39 Yuis Psyche (Vergangenheit)

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Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Wimmernd presste sie die Hände auf ihre Ohren, doch sie konnte den Schrei ihrer Schwester noch immer hören. Wie Sturzbäche flossen Tränen über ihre Wangen, während sie in der Ecke kauerte.

Plötzlich flog die Zimmertür auf und eine schwarze Gestalt kam auf sie zu. Zwei rotglühende Augen richteten sich auf das Mädchen und sie bildete sich ein breites Grinsen auf den Gesichtszügen ein. Sofort kniff sie ihre Augen zusammen und wandte ihr Gesicht zitternd zu Boden.


„Bitte tu mir nichts!"


Sie wurde am Kragen hochgehoben und verschwand im Schatten der Gestalt. Um sie herum jaulten Kreaturen auf und drängten sich um sie. Weinend schrie Yui um Hilfe. Es konnte nur ein Traum sein. So war es nicht geschehen.


„Lass sie los!", erklang die Stimme ihrer Schwester von der Tür. Erleichtert blickte die Jüngere hinüber, doch als sie Yuna erkannte, verschlug es ihr den Atem. Anstelle ihres rechten Auges klaffte ein blutiges Loch. Dennoch stand die Blauhaarige auf den Beinen und hob ihr Holzschwert hoch. „Ich töte dich, Tirr!" Mit einem Aufschrei stürzte sie sich auf die schwarze Gestalt, die Yui festhielt.


Die Bestien, welche sich um sie gescharrt hatten, sprangen auf und griffen das ältere Mädchen an. Mit treffsicheren Hieben schnetzelte sich die Jägerin durch die Horde, stets ihrem wahren Ziel näher kommend. Sobald das Schwert sich durch die Körper fraß, lösten sich diese in Luft auf.


„Tirr!", schrie Yuna, während sie ihn ansprang. Dieser ließ die Blonde los, welche unsanft zu Boden stürzte. Bebend beobachtete sie, wie die beiden Kontrahenten aufeinander einschlugen und miteinander rangen.

Fäuste und die Klinge wirbelten in einem tödlichen Tanz durch die Luft. Treffer wurden entweder eingesteckt, oder elegant umgangen und der Kampf dauerte Ewigkeiten.

Schließlich streckte die Blauhaarige ihren Widersacher schnaufend nieder. Blutüberströmt tapste sie auf ihre Schwester zu. „Yui." Sie hob ihre Hand hoch und richtete sie auf die Jüngere. Während sie näher kam, erschien ein rotes Glühen an der Stelle, wo ihr rechtes Auge sein sollte. „Komm, Yui." Die Stimme wurde zu einem dämonischen Flüstern verzerrt. „Komm."

„NEIN!", brüllte die Mittelschülerin aus Leibeskräften.



Dr. Yamada überblickte nochmals seine Notizen. „Also ... Dieser Tirr soll die Drachen befehligt haben?", hakte er nach.


Das blonde Mädchen sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Dr. Yamada war der Leiter der Psychiatrischen Abteilung des Universitätsspital. Sie schätze ihn auf Mitte Vierzig, da er bereits ein paar graue Haare trug, die zwischen dem Schwarz auf seinem Kopf hervorblitzten. Er war von durchschnittlicher Größe und Statur, also verglichen mit ihr noch immer beinahe imposant. Sie konnte sich nicht mehr genau erinnern wie viele Sitzungen sie bereits hinter sich gebracht hatten, doch das Ergebnis blieb stets dasselbe: Er wollte ihr nicht glauben.


„Ja. Das hab ich Ihnen doch schon hundert Mal erzählt." Frustriert rollte Yui ihre Augen. „In jeder Sitzung sprechen wir über genau denselben Mist. Wozu komme ich überhaupt hier her?"

„Um zu überprüfen, ob du Fortschritte beim bewältigen deines Traumas gemacht hast, Yui-chan." Nochmals las er auf seinem Block. „Aber offensichtlich hast du auch in dieser Woche keine Fortschritte gemacht."

Onijägerin Yuna 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt