man könnte vernünftig mit dir reden. Nur ein einziges Mal wenigstens. Ist es dir denn scheiß egal, was ich damals sagen wollte ?," fragt er mich gereizt und in mir brodelt es.

Ja! Es ist mir sowas von Scheiß egal. Ich wollte ihn nie wieder sehen. Nie wieder! Und nun steht er hier und will mir wieder irgendeine Entschuldigung vorheucheln. Nicht mit mir!

Ich gehe langsam auf ihn zu und spüre Adrenalin durch meinen Körper rauschen.

Ich will ihn wieder schlagen. Meiner Wut einfach freien Lauf lassen. Ich bin nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt...

,, Na mach schon. Schlag mich!," provoziert er mich und ich hole aus.

Doch im letzten Moment halte ich inne und lasse meine Faust wieder sinken.

Wütend sehe ich ihm ins Gesicht.
,, Ich bin nicht unser Vater."

Mit diesen Worten drehe ich mich um und will einfach nur noch weg von ihm.

,, Das weiß ich und genau deshalb will ich, dass du mir zuhörst, Aiden. Lass uns über das Geschehene reden. Du musst mir nicht verzeihen, ich will nur, dass wir wieder Brüder sind."

,, Dafür ist es zu spät!," erwidere ich aufgebracht und wende den Blick von ihm ab.  Schnellen Schrittens laufe ich auf das Heim zu und merke, dass Eric mir nicht folgt. 

,, Warum bist du heute bei Evelyn gewesen?," ruft er mir schließlich hinterher, als ich schon fast die Tür erreicht habe.

Statt einer Antwort knalle ich die Tür einfach hinter mir zu.

                              ***

Schnell laufe ich in mein Zimmer, denn ich will einfach nur Ruhe, doch kurz bevor ich mein Zimmer erreiche, höre ich Lily, die meinen Namen ruft.

,, Nicht jetzt Lily," erwidere ich gereizter als beabsichtigt, doch sie kommt trotzdem auf mich zu.

,, Hast du dich wieder mit deinem Bruder vertragen?," fragt sie mich hoffnungsvoll und ich sehe sie verwirrt an.

Weshalb weiß sie davon ?

,, Nein hab ich nicht. "

Ich will gerade die Tür öffnen, doch Lily hält mich zurück, in dem sie weiter darauf rumreitet.

,, Und warum nicht?," fragt sie mich traurig und ich stöhne genervt. Die eine Seite von mir will einfach nur ins Zimmer und Lily hier draußen ohne Antwort stehen lassen, doch die andere Seite von mir will das diesem kleinen Mädchen nicht antun. Also drehe ich mich zu ihr um.

,, Weil ich ihm nicht verzeihen will, Lily. Er hat mir sehr wehgetan," versuche ich mich zu rechtfertigen, doch Lily sieht mich streng an. Für ihr süßes Gesicht hat sie einen echt harten Blick drauf.

,, Ja aber er hat sich bei dir entschuldigt. Er mag dich ganz doll Aiden und ihm tut das leid, was er gemacht hat. Meine Mama hat immer gesagt, dass Geschwister sich immer lieb haben sollen, egal was passiert."

,, So einfach ist das nicht Lily," erwidere ich seufzten und sehe sie  entschuldigend an, doch sie schüttelt den Kopf und eine Träne sammelt sich auf ihrer Wange.

,, Doch. Und du solltest fröhlich sein darüber, dass dein Bruder noch nicht im Himmel ist. Ich wünschte mir, ich hätte noch meinen Bruder und könnte mit ihm spielen ! "

Mit diesen Worten rennt Lily in ihr Zimmer.

Ich rufe ihren Namen und laufe ihr hinterher und finde sie heulend auf ihren Bett vor. Ich kniee mich vor sie und streiche tröstend über ihren Rücken.

,, Es tut mir leid Lily. Ich verspreche dir, ich werde meinem Bruder vergeben okay ? "

Ich schenke ihr ein aufmunternd Lächeln, das sie schließlich erwidert.  Anschließend spiele ich mit ihr noch  ein Brettspiel, um sie wieder etwas abzulenken und sie zum Lachen zu bringen. Um acht lege ich sie ins Bett, decke sie zu und sage ihr gute Nacht, bevor ich in mein Zimmer gehe und mich dort auf mein Bett lege und nachdenke. 

Schließlich komme ich zu dem Entschluss, dass ich meinem Bruder auf keinem Fall vergeben werde.

Er hat mich hier einfach allein zurück gelassen. Das kann und will ich ihm nicht verzeihen.

Wir waren mal unzertrennlich gewesen und dann hat er mich einfach im Stich gelassen.

Deshalb will ich mit ihm einfach nichts mehr zu tun haben. Er geht mir am Arsch vorbei!

                              ***

In der Nacht schlafe ich unruhig. Ständig träume ich von der Nacht, in der mein Vater gestorben war und dem Moment in dem er mit einer Bierflasche auf uns eingeschlagen hatte und wieder sehe ich Eric vor mir, wie er versucht unseren Vater von mir wegzuzerren und von ihm hart mit dem Kopf auf dem Boden gestoßen wird.

Auch wenn ich ihn hasse, aber in diesen  Träumen lässt mich dieser Anblick noch immer erschaudern.

Mit jedem HerzschlagWhere stories live. Discover now