72 Und der dazu gehörige Morgen (Gegenwart)

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Als Yuna erwachte, schlief Wataru noch tief und fest. Sie drehte sich auf die Seite und betrachtete ihn ausgiebig. Sie strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und studierte es intensiv. Es war so süß von ihm, dass er sie beschützen wollte, aber das war einfach nicht möglich. Er war nur ein Mensch. Er verfügte nicht über dieselben Fähigkeiten, wie sie. Er gehörte nicht in ihre Welt.

Seufzend zog sie ihre Hand zurück und rollte sich auf den Rücken. Eine Weile starrte sie die Zimmerdecke an, während sie versuchte an etwas anderes zu denken, als ihren möglichen, bevorstehenden Tod.

Was will ich noch erleben, bevor ich sterbe?

Die Blauhaarige schloss ihre Augen und dämmerte langsam weg.



Sie stand wieder auf einer Wiese. Ein kühler Wind streichelte über das graue Gras. Ihr Blick glitt zum Himmel hoch, der wolkenverhangen und grau erschien. Um sie herum waberte ein Meer aus Nebel. Alles wirkte leblos. Da waren keine Zikaden, keine Vögel und auch keine Autos. Keine Menschen. Nichts. Nur die Jägerin, das Gras unter ihren Füssen und ein kühler, aber stiller Windhauch.

Yuna trat einen Schritt vor, worauf das Gras unter ihren Schuhen zusammengepresst wurde. Sie hob ihre linke Hand in die Luft und schwenkte sie hin und her, doch es fühlte sich falsch an.

Ist das ein Traum?

Ihr fiel auf, dass der Nebel nicht zu allen Seiten gleich dicht war, also ging sie ein paar Schritte nach links, da sie dort etwas zu erkennen glaubte. Während sie vorwärts marschierte, teilte sich der Nebel zunehmend, bis sie den Rand der Wiese und einen geteerten Gehsteig entdeckte.

Unbeirrt ging sie weiter, bis ihre Sohlen auf dem Asphalt klapperten. Sie sah sich erneut um, wobei sie einige Gebäude entdecken konnte.

„Das kommt mir vertraut vor", murmelte sie vor sich hin.

Die Oberschülerin wandte sich nach rechts und beschritt den Pfad. Neben dem Gehweg befand sich eine ganz gewöhnliche, zweispurige Straße. Auf der anderen Seite der Straße schloss ein weiterer Gehsteig an, worauf Grundstückmauern und Hauswände folgten. Es handelte sich hierbei um eine völlig gewöhnliche Nebenstraße, wie sie zu hunderten in ihrer Heimatstadt existierten.

Gierig sog sie die Luft durch ihre Nase ein, doch kein Eindruck manifestierte sich in ihrem Geist. Es roch nach nichts. Nach Leere.

Yuna erreichte eine Straße, welche auf diese hier traf. Sie betrachtete einen Stadtplan, der hier glücklicherweise vorhanden war, danach nickte sie langsam.

Es ist wirklich meine Stadt.

Folglich musste es sich um einen Traum handeln. Dennoch kam er ihr sehr seltsam vor. Sie hatte in den vergangenen Monaten wirklich schreckliche Träume durchgestanden, doch noch nie war einer so ... blass.

Das Mädchen stieß einen Seufzer aus und marschierte weiter. Gemäß dem Plan befand sie sich etwas östlich von ihrer Schule, also war sie irgendwo zwischen diesem Ort und der Pension.


„Man ... Wieso kann ich nicht etwas Schönes träumen?", jammerte sie, wobei sich Yuna durch die Haare strich. „Ich habe einen Freund, der direkt neben mir liegt. Wieso kann ich nicht von ihm träumen?"


Kopfschüttelnd ging sie den Weg zur Pension. Für gewöhnlich nutzte sie eine Straße, die sich zwei Blocks weiter nördlich befand, aber sie kannte sich gut genug aus, um sich nicht zu verlaufen.

Onijägerin Yuna 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt