97 Zersplittertes Vertrauen (Nebenstory)

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„Deshalb würde ich sagen, dass er uns einen Gefallen getan hat", endete Shi seine Ausführung. Sachiko, Kira und Yoshiro starrten ihn allesamt an.

„Das kann nicht dein Ernst sein, Shi-san", sprach Yoshiro kopfschüttelnd.

„Warum nicht? Wir hatten seit Wochen keine Jägerangriffe mehr. Sie haben wohl begriffen, dass sie hier sterben." Der Anführer ergriff seinen Teebecher und trank davon.

„Wir wollen die Menschen doch beschützen, Kuro-sama." Um Zustimmung bittend tauschte Kira einen Blick mit Sachiko aus, welche nachdenklich auf ihre Reisschüssel starrte.

„Wir wollen vor allem unsere Art beschützen. Wenn es den Oni gut geht, werden sie den Menschen nichts tun." Klangvoll platzierte Shi den Becher in der Nähe zu seiner Frau. Schweigend erhob sie sich, griff nach der Teekanne und füllte seinen Becher nach, den sie anschließend beim Gedeck ihres Gatten hinstellte.

„Sag doch auch etwas, Sachiko-chan." Die Hautfarbe der Heilerin wechselte in rascher Folge zwischen verschiedenen, dunklen Farbtönen.

„Shi hat vielleicht recht", gestand die Gottesanbeterin.

„Das kannst du nicht wirklich denken." Entschlossen schüttelte Yoshiro seinen Kopf. „So haben wir uns das nicht vorgestellt."

„Wenn die Jäger uns in Frieden lassen ... wenn wir uns nicht mehr ständig vor Verfolgung fürchten müssen, dann können wir uns wieder auf das Zusammenleben mit den Menschen konzentrieren." Sachiko sah zwischen Yoshiro und Kira hin und her, auf Verständnis hoffend.

„Und was wenn Tirr nicht damit aufhört? Was, wenn er weiter mordet? Wenn er einfach alle Menschen tötet?" Aufgebracht erhob sich der Teleporter. „Shi-san, du musst weiter denken. Tirr wird nicht aufhören zu töten."

Der Oni mit dem schwarzen Schädel begann erheitert zu schmunzeln. „Das wird er. Und das hat er bereits."

„Nur weil er im Moment niemanden getötet hat, heißt das nicht, dass er damit aufgehört hat." Die Augen des Gelbhäutigen verengten sich. „Du kannst unmöglich derart blind sein."


Shi erhob sich von seinem Platz. Gemütlich marschierte er zu Akito, der auf einem großen Kissen in einer Ecke lag und ging neben dem Hund in die Hocke. Er tätschelte das Tier, worauf es dankbar gähnte. Abwartend sahen die anderen Oni ihm dabei zu.


Der Anführer stand wieder auf und kam zum Esstisch zurück. „Er hat damit aufgehört, weil ich es ihm befohlen habe." Drei rot-glühende Augenpaare starrten ihn fassungslos an.

„Liebling?", hakte Sachiko nach. „Wie meinst du das?"

Kuro-sama nahm seinen Teebecher vom Tisch auf und nippte daran. „Ich habe Tirr angewiesen die Jäger auszumerzen. Er gehorcht meinem Befehl." Kira und Yoshiro tauschten argwöhnische Blicke aus.

„Wie konntest du nur?" Die gleichgültige Mimik der Maske passte nicht im geringsten zum vor Wut bebenden Unterton ihrer Stimme.

Beschwichtigend hob der Anführer seine Hand. „Ich habe getan was ich für richtig halte. Ohne die Jäger geht es allen Oni besser. Dies haben wir erreicht."

„Du hast einen Krieg angezettelt!", rief Yoshiro. „Sie werden wiederkommen. In größerer Zahl. Sie werden uns alle umbringen."

Shi gebot ihm mit erhobener Hand Einhalt. „Langsam beginnst du mich zu Ärgern, Yoshiro-san. Die Jäger haben Angst vor Tirr. Meine Späher haben sich umgehört. Sie glauben, dass er unbesiegbar ist. Sie wissen, dass ein einzelner Oni sie alle getötet hat."

Onijägerin Yuna 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt