Kapitel 21

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Eric

Ich atme ein und aus und klammere mich am Waschbecken der Herrentoilette fest. Niemand ist hier und das ist gut so, denn so kann ich mich in Ruhe beruhigen.

Evelyn so zu sehen, macht mich einfach nur fertig. So blass, so müde, so zerbrechlich. So als würde sie gleich einschlafen und nie wieder aufwachen. Allein der Gedanke daran zereißt mein Herz in tausend Stücke.

Alles würde ich dafür tun, um mit ihr tauschen zu können. Alles, um ihr ein neues Herz zu geben, doch ich kann  nichts für sie tun und fühle mich deshalb so nutzlos.

Langsam wende ich mich dem Spiegel über dem Waschbecken zu und sehe kurz hinein. Ich bin blass und gezeichnet von den letzten Stunden. Dunkle Augenringe zeichnen sich unter meinen Augen ab.

Ich sehe die Person vor mir mit einem leeren Ausdruck an.

Wieso kann ich nicht einfach diese Krankheit haben? Wieso ausgerechnet Evelyn? Das Mädchen, das es am meisten verdient hat zu leben. Das alles ist nicht fair!

Ich klammere mich fester am  Waschbecken fest und versuche die Wut los zu werden, die sich in mir staut.  Am liebsten würde ich jetzt gegen den Spiegel schlagen und dabei zusehen, wie der Spiegel in tausend kleine Scherben zerbricht. Genauso fühlt sich gerade mein Leben an.

Ein riesiger kleiner Scherbenhaufen.

Erst wenn Evelyn ein neues Herz bekommen und wieder gesund werden würde, könnte sich dieser Scherbenhaufen wieder zu einem Spiegel zusammensetzen lassen.

Kraftlos wende ich mich vom Waschbecken ab und gehe wieder nach draußen. Schnell laufe ich in die Cafetaria, um nach ihm zu suchen, denn ich will mich bedanken. Bedanken für gestern. Dafür, dass er Evelyn geholfen hatte, doch ich kann ihn nicht finden. Auch im Garten und in den Etagen ist er nicht.

Schließlich gebe ich es auf und laufe zurück zu Evelyns Zimmer.

Eigentlich ist es mir verboten, die Intensivstation zu betreten, doch das ist mir egal, denn nichts wird mich davon abhalten, Evelyn zu sehen.

Als ich ihre Zimmertür öffne und Aiden vor mir sehe, bin ich für einen kurzen Moment verwirrt und schaue ihn einfach nur verblüfft an.

Ihn in Evelyns Zimmer zu treffen, damit hab ich jetzt wirklich nicht gerechnet. Doch wie beim letzten Mal geht Aiden einfach mit schnellen Schritten nach draußen, sobald ich das Zimmer betrete und auch diesmal laufe ich ihm hinterher.

,, Dass du mir immer folgen musst geht mir ganz schön auf die Nerven!", wirft er mir vor, als ich ihn im Flur einhole und dreht sich mit gereizten Blick zu mir um, sodass wir uns nun gegenüber stehen.

,, Das heute ist das letzte Mal. Ich hab verstanden, dass du mich nicht mehr sehen willst und ich finde mich damit ab. Ich wollte mich nur bei dir bedanken, wegen dem, was du gestern für Evelyn getan hast," rechtfertige ich mich und versuche Abstand zu Aiden zu halten.

Dieser verdreht nur die Augen und  wendet sich von mir ab. 

,, Bedankt euch doch nicht für etwas, was jeder andere Depp auch gemacht hätte. Und jetzt lass mich einfach in Ruhe!"

Mit diesen Worten dreht Aiden sich um und lässt mich allein im Flur zurück.

Auf dem Weg zurück in Evelyns Zimmer gehen mir seine Worte einfach nicht mehr aus dem Kopf und ich komme zu der Erkenntnis, dass jeder andere Depp sie wahrscheinlich auch in die Notaufnahme gebracht hätte, aber nicht jeder Andere hätte dann auch zwei Stunden auf Neuigkeiten gewartet. Das aber hatte Aiden getan.

Die Frage warum, lässt mich den ganzen Tag nicht los.

Mit jedem HerzschlagWhere stories live. Discover now