87 Eine neue Welt (Nebenstory)

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„Das wird wohl reichen müssen", seufzte Yukiko, während sie Tirr in seiner improvisierten Aufmachung betrachtete. Zur weiten, weißen Trainerhose hatte sie ihm noch einen grauen Halbmantel gegeben, der an seinem Oberkörper eher einer Jacke gleich kam. Für seine Füße konnte sie allerdings wirklich nicht das Geringste tun. Er blickte an sich herab und zuckte die Schultern. „Wir können später noch einkaufen gehen, damit du passende Kleidung hast."

„Was soll dieses Ding mit der Kleidung überhaupt?", wunderte sich der Oni.

„Du bist jetzt keine Bestie mehr, Tirr. Du musst dich den Menschen anpassen."

Er legte den Kopf schief. „Wieso sollte ich? Wir sind ihnen überlegen. Sie sollten sich uns anpassen, nicht umgekehrt."

Drohend hob Yukiko ihren rechten Zeigefinger. „Du brauchst gar nicht so anzufangen. In unserer Gemeinschaft bemühen wir uns um ein Zusammenleben mit den Menschen. Ich habe dir das erklärt."

„Ja, Mama", äffte Tirr die Tochter seiner Gastgeberin nach.

Missmutig verzog die Blauhaarige ihren Mund. „Werd nicht frech, sonst leg ich dich übers Knie."

Seine Zähne blitzten auf und er lehnte sich zu ihr herab. „Mach doch."

Die Oni verpasste ihm eine Ohrfeige, worauf er sie überrascht anglotzte. „Du gehorchst mir, oder ich töte dich. Verstanden?"

„Okay." Tirr rieb sich die Wange, während er sich wieder aufrichtete.

Yukiko ging auf ihre Wohnungstür zu. „Jetzt komm. Ich will dich Sachiko vorstellen."

„Ja, Mama."

Abrupt blieb sie stehen. Der Oni stoppte ebenfalls und betrachtete ihren Rücken. Sie drehte sich um und stierte ihn gereizt an. „Du nennst mich nicht Mama. Nur Marika nennt mich so. Für dich bin ich Yukiko-san." Tirr legte den Kopf schief und starrte sie an. „Hast du das verstanden, Tirr?!"

„Ja", antwortete er kurz und knapp. „Du hast keinen Sinn für Humor."

„Doch, den habe ich. Aber deine pubertären Sprüche lasse ich mir nicht von dir gefallen. Jetzt komm endlich, damit wir gehen können. Und bitte fasse nichts an, okay?"


Wortlos schloss Tirr zu ihr auf. Sie zog sich ihre Schuhe an, öffnete die Tür und deutete ihm an die Wohnung zu verlassen. Gemeinsam stiegen sie die Treppen hinab und verließen das Haus. Es war Mitte Juni und sehr warm, sofern man sich in der Sonne aufhielt. Yukiko führte ihren Gast zur Bushaltestelle, wo sie für ihn ein Ticket löste. Neugierig betrachtete der Frischling all die neuen Dinge. Zwei andere Fahrgäste betrachteten den großen Mann in seiner seltsamen Aufmachung. Starr blickte die Blauhaarige auf die Straße und ignorierte die Menschen.

Als das Fahrzeug vor ihnen hielt, stiegen sie ein und setzten sich an die ersten freien Plätze. Tirr stützte sich an einem Sitz ab, der unter dem Druck seiner Hand stark ächzte.


„Tirr", zischte die Oni.

„Entschuldige." Er setzte sich neben sie, doch seine Kniescheiben pressten gegen den Sitz vor seinem und die Verschalung bekam einen Sprung. „Tut mir leid."

„Beweg dich einfach nicht", herrschte sie ihn an. Genervt strich sie sich durch ihre weiße Strähne und blickte aus dem Fenster.


Weiter vorne spähte ein Junge über seine Sitzlehne und beobachtete interessiert den großen Mann mit den wirr abstehenden Haaren. Tirr hob die Hand zum Gruß, doch der Junge duckte sich sogleich wieder weg. Er blickte sich im Bus um. Über den Fenstern war alles mit bunten Bildern und Schriftzügen verhängt.

Onijägerin Yuna 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt