120 Wolken am Horizont (Gegenwart)

21 4 0
                                    

Feiner Schweiß sammelte sich auf Yunas Stirn, während sie sich in ihrem Futon herum wälzte. Kurze Grunzer entwichen ihr bei jeder Bewegung. „Nein."

Sie rannte einen Gang entlang und schlitterte um die nächste Ecke, doch im weiteren Verlauf konnte sie bereits weitere Leute sehen, die auf sie zu rannten. Yuna trat die nächstbeste Tür ein und fand sich in einem leeren Klassenzimmer wieder. Sie eilte zu einem Fenster und versuchte es zu öffnen, doch es klemmte. „Komm schon!" Ein kurzer Blick über ihre Schulter verriet ihr, dass sie nicht mehr alleine war. „Verdammt!" Sie riss stärker am Fenster, als sie an der Schulter gepackt und herumgerissen wurde. Es verschlug ihr den Atem beim Anblick der leeren, weißen Augen vor sich.

„Lass uns frei", stöhnte die Frau, welche sie festhielt.

Weitere Personen stimmten mit ein: „Lass uns frei."

„Es geht nicht!" Sie versuchte sich loszureißen.

„Yuna-chan..."

Mehr Hände griffen nach ihr.

„WEG!", schrie Yuna, schreckte aus dem Futon hoch und warf sich auf die Person vor ihr. Ihre Hand legte sich wie ein Schraubstock um den filigranen Hals und sie starrte nach Atem ringend in zwei violette Augen.

„Schwester...", wimmerte Yui, der die Tränen kamen.

„Scheiße! Tut mir leid!" Die Oberschülerin nahm ihre Hand weg und wich zurück. „Sorry!" Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn, konzentrierte sich auf ihre Atmung und zwang sich zur Ruhe.

„Ein Albtraum?" Yui kam auf ihre Knie und schielte vorsichtig hinüber.

„Ja. Tut mir leid."

„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du bist nicht ans Telefon gegangen", erklärte die Mittelschülerin.

Yuna stöhnte. „Ich hab es in der Schule vergessen. Tut mir leid, dass ich so ein Schwachkopf bin." Eine Weile saßen sie schweigend da. „Wir sollten schlafen gehen."

„Ja ..." Die Blonde musterte ihre Schwester von oben bis unten. „Was ist passiert?" Da Yuna sie nur mit schief geneigtem Kopf anblinzelte, präzisierte Yui ihre Frage: „Was geschah nach dem Konzert? Mit Hikari? Und ... Aizawa?"

„Ich habe Hikari nie gesagt, dass ich mit Wataru zusammen bin, weil sie in ihn verliebt ist. Ich wollte einen günstigen Moment abwarten."

Der Gesichtsausdruck der Jüngeren zeigte Betroffenheit. „Die Ärmste. Und Aizawa?"

„Sie ist für die Flyer verantwortlich." Kurz dachte sie an Anzu Mononobe, verwarf den Gedanken aber rasch wieder. Sie traute Anzu nicht so viel Dreistigkeit zu.

„Hast du ihr wehgetan?"

Yuna erinnerte sich an den Kampf im Wald, den sie verloren hatte. Langsam schüttelte sie ihren Kopf. „Sie entkam mir."

„Wir sollten den anderen mitteilen, dass du zu Hause bist. Alle machen sich Sorgen."

„Du hast recht, aber ohne mein Handy wird es schwierig."

Sie saßen sich wieder schweigend gegenüber, ehe Yui das Wort ergriff: „Midori und Doktor Yamada wollen, dass du am Montag zu meiner Therapiesitzung erscheinst. Er will dich über mich befragen."

„Du klingst, als wärst du dagegen."

Die Blonde zog ihre Beine an und schlang ihre Arme darum. „Ich will dir nicht zur Last fallen. Du hast genug um die Ohren."

Zaghaft lächelte Yuna. „Ich tu alles für dich. Welche Uhrzeit?"

„Um halb sechs im Universitätsspital. Dritte Etage."

Onijägerin Yuna 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt